Der kleine ›Heinrich‹. Josef Skiba

Der kleine ›Heinrich‹ - Josef Skiba


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      Josef Skiba

      DER KLEINE ›HEINRICH‹

      Eine Lebensgeschichte

      Engelsdorfer Verlag

      Leipzig

      2014

      Bibliografische Information durch die Deutsche Nationalbibliothek:

       Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;

       detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

      Copyright (2014) Engelsdorfer Verlag Leipzig

      Alle Rechte beim Autor

      Hergestellt in Leipzig, Germany (EU)

       www.engelsdorfer-verlag.de

      Inhalt

       Cover

       Titel

       Impressum

       Prolog

       Meine Vorfahren

       Kindheit

       Jugendzeit

       Heimatflak

       »Befreiung«

       Internierung

       Im Bergbau

       Ausreise

       DDR-Zeit

      Prolog

      Wenn man Bürger in fünf verschiedenen Staaten war und von der Nachkommenschaft ständig gedrängt wird, doch seine Lebensgeschichte zu Papier zu bringen, muss man es am Ende schließlich tun.

      1929 im Jahr der großen Wirtschaftskrise geboren, war ich zunächst Bürger der Weimarer Republik, nach Hitlers Machtübernahme Bürger des Dritten Reiches, dann ab 1945 Bürger der Volksrepublik Polen, nach der Übersiedlung in die DDR wurde ich deren Bürger und nach ihrem Beitritt zur BRD Bundesbürger. Ich überlebte so 12 Jahre faschistischer und 44 Jahre kommunistischer Diktatur, ohne jemals in einer ihrer Parteien Mitglied gewesen zu sein. Dass dies für die sogenannte Technische Intelligenz in leitenden Stellungen nicht einfach war, brauche ich wohl nicht zu unterstreichen.

      Ich berichte in diesem Büchlein aber zunächst über eine trotz großer Armut freie und glückliche Kindheit, die teils schillernd, teils trist war. Schillernd war sie dadurch, dass wir Kinder uns in einer offenen, weiten Landschaft bewegen konnten und unserer Phantasie kaum Grenzen gesetzt waren.

      Weiter erzähle ich über meine Jugend, die anfangs eigentlich noch Kindheit war, in welcher ich sehr ungewöhnliche Erlebnisse hatte und in den weiteren Teilen über mein Leben in Polen, die Ausreise in die DDR, die Schikane und Erniedrigungen, dann über das Leben im Lande des »Realen Sozialismus« bis zur Wende und danach.

       Der erste Geburtstag

      Meine Vorfahren

      Noch als kleiner Junge kam es nicht selten vor, dass mich dieser oder jener Erwachsene im Dorf nach meiner Herkunft fragte. Nach ein paar Worten hieß es dann: »Ach, du bist der kleine ›Heinrich‹!« Zuerst war es mir lästig, denn schließlich hieß ich Skiba, aber dann gewöhnte ich mich daran. Es war ja auch keine Schande ein ›Heinrich‹ zu sein. Die Großeltern waren schließlich bekannte und ob ihres Fleißes und ihrer Rechtschaffenheit wegen auch allgemein geachtete Leute.

      Mein Großvater mütterlicherseits, Johann Heinrich, entstammte einem von westfälischen Siedlern gegründeten Dorf bei Leobschütz. Sein Vater war Dorfschulze. Als die vier Söhne erwachsen wurden erbte nach altem Brauch der Älteste den Hof, die anderen mussten sich eigene Wege suchen, wurden aber vom Hoferben mit einem Teil des restlichen Erbes bedacht.

      Johann ging zu den Soldaten und wurde Dragoner in der Garnison Cosel. Dort diente er bis zu seiner Heirat mit Franziska. Großmutter war die Tochter kinderreicher Bauern aus dem Umland und half öfter ihren Eltern auf dem Bauernmarkt in Cosel.

      Beide lernten sich kennen und lieben und heirateten, nachdem Großvater seinen Dienst quittiert hatte. Sie zogen ins damals industriell aufstrebende Zabrze – das spätere Hindenburg – wo sie im Ortsteil Zaborze Dorf eine Wohnung fanden und eine Familie gründen konnten.

      Die Wohnung bestand, wie viele in dieser Zeit um die Jahrhundertwende, aus Küche, Stube und Kammer. Sie kauften zwei halbe Morgen Acker und pachteten einige hundert Meter des in Dorfnähe gelegenen Bahndamms der sogenannten Sandbahn, um für sich und die Familie etwas anbauen zu können und Weidemöglichkeiten für die Ziegen sowie Futter für die Kaninchen zu haben.

      Großvater arbeitete zwölf Stunden täglich, wie es damals allgemein üblich war, als Gatterführer auf einem für den Bergbau produzierenden Sägewerk. Großmutter, ich nannte sie Oma Heinrich, brachte ihm täglich und zu jeder Jahreszeit sein Mittagbrot auf Arbeit. Wie das diese Frau mit fünf Kindern im Haus, mit Vieh und Feldarbeit schaffte, ist und bleibt ein Rätsel!

      Aus ihrer Ehe gingen elf Kinder hervor. Sechs davon starben im Säuglingsalter, fünf überlebten. Diese fünf, zwei Söhne und drei Töchter, waren die zweite Generation der Heinrichs. Trotz äußerst beengter Wohnverhältnisse und relativ karger Ernährung wuchsen die Söhne zu gesunden und kräftigen Männern und die Töchter zu begehenswerten jungen Frauen heran. Die Söhne erlernten Berufe, aber auch die Töchter mussten gemäß ihren Möglichkeiten hinzuverdienen. Damit halfen sie zum Teil auch bei der Anschaffung ihrer Aussteuer mit. Man erzählte sich im Dorf, dass die Heinrichstöchter Aussteuern wie Bauerntöchter hätten und das traf wahrscheinlich auch zu.

      Die Töchter heirateten, eine nach der anderen, Bergleute. Auch Onkel Paul, inzwischen verheiratet, war statt im Beruf als Schuhmacher zu bleiben, zum Bergbau gewechselt. Onkel Alois, der jüngste Heinrich, fand als Schlosser Arbeit bei den Junkers Flugzeugwerken in Dessau/Köthen und verbrachte seitdem viele Jahre fern von seiner Heimat. Nach dem Arbeitsdienst wurde er sofort zur Luftwaffe eingezogen und überlebte den Krieg als Bodenmechaniker und Stabsgefreiter.

      Erst nach dem Krieg konnte er nach Hindenburg, welches die nun präsenten Polen wieder in Zabrze umbenannt hatten. Obwohl hoch qualifizierter Flugzeugmechaniker landete auch er im Bergbau, dem größten Arbeitgeber der Umgebung.

      Nun ist die zweite Generation der Heinrichs leider ausgestorben, wie aber war es bei den Skibas, der Familie meines Vaters?

      Mein Vater, wurde im September 1902 als Sohn des Bergmanns Franz Skiba und seiner Frau Florentine geboren. Leider erlebte er seine Mutter als Kind nicht mehr. Sie starb am Kindbettfieber. So musste sich Florentines


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