Der Club der scharfen Tanten. Heinz-Dietmar Lütje

Der Club der scharfen Tanten - Heinz-Dietmar Lütje


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was wir jetzt brauchen können.“

      Dr. Peter Hammerschmidt konnte es nicht fassen. Einmal mehr wurde ihm schmerzlich bewusst, dass Geld nicht glücklich macht. Jedenfalls dann nicht, wenn man dafür so ein Weib wie seine Sieglinde in Kauf nehmen musste. „Ja, bist du denn nun total verrückt geworden? Wenn das an die große Glocke kommt, kann ich mir den Finanzsenator abschminken!“ Ausnahmsweise musste Sieglinde ihrem Gatten hier einmal zustimmen. Etwas kleinlaut, ganz gegen ihre sonstige Gewohnheit, äußerte sie:

      „Ja, das war einfach dumm von mir. Tut mir leid, sehr leid, Peter, aber vielleicht …“

      „Was vielleicht?“ Peter Hammerschmidt raufte sich nicht nur sinnbildlich die Haare, sondern riss in der Tat an seinem Haupthaar, das ohnehin nicht mehr allzu reichlich vorhanden war.

      „Na, ich meine, das sind doch ganz einfache Polizisten, wenn du da vielleicht mal mit Holger, dem Staatsrat in der Innenbehörde oder dem Polizeipräsidenten …?“

      Hammerschmidt konnte es nicht fassen. Sieglinde, die sonst immer sich als die Klügste von allen erachtete, oft auch war, wie er zugeben musste, war jetzt wohl völlig von der Rolle. Bisher hatte er sich zurückgehalten, in allem, naja, fast allem. Aber jetzt platzte ihm der Kragen.

      „Ja, bist du denn jetzt völlig von der Rolle? Wenn ich das versuche, dann bin ich doch für immer erpressbar. Holger wird den Teufel tun. Erst neulich hat er einmal anklingen lassen, dass gerade die kleinen Bullen, die ja ohnehin nicht viel mehr werden können, unberechenbar sind. Gerade erst soll einer seinen Direktionsleiter angezeigt und sogar erwogen haben, die Anzeige auch gleich gegen den Polizeipräsidenten zu richten. Sieh zu, wie du da rauskommst, aber versuche nicht, mich da mit hineinzuziehen. Die Steuerprüfung bei Feltens Bank ist da was ganz, ganz anderes. Mir sind Gerüchte zu Ohren gekommen und da habe ich dem zuständigen Menschen einen Hinweis gegeben. Mehr nicht!“ Er schlug sich klatschend mit der Hand an die Stirn und verschwand fast fluchtartig aus dem Haus. Keine Minute später hörte Sieglinde den Motor seines A 6 aufheulen. Das ist mal wieder typisch für ihn. Was heißt für ihn, für alle Männer. Wenn frau sie mal braucht, ziehen sie den Schwanz ein. Diese und andere Gedanken gingen der mageren Frau durch den Kopf. Aber sie würde sich schon zu rächen wissen. Soweit kannte sie sich.

      Vermutlich würde sie wohl ohne Führerscheinentzug davonkommen und einen Strafbefehl erhalten. Wenn es soweit war, konnte sie immer noch einen der prominenten Spezialisten mit ihrer Vertretung beauftragen. Aber eingebrockt hatten ihr das diese Stammtischweiber, die sie nicht haben wollten. Auch wenn ihr Versuch jetzt gescheitert war, sie würde sie schon noch spüren lassen, was es bedeutet, eine Sieglinde Hammerschmidt-Blume, geb. Blume, also ältester Geldadel der Hansestadt, so zu düpieren.

      „Nein, nein und nochmals nein!“ Helga Altmann schüttelte den Kopf, dass nicht nur ihre gerade geföhnte kupferrote Haarmähne, sondern auch ihre imposanten Brüste hin und her schwangen. Eigentlich ein Anblick, der Hanno immer fasziniert hatte. Aber im Moment hatte er überhaupt keine Augen für Helgas körperlichen Vorzüge. Wie konnte es nur angehen, dass dieses Weib nicht begreifen wollte, um welche Honorareinbußen es ging, wenn Bollmann und vielleicht noch andere Urkundenvervielfältiger absprangen und künftig ihre Verträge von anderen Notaren beurkunden ließen. Wie hatte Falk doch so süffisant gemeint? Ach so: „Das kommt dabei raus, wenn man seine Gehilfin heiratet, nur weil sie große Titten hat und gut ficken kann.“ Nur das hatte ihm ja auch nicht geholfen bei seiner Etta. Das sollte er mal nicht vergessen, hatte Hanno ihm aufs Brot geschmiert. Aber weitergebracht hatte sie diese fruchtlose Diskussion leider nicht.

      „Liebe Helga“, versuchte Hanno es erneut, „sicher habe ich auch nicht alles ganz richtig gemacht. Aber du kommst doch aus der Branche. Du warst doch meine beste Kraft und hast den ganzen Aufbau unseres Notariats mitgemacht. Soll das denn jetzt alles den Bach runtergehen, nur weil euer Stammtisch, das will ich ja zugeben, eine Institution geworden ist, an der viele Damen teilhaben wollen, ihr sie aber nicht lasst?“

      Helgas grüne Augen blitzten wie funkelnde Smaragde. Ein herrlicher Kontrast zu ihrem roten Haar und dem gebräunten Körper mit den sinnlichen Formen, dem aber jetzt jede gebührliche Aufmerksamkeit verweigert wurde.

      „Ha, komm mir doch nicht so. Was ist denn mit deinen Rotariern oder wie der Verein heißt? Oder mit deinem Golfclub, mit dem du ja mehr verheiratet bist, als mit mir? Da nehmt ihr doch auch lange nicht jeden Schwanz auf, nur weil er Geld hat. Hast nicht du mir vor Jahren erklärt, wie stolz und glücklich du bist, dass in diesem Club eben nicht der Rotlichtkönig und der Miethai aufgrund ihres Geldes die große Rolle spielen, sondern die ach so ehrbaren Hamburger Kaufleute, Banker, Reeder und natürlich Juristen. Aber selbstredend nicht der popelige kleine Anwalt, sondern, wenn schon, dann der Herr Gerichtspräsident, der Leitende Oberstaatsanwalt und die ein oder zwei ganz bekannten Prominentenanwälte. Aber natürlich auch ein paar junge Schauspielerinnen oder was sich so schimpft. Der Herr der Schöpfung braucht ja schließlich auch angemessenes Publikum, vor dem er den stolzen Pfau mit gespreizten Federn Rad schlagen und sich bewundern lassen kann.“

      Als er das hörte, fiel Hanno der Unterkiefer runter. Was war denn mit seiner Helga los? Wie kam die ihm denn mit einem Mal? Das waren ja völlig neue Töne. Helga, die doch mal aufbegehrte, aber immer im Rahmen und sich dann, wenn er nicht darauf einging, schmollend zurückzog. Aber so war sie ihm ja noch nie in die Parade gefahren. Ganz klar, sie war aufgehetzt worden und vom wem war auch sonnenklar. Von Falks Etta und wohl auch von dieser Göricke, dieser Scheidungszicke, die auch das große Wort an diesem unsäglichen Stammtisch führte. Ob sich Helga vielleicht schon bei ihr erkundigt hatte? Und wenn schon. Sein Ehevertrag war hieb- und stichfest. Da war er sich sicher. Unterhalt würde er zahlen müssen, na gut, aber natürlich in begrenzter Höhe. Aber so weit war es ja wohl noch nicht oder doch?

      Erneuter Strategiewechsel war jedenfalls angesagt. „Helga, da hast du wohl nicht ganz unrecht, aber es gibt doch noch einen kleinen Unterschied.“

      Helga wollte gerade erneut zum Föhn greifen, obwohl ihre Haare bereits trocken waren, als sie sich doch gleich zur Erwiderung entschloss. „Ach, da bin ich aber gespannt. Dann erzähl mal ein neues Märchen, lieber Hanno!“

      Der Mann schluckte, nahm aber dennoch erneut den Faden auf. „Schau, Loge, Golfclub und auch der Juristenstammtisch, wo ich ja kaum noch hingehe, dies ist alles nur aus beruflichen Gründen wichtig. Im Golfclub habe ich die richtigen Leute kennengelernt und lerne, wie Falk auch, immer noch neue künftige Mandanten, wenn wir unsere Klientel einmal auch so bezeichnen wollen, kennen. Das ist doch für uns wichtig. Von selbst fallen die Verträge nicht durch die Tür. Bei euch hingegen ist das ja was ganz anderes. Ihr habt dort euren Spaß“, er merkte, wie sich ihr Gesicht verzog und fügte schnell hinzu, „den ihr auch absolut verdient habt. Das will niemand bezweifeln. Aber ihr habt euch auch Ansehen erworben. Die Presse berichtet über euch und eure Aktivitäten. Da wollen natürlich auch andere Frauen Anteil haben. Frauen von ebenfalls bedeutenden Männern in wichtigen, also einflussreichen Positionen. Da kann es doch nicht so schwer sein, diese Damen der Gesellschaft mitmachen zu lassen. Das müsst ihr doch einsehen. Eine Sieglinde Hammerschmidt-Blume ist doch nicht ein Irgendwer.

      „Nein, aber die will keine von uns. Nicht nur Etta und ich nicht. Niemand! Ach ja, und Heidelinde Bollmann ist doch wohl wirklich nur dämlich, aber vielleicht gut zu ficken und kann wohl auch ganz gut blasen, denn der dicke Bollmann würde doch sonst bei jeder anderen Stellung einen Infarkt bekommen und wäre wohl auch seine fette Wampe im Weg.“

      „Hahaha, stimmt wohl“, Hanno musste doch lachen, als er sich Bollmann beim Geschlechtsverkehr vorstellte, „aber Bollmann ist der größte Makler weit und breit, und sicher auch bereit, über seine Frau euch auch finanziell einiges für eure Wohltätigkeitsveranstaltungen zukommen zu lassen!“

      „Ach Hanno, auch wenn ich wollte, die anderen Frauen sind ja alle dagegen. Nicht nur Etta und ich. Versteh das doch.“

      „Tu ich ja, Liebes, aber wenn du und vielleicht auch Etta ein gutes Wort für die beiden Frauen einlegt? Überleg doch mal. Vielleicht reicht das ja, wenn Falk und ich Bollmann beweisen, dass es an uns, also an euch, nicht liegt, dass Heide nicht akzeptiert wird. Auch gegenüber Hammerschmidt könnte man das durchblicken lassen. Bitte, versuch es zumindest!“


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