SIN SOMBRA - Hölle ohne Schatten. Joachim Gerlach

SIN SOMBRA - Hölle ohne Schatten - Joachim Gerlach


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      Joachim Gerlach

       SIN SOMBRA

      HÖLLE OHNE SCHATTEN

      Zwischen Verdammnis und Aufstieg – die abenteuerliche Geschichte einer Lichtgestalt

      Engelsdorfer Verlag

      Leipzig

      2016

      Bibliografische Information durch die Deutsche Nationalbibliothek:

      Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

      Copyright (2016) Engelsdorfer Verlag Leipzig

      Alle Rechte beim Autor

      Titelfoto © Tino Hemmann

      Hergestellt in Leipzig, Germany (EU)

       www.engelsdorfer-verlag.de

       Für alle, die sich dem Besonderen in der Welt zu öffnen wissen!

       Inhaltsverzeichnis

       Cover

       Titel

       Impressum

       Sin Sombra

      Ich heiße Gabriel. Wer mir diesen Namen gab, tat dies nicht ohne Grund.

      Einen anderen Namen habe ich nie getragen. Meine Person umrankte von Kind an der Schatten der Unbestimmbarkeit. Ohne jemand Besonderes sein zu wollen, fühlte ich schon früh, dass ich mich von den anderen, die zu meiner Welt gehörten, unterschied. Ich war mir meiner Besonderheit nicht genau bewusst. Aber auch wenn ich um sie gewusst hätte, würde ich zu gern nur gewöhnlich gelebt haben. Doch ich konnte nicht für mich leben, wie überhaupt niemand für sich leben kann. Wir rühmen uns, frei zu sein in unseren Entscheidungen, doch in Wahrheit machen wir uns abhängig von dem, was alle tun. Noch nicht einmal in Gedanken sind wir frei. Das Diktat der Masse bestimmt jeden einzelnen von uns. Und wer andere nicht spiegelt, wird zum Außenseiter und oft genug erwarten ihn Häme, grausame Verfolgung und Unfreiheit.

      Genau dies ist mein Schicksal gewesen und wäre es auch geblieben, wäre meine Besonderheit nicht so von Licht durchflutet gewesen, dass sie mir und den Menschen in der großen uns umgebenden Dunkelheit einen Weg hatte weisen können.

      *

      Es war ein sehr heißer Sommer gewesen. Ein sehr heißer Sommer in jener längst vergangenen Zeit. Das einstmals große Spanien hatte das Mittelalter, das auch dort ungeachtet allen Lichtes so dunkle, so erbarmungslose und nur selten aufgehellte, überwunden. Sein Volk aber war unter der Herrschaft Karl III. trotz der besser gewordenen wirtschaftlichen Bedingungen von den aufgeklärten Zeiten weit entfernt und fristete ein Schattendasein.

      »Was ihm fehlte, habe ich ihm gegeben. Das Volk mag still sein. Es soll sich an meiner leuchtenden Herrschaft erfreuen.«

      Ein ungewöhnlicher Sommer, dem aber eine noch viel ungewöhnlichere Zeit folgen sollte.

      Und wenn von dieser Zeit bald schon nicht mehr erzählt wurde und in der Geschichte kein Widerhall zu finden ist, so liegt es darin begründet, dass es der alten Kirche mit ihrer umspannenden Macht und der abstrusen Fähigkeit, Wahrheiten, höchst unangenehme Wahrheiten, rasch in Vergessenheit geraten zu lassen, in der Folge exzellent gelungen war, dieses Kapitel aus dem Gedächtnis der Menschen zu bringen.

      »Wer glaubt zu wissen, neigt zu gottloser Überheblichkeit. Wer aber um seinen Glauben weiß, über den, liebe Brüder, erhebt sich Gott und nimmt ihn in seine ewigliche Obhut!«

      Und dennoch ist die Saat dieser so besonderen Zeit prächtig aufgegangen und hat sie die Welt im Zusammenleben der Menschen wesenstief verändert.

      Die Luft flirrte. Erbarmungslos die Hitze. Die wenigen Menschen, die in Andalusien in der Provinz Cadiz, der südlichsten Provinz des Festlandes, lebten und sich von jeher mühsam von der rückständigen Landwirtschaft, die nur den kärgsten Lebensunterhalt abwarf, oder dem Fischfang ernährten, hatten jeden Schatten, diesen so ruhigen und doch flüchtigen, nicht zu fassenden Begleiter alles Existierenden, noch öfter aufgesucht als sonst, sie hatten ihn geliebt wie nie zuvor.

      »Hat es je solch einen Sommer gegeben, Luis?«

      »Die Hitze ist so sengend wie die Glut der Hölle.«

      »Will der Herr sie uns auf Erden schon spüren lassen?«

      »Dann schenkte er uns keinen Schatten, Margarita!«

      Stille Dankbarkeit, wenn sie sich zur erzwungenen Unterbrechung der harten Arbeit oder nach ihrer Verrichtung im Schutze einer Hauswand oder unter der Krone eines vom Klima gedrückt dastehenden Baumes dieser Kostbarkeit der Lichtlosigkeit hingeben konnten.

      Der Regen, er war ein Segen der Natur, aber der Schatten, la sombra, stand ihm nicht um vieles nach.

      Und wenn die Wolken ausblieben wie in jenem Jahr, wussten die Menschen um den großen Wert von beidem.

      So vieles, oft unbeachtet, in dieser Welt, in welchem sich wahrer Reichtum auszudrücken vermag.

      Dann nach Monaten erbarmungsloser Hitze war der Herbst gekommen und legte seine langen Schatten auf die verdorrte Landschaft. Regen war noch immer nicht abzusehen.

      Die Menschen, die sich seit jeher darauf verstanden, die Natur mit ihren Launigkeiten zu ertragen und ihr das für ein Dasein Unerlässliche dennoch abzugewinnen, schauten zum Himmel und warteten mit der ihnen angeborenen Geduld.

      Erst im milden Dezember zogen von Westen her endlich die ersten Wolken auf und brachten den ersehnten Regen.

      »He, betet zum Herrn für dieses Wunder.«

      »Hola’! Betet schnell und lasst die Arbeit ruhen. Das müssen wir feiern.«

      Wie die Kinder tollten die Menschen in dem prasselnden Regen herum.

      Die Wasser hörten nicht mehr auf zu fließen, endlos offen standen die Schleusen des Himmels. Rinnsale, Bäche, Ströme, die er entstehen ließ.

      Dann von einer auf die andere Stunde an einem bestimmten Tage hörte es auf zu regnen; wie als folgte die Natur einer geheimen Weisung.

      Die Wolken zogen über den weiten Horizont dahin und alle Wasser flossen ab.

      Die Sonne, die hohe Spenderin und unerreichbare Feindin in einem, übernahm wieder die Regentschaft, tauchte, auch wenn sie die ihr untergebene Landschaft an diesem Tage nicht mehr erbarmungslos zu bedrängen vermochte, diese wieder in Licht und Schatten.

      In der Nacht leuchteten die Sternenkette der Andromeda, Cassiopeia und die Sterne des Pegasus durch die klare Luft mit ungewohnter Helligkeit.

      Als die Mondschatten sich auflösten und das frühe Sonnenlicht wie an Millionen Tagen zuvor die Welt ihrer in der Nacht geborenen Rätselhaftigkeit beraubte, war es noch kühl.

      In einem nah an der Costa der la Luz, der Küste des Lichts, gelegenen Dorf, einem kleinen Flecken abseits großer Handelspunkte, der gerade mal wenigen hundert Seelen Heimat gewährte, war das Leben noch nicht weiter erwacht, als dass seine Fischer bereits hinaus auf das ruhige Meer gefahren waren.

      Und doch richteten sich schon Schritte auf ein schäbig kleines Haus, das windschief auf einer kleinen Anhöhe zum Wasser hin stand.

      Es


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