Umsatzsteuer. Ralf Walkenhorst
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Die USt ist eine Netto-Allphasen-USt mit Vorsteuerabzug; d. h., die Besteuerung findet grundsätzlich auf jeder Wirtschaftsstufe statt.
Beispiel: Unternehmer U1 stellt eine Ware in seinem Unternehmen her; Vorsteuerbeträge sind hierfür nicht angefallen. Die Ware wird für 1.000 € zzgl. 190 € USt an den Unternehmer U2 veräußert. U2 veräußert die Ware für 2.000 € zzgl. 380 € an den Unternehmer U3. U3 veräußert die Ware für 3.000 € zzgl. 570 € USt an den Privatmann P. Es ist davon auszugehen, dass sämtliche Rechnungen ordnungsgemäß sind.
Bei wem und in welcher Höhe entsteht eine USt-Zahllast?
Wie hoch ist die Steuereinnahme des Staates wenn die Ware bei U3 vernichtet wird?
U1 muss aus dem Verkauf der Ware an U2 eine USt-Zahllast i. H. von 190 € an das Finanzamt abführen.
U2 schuldet aus dem Verkauf der Ware an U3 eine USt i. H. von 380 €. Da U2 ein Vorsteuerabzug i. H. von 190 € zusteht, ergibt sich eine Zahllast von insgesamt 190 €.
U3 schuldet aus dem Verkauf der Ware an P eine USt i. H. von 570 €. Da U3 ein Vorsteuerabzug von 380 € zusteht, ergibt sich eine Zahllast von insgesamt 190 €.
P ist wirtschaftlicher Träger der USt i. H. von 570 €.
Bei Vernichtung der Ware bei U3 ergeben sich für U1 und U2 keine Änderungen; d. h., U1 hat eine USt-Zahllast von 190 € und U2 hat ebenfalls unter Berücksichtigung der Vorsteuer eine Zahllast i. H. von 190 €.
U3 schuldet keine USt, da es nicht zu einem Verkauf der Ware kommt. U3 steht allerdings ein Vorsteueranspruch i. H. von 380 € aus der Rechnung des U2 zu. Folglich hat U3 einen Erstattungsanspruch gegenüber dem Finanzamt i. H. von 380 €.
Aus der Sicht des Staates ergibt sich zusammengefasst eine Steuereinnahme von 0 €.
1.4 Binnenmarkt
Der Rat der Wirtschafts- und Finanzminister hat am 16. 12. 1991 die Richtlinie 91/680/EWG zur Ergänzung des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems und zur Änderung der Richtlinie 77/388/EWG im Hinblick auf die Beseitigung der Steuergrenzen verabschiedet. Durch diese Richtlinie wurde die 6. EG-Richtlinie vom 17. 5. 1977 zur Harmonisierung der USt umfassend ergänzt. Diese Richtlinie stellt einen entscheidenden Schritt auf dem Weg zur Beseitigung der Steuergrenzen und Grenzkontrollen innerhalb der Europäischen Union (EU) dar. Die in der Richtlinie vom 16. 12. 1991 vorgesehene Regelung musste von den Mitgliedstaaten bis zum 1. 1. 1993 in das jeweilige nationale Recht umgesetzt werden (Artikel 28 Abs. 1 der 6. EG-Richtlinie). Deutschland ist dieser Verpflichtung mit dem USt-Binnenmarktgesetz vom 25. 8. 1992 (BGBl 1992 I S. 1548), das hinsichtlich der umsatzsteuerlichen Bestimmungen am 1. 1. 1993 in Kraft trat, nachgekommen.
Die durch die Richtlinie vom 16. 12. 1991 getroffene Regelung stellt gem. Artikel 28 Abs. 1 der 6. EG-Richtlinie nur eine Übergangsregelung dar. Eine endgültige Regelung, die eine allumfassende Besteuerung im Ursprungsland, d. h., eine umsatzsteuerliche Behandlung von Lieferungen und sonstigen Leistungen wie Umsätze im Inland, regelt, konnte nicht verabschiedet werden. Die von deutscher Seite vorgeschlagene Regelung, Besteuerung im Ursprungsland mit einem Clearing-Verfahren, wurde von den übrigen Mitgliedstaaten abgelehnt, da diese bezüglich der Ausgleichsmechanismen mit erheblichen Haushaltsrisiken rechneten.
Nach langwierigen Verhandlungen wurde schließlich mit der Richtlinie vom 16. 12. 1991 eine Einigung erzielt, die im grenzüberschreitenden Verkehr zwischen Unternehmen eine Belastung mit USt im Bestimmungsland herstellt. Da das endgültige Ziel eines einheitlichen Binnenmarktes durch diese Regelung noch nicht erreicht ist, handelt es sich um eine Übergangsregelung, die gem. Artikel 28 Abs. 1 der 6. EG-Richtlinie auf zunächst vier Jahre – bis 31. 12. 1996 – befristet war, allerdings mit der Maßgabe, dass sich die Geltungsdauer automatisch bis zum Inkrafttreten der endgültigen Regelung verlängert. Um den Übergangscharakter im UStG deutlich zu machen, sind die entsprechenden Regelungen durch Kleinbuchstaben gekennzeichnet, z. B. §§ 1a, 1b, 6a UStG.
Das Ursprungslandprinzip ist bisher nur im Bereich des privaten Reiseverkehrs umgesetzt worden. Der private Letztverbraucher kann seit dem 1. 1. 1993 – ohne jede mengen- und wertmäßige Beschränkung – Waren aus einem Mitgliedstaat mit der USt dieses Mitgliedstaates belastet in seinen Wohnsitzmitgliedstaat mitbringen, ohne dass bei Grenzübertritt eine umsatzsteuerliche Erfassung erfolgt.
Es ist zz. nicht absehbar, wann die Übergangsregelung durch eine endgültige Regelung abgelöst werden wird.
Die 6. EG-Richtlinie ist durch zahlreiche Richtlinien geändert bzw. ergänzt worden; z. B. durch die Richtlinie 95/7/EG des Rates vom 10. 4. 1995 zur Änderung der Richtlinie 77/388/EWG und zur Einführung weiterer Vereinfachungsmaßnahmen im Bereich der Mehrwertsteuer. Eine Neufassung ist durch die Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. 11. 2006 vorgenommen worden (Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie); diese ist am 1. 1. 2007 in Kraft getreten (Artikel 413 der Richtlinie 2006/112/EG).
Der EU gehören zz. folgende Mitgliedstaaten an:
Belgien |
Bulgarien (ab 1. 1. 2007) |
Dänemark |
Deutschland |
Estland (ab 1. 5. 2004) |
Finnland (ab 1. 1. 1995) |
Frankreich |
Griechenland |
Irland |
Italien |
Kroatien (ab 1. 7. 2013) |
Lettland (ab 1. 5. 2004) |
Litauen (ab 1. 5. 2004) |
Luxemburg |
Malta (ab 1. 5. 2004) |
Niederlande |
Österreich (ab 1. 1. 1995) |