"Die Handwerker-Fibel", Band 1. Dr. Lothar Semper
Dahinter verbirgt sich die Absicht, das Unternehmensimage zu verbessern und damit möglicherweise den Umsatz zu steigern. Deshalb erstellen größere Unternehmen sogenannte Sozialbilanzen (>> Abschnitt 4.1.4), in denen sie über die gesellschaftlichen Auswirkungen der Unternehmensaktivitäten berichten. Hierzu sind kapitalmarktorientierte Unternehmen durch das CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz sogar verpflichtet.
Mitarbeiterbezogene Ziele
Entsprechend ihrer Zielgruppe kann man Sozialziele in mitarbeiter- und gesellschaftsbezogene Ziele unterteilen. Die mitarbeiterbezogenen sind darauf ausgerichtet, Arbeitskräftepotenziale zu erhalten, aufzubauen oder auszuschöpfen. In Zeiten knapper Fachkräfte ist es für Unternehmen wichtig, Mitarbeiter an das Unternehmen zu binden und ihre Attraktivität für neue Bewerber zu erhöhen. Diese Bestrebungen finden ihren Niederschlag in Zielsetzungen, die sich auf gerechte Entlohnung, Arbeitsplatzsicherheit, betriebliche Mitbestimmung, Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie das Betriebsklima beziehen (>> Kapitel 5 in Band 3). Gerade in Handwerksberufen ist auch der Erhalt der körperlichen Leistungsfähigkeit durch Maßnahmen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes von großer Bedeutung.
Gesellschaftsbezogene Ziele
Eine bedeutsame Gruppe unter den gesellschaftsbezogenen Sozialzielen stellen die ökologischen Ziele dar. Schlagworte wie Nachhaltigkeit, Rohstoffknappheit und Energieeffizienz sind in aller Munde und verdeutlichen die große gesellschaftliche Bedeutung der ökologischen Ziele. Sie können deshalb im Rahmen des betrieblichen Zielbildungsprozesses keinesfalls unberücksichtigt bleiben. Wichtige Einzelziele könnten der sparsame Umgang mit Ressourcen, die Vermeidung von Emissionen oder Abfallrecycling sein. Daneben kann auch gesellschaftliches Engagement zu den Unternehmenszielen zählen. Es kann sich in der ehrenamtlichen Tätigkeit von Unternehmer und Mitarbeitern ebenso niederschlagen wie in der finanziellen Förderung gemeinnütziger Projekte und Einrichtungen.
1.2Zielbeziehungen
Zielsystem
Mit der Größe eines Unternehmens nimmt im Allgemeinen auch die Zahl der Ziele zu. Um nicht den Überblick zu verlieren, ist es notwendig, diese Ziele zu systematisieren und zu ordnen. Ergebnis ist ein Zielsystem, das die Beziehungen zwischen Ober- und Unterzielen sowie Haupt- und Nebenzielen erfasst.
Plausibilität
Solche Zielsysteme entstehen in der Praxis auf vielfältige Weise. Besonders häufig beruht die Systematisierung der Ziele auf Expertenmeinungen und Plausibilitätsüberlegungen. Die (vermuteten) Zielbeziehungen basieren also auf eigenem, ungenauem und unvollständigem Wissen. Ein mögliches Resultat könnte wie folgt aussehen:
Mathematik
Daneben können Zielsysteme auch dadurch abgeleitet werden, dass man mathematische Umformungen oder definitionslogische Beziehungen nutzt. Zum Beispiel errechnet sich der Gewinn eines Unternehmens aus der Differenz von Umsätzen und Kosten. Daraus lässt sich folgendes Zielsystem aufbauen:
Empirie
Auch empirische Erkenntnisse können die Zusammenhänge in Zielsystemen begründen. So hat sich in der Realität sehr häufig gezeigt, dass Unternehmen mit einer niedrigen Eigenkapitalquote oder schlechten Liquiditätskennzahlen häufiger Insolvenz anmelden. Insofern ist ihr Fortbestand deutlich gefährdeter. Daraus lässt sich folgender Zusammenhang ableiten:
Kostentheorie
Eine weitere Verfahrensweise greift auf die Erkenntnisse theoretischer Modelle zurück. Solche theoriegestützten Verfahren basieren beispielsweise auf der betriebswirtschaftlichen Produktions- und Kostentheorie. Diese begründet die Höhe der Kosten unter anderem mit der Kapazitätsauslastung, den Einkaufspreisen oder dem Fertigungsprogramm:
Oftmals entstehen Zielsysteme auch aus einer Kombination dieser Verfahren, wie das folgende Beispiel zeigt, das aus den vier zuvor abgeleiteten Systemen zusammengesetzt wurde:
1.2.1Komplementäre Ziele
Zielharmonie
Als komplementär werden Ziele bezeichnet, die sich gegenseitig fördern. Das heißt, mit der Verbesserung des Ergebnisses bezüglich der einen Größe verbessert sich auch das Ergebnis der anderen Zielgröße. Deshalb spricht man häufig auch von Zielharmonie.
Im Zusammenhang mit der Aufstellung eines Zielsystems werden komplementäre Ziele oftmals dazu genutzt, eine Zielhierarchie aufzubauen. Das übergeordnete Oberziel wird durch Zwischen- und Unterziele stufenweise konkretisiert, wobei das Erreichen der Unterziele positiv auf die Realisierung des Oberziels wirkt.
Mittel-Zweck-Beziehung
Das Schaubild stellt auszugsweise ein Beispiel für ein auf diese Weise gebildetes Zielsystem dar. Entlang der vertikalen Linien besteht jeweils eine Mittel-Zweck-Beziehung, das heißt, die beiden miteinander verbundenen Ziele sind komplementär oder gleichgerichtet. Dies gilt jedoch nicht für alle Ziele in diesem System. Eine höhere Produktqualität kann zwar den Marktanteil (und damit den Umsatz sowie den Gewinn) erhöhen, aber sie kann nur durch sorgfältigere Arbeit oder höhere Qualität der verwendeten Materialien erreicht werden. Beides führt jedoch zu höheren Kosten und wirkt damit im Hinblick auf die Gewinnsteigerungsabsicht nachteilig. In diesem Fall liegt ein Zielkonflikt vor.
1.2.2Konfliktäre Ziele
Zielkonkurrenz
Zwei Ziele stehen in Konkurrenz zueinander, wenn die Verwirklichung des einen Ziels die Erreichung des anderen negativ beeinflusst.
Dies kann einerseits unmittelbar erfolgen, wie zum Beispiel im Fall des Personalabbaus zum Zweck der Kostenreduktion. Dieser wirkt negativ auf das Streben der Mitarbeiter nach Arbeitsplatzsicherheit und damit negativ auf die Mitarbeiterzufriedenheit. Andererseits liegt ein mittelbarer Zielkonflikt beispielsweise vor, wenn zur Verfolgung mehrerer Ziele auf ein und dieselbe Ressource (Personal, Maschine, Finanzmittel …) zurückgegriffen wird und diese Mittel nicht ausreichen, um alle Ziele gleichzeitig zu erreichen.
Wenn ein Zielkonflikt besteht, muss die Unternehmensleitung entscheiden, welches der Ziele die größere Bedeutung hat. Die Auflösung von Zielkonflikten kann auf dreierlei Weise erfolgen:
Gewichtung Satisfizierung Priorisierung
> Quantitative Ziele werden durch eine Gewichtung vergleichbar gemacht.
> Für alle Ziele werden bestimmte Mindestniveaus festgelegt, die gleichzeitig erreicht werden können.
> Ein Ziel wird zum dominanten Hauptziel erklärt, die anderen vernachlässigt.
Beispiel:
Ein Elektroinstallateur hat sich zum Ziel gesetzt, seinen Umsatz durch die Erweiterung seiner Leistungspalette um 20.000 € zu steigern (z. B. durch die Installation von Solarmodulen). Hierfür sind Investitionen in neue Werkzeuge, Schulungen und Marketingmaßnahmen notwendig. Insgesamt rechnet er mit einem Investitionsbedarf von 10.000 €. Gleichzeitig möchte er neue Maschinen im Wert von 15.000 € kaufen, um durch schnellere und effizientere Arbeit die jährlichen Kosten um 10.000 € zu senken. Nachdem die Eigenkapitalquote schon sehr niedrig ist, bekommt er von der Bank keinen neuen Kredit, und seine verfügbaren Finanzmittel sind auf 15.000 € begrenzt. Es besteht also ein mittelbarer Zielkonflikt, da beide Ziele nicht gleichzeitig erreicht werden können.
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