Der mondhelle Pfad. Petra Wagner

Der mondhelle Pfad - Petra Wagner


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und sah Loranthus abwartend an. Irgendwie schien seine Geschichte nicht den gewünschten Erfolg zu haben, sein erwartungsvolles Grinsen ging in ein verhaltenes Lächeln über.

      Jetzt erkannte Loranthus, dass er anders reagiert hatte, als von Medan erhofft und beeilte sich, den Jungen zu tätscheln. Dabei setzte er ein erfreutes Strahlen auf.

      „Ich kenne dieses Glas aus Ägypten, Medan. Du weißt doch: Mein Vater ist ein Händler, meine Familie treibt schon seit Generationen Handel mit vielen Ländern!“

      „Ach, so“, sagte Medan schlapp, als hätte er sich völlig umsonst so viel Mühe gegeben. Da huschte ein neugieriges Funkeln in seine Augen.

      „Du hast doch deinen Vater auf seinen Handelsreisen begleitet, Loranthus! Hast du dieses Glas etwa selbst gesehen?! Ich meine, wie es gemacht wird.“

      Loranthus tätschelte Medan wieder die Schulter.

      „Ganz recht, Medan! Das habe ich wirklich! Und ich habe auch gesehen, was sie dort alles aus diesem Glas herstellen. Du musst bedenken: Schon seit der Hochepoche der Ägypter werden die Stoffe für Glas in riesigen Wannen zusammengemischt. Die sind übrigens so lang wie du, aber wesentlich breiter! Ein weiser Herrscher hat die Rezeptur sogar in Stein meißeln lassen, damit jeder weiß, wie man die Bestandteile zusammen bringen muss.“

      Robin reckte den Hals über die Wand des Streitwagens.

      „Wenn ich groß bin, dann laufe ich durch alle Länder und sehe mir an, was es überall für wundersame Dinge gibt. Nach Ägypten gehe ich natürlich auch!“

      „Nimm lieber ein Schiff wie mein Vater. Das geht viel schneller und du siehst viel mehr von der Welt, als wenn du zu Fuß unterwegs bist.“

      „Von mir bekommst du ein Pferd, Robin!“, warf Viviane lachend ein. „Bis zum nächsten Hafen ist es ziemlich weit!“

      Bei Robin klappte die Kinnlade herunter und bei Silvanus ruckten die Augenbrauen hoch.

      Viviane zuckte nur mit den Schultern.

      „Ich meine das vollkommen ernst. Wenn Robin gerne in die Welt ziehen will, werde ich ihm helfen. Reich genug sind wir ja jetzt. Da kommt es auf ein Pferd mehr oder weniger nicht an. Am besten noch ein Ersatzpferd dazu – für’s Gepäck.“

      Robin japste nach Luft, doch Viviane hob mahnend den Finger.

      „Natürlich erst, wenn du deine Ausbildung beendet hast. Vorzugsweise solltest du etwas lernen, was man allerorts gut gebrauchen kann. Dann kannst du dir überall deinen Lebensunterhalt verdienen und bist so unabhängig, wie ein Weltreisender sein sollte. Denk mal darüber nach, Robin.“

      Robin nickte derart stürmisch, dass sein Kopf gefährlich wackelte, genauso wie der Zügel, den er fest umklammert hielt. Viviane legte ihm beruhigend die Hand auf den Arm.

      „Nun ist es aber genug geschwatzt und du, Loranthus, solltest dein Wissen um unsere Fernrohre für dich behalten. Es hat nämlich seine Vorteile, wenn andere Völker nicht alles von einem wissen.“

      „Keine Sorge! Ich musste schon Königin Birgie schwören, dass ich nichts davon erzähle!“

      Viviane legte sofort den Kopf schräg und sah ihn von der Seite her scharf an. Loranthus presste die Lippen zusammen, war ihm doch plötzlich bewusst geworden, dass er sich verplappert hatte. Offiziell war er ja gar nicht bei Königin Birgie auf der Burg gewesen, sondern hatte nur mit Großmutter Dana auf einem einzelnen Wachturm gestanden. Also hätte ihn Großmutter Dana über sein Stillschweigen verpflichten müssen und nicht Königin Birgie.

      Schnell dachte er nach, wie er seine vorlaute Rede berichtigen könnte und beeilte sich zu sagen: „Großmutter Dana hat mir natürlich auch schon erklärt, dass ich niemandem etwas über eure Fernrohre erzählen darf, es sei denn, es ist ein Hermundure. Aber als wir schließlich mit Königin Birgie zu eurem Kriegslager unterwegs waren, habe ich mich verplappert und da hat sie mich schwören lassen. Und damit ich meinen Schwur auch nicht vergesse, hat sie mir noch einen Fluch auf den Hals gehetzt.“

      Alle rissen Augen und Münder auf, nur Viviane schmunzelte.

      „So, so! Einen Fluch! Das sieht meiner Tante Birgie ähnlich.“

      Loranthus sah Viviane verdutzt an und tastete seinen Hals ab.

      „Hetzt Königin Birgie öfters Leuten einen Fluch auf den Hals?“

      „Ständig. Die Königin der Bären ist berühmt-berüchtigt dafür. Jeden Tag muss mindestens einer dran glauben und wenn sie schlechte Laune hat auch mal zwei … oder drei“ Loranthus schnaubte.

      Viviane feixte: „Mit welchem Fluch hat sie dich denn belegt?“

      „Das darf ich auch nicht sagen!“, wimmelte er alle ab, die sich schon erwartungsvoll zu ihm hingebeugt hatten. „Der Wortlaut ist im Fluch mit inbegriffen!“

      Alle Oberkörper kippten enttäuscht in die Ausgangsposition zurück, bis auf den von Viviane. Sie hatte ihre gerade Haltung mit dem schräg gelegten Kopf gar nicht geändert gehabt. Loranthus wollte ihrem forschenden Blick möglichst unauffällig ausweichen.

      Daher schwenkte er seine Augen zum Waldrand und murrte: „Aber ohne diese Fernrohre hätte ich die Schlacht doch niemals so genau beobachten können! Ich darf also niemandem berichten, wie ihr gesiegt habt!?“ Er zog noch einen Schmollmund, einen möglichst traurigen.

      Mit diesem Ablenkungsmanöver war er wohl übers Ziel hinausgeschossen, Viviane beugte sich weit aus dem Streitwagen und tätschelte ihm mitleidig die Schulter.

      „Doch, doch Loranthus! Das kannst du ruhig jedem erzählen, der dir über den Weg läuft! Lass einfach die Fernrohre weg! Das merkt sowieso niemand, wenn du nicht sagst, wie weit du entfernt warst. Lenke die Aufmerksamkeit deiner Zuhörer auf die Geschehnisse der Schlacht. Je mehr du dabei übertreibst und je schrecklicher du alles darstellst, umso besser.“

      Loranthus fuhr sich mit der Hand durch seine schwarzen Locken und der Staub der langen Reise tanzte in den Sonnenstrahlen, als er sich am Hinterkopf kratzte.

      „Das verstehe ich nicht.“

      Viviane kicherte.

      „Das liegt am Blickwinkel, Loranthus. Beleuchte es von allen Seiten.“

      „Blickwinkel?“

      Loranthus sah nach vorne auf den Wagentross, der sich rumpelnd und stampfend gemächlich den staubtrockenen Weg bergan schob. Er lugte durch die Baumwipfel hoch zur Sonne, zwischen die Sträucher hindurch ins Dickicht und erspähte sogar ein paar leuchtend gelbe Schmetterlinge, die mitten im dichtesten Wald anmutig dahin schwebten. Schließlich ließ er seine Augen bei den Blumen am Wegrand zur Ruhe kommen.

      „Also“, seufzte er tief. „Selbst wenn ich es nicht noch gruseliger mache, als es ohnehin schon für mich war … Ja …“ Er nickte überzeugt. „Meinen Zuhörern würden die Haare zu Berge stehen.“

      „Und?“

      „Es würde ihnen kalt den Rücken runter laufen, inklusive Gänsehaut. Eventuell sogar Ohnmachtsanfälle.“

      Viviane sah ihn tadelnd an.

      „Ach so! Jetzt weiß ich, was du meinst, Viviane! Keiner würde noch mal einen Krieg gegen euch führen wollen, und ihr könntet wieder das friedliche Leben führen, dass ihr immer schon geführt habt.“

      Nun schien Viviane mit der Antwort zufrieden.

      Robin genügte solch allgemeines Geschwätz jedoch nicht.

      „Uns kannst du es auch erzählen, Loranthus! Wir halten unsere Haare fest und frieren tut heute eh keiner bei der Hitze. Wir haben nämlich Nora schon ausgefragt, als wir auf den Weiden bei den Schafen waren. Aber die hat doch noch nie eine Schlacht gesehen. Kämpfen da alle mit Schwertern, Speeren und Streitwagen?“

      Loranthus zog scharf die Luft ein.

      „Streitwagen gab


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