Diabolus.. Группа авторов

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      Diabolus.

      Essays über Künste.

      Hg.: Kathrina Talmi

      AutorenVerlag Matern

      Um Künste thematisieren zu können, ist ein Weg zu finden, wie über sie gesprochen werden kann. Die Herausgeberin schlägt in ihrem Eingangsessay vor, zunächst in Kunsthandwerk und Künste zu differenzieren. Besondere Aufmerksamkeit erhalten in ihrem Text die Kriterien Autonomie und Angemessenheit. Allgemein betrachtet seien diese Kriterien jedoch auch für Wissenschaften und Philosophie veranschlagbar. Deshalb wären sie zu präzisieren. Kai Pege wendet sich allgemeinen Zeichen- und Symboltheorien zu, kann diese jedoch nur als unzureichend verwerfen, weil funktionale Unterschiede, die es in den Künsten gibt, nicht berücksichtigt werden können. Konkrete Künste behandeln Helge Bol und Mark Ammern, Bol die Musik, Ammern die Belletristik, mit besonderer Berücksichtigung von Autonomie und Angemessenheit. Zum Schluss bezieht Kathrina Talmi die Ökonomie und digitale Techniken ein und fordert nicht nur technisch mediale, sondern, mit einem Seitenblick auf die industrielle Revolution, auch inhaltliche Neuerungen ein. Gemeinsam richten sich die Autoren gegen restaurative Tendenzen und auf eine Weiterentwicklung der Künste.

      Der Essayband ist erstmals in den Neunziger Jahren des 20. Jhds. im Druck erschienen. Kathrina Talmi hat die Neukonzeptionierung vorgenommen, ohne die Ausrichtung grundsätzlich zu verändern.

      1. EBook-Auflage 2014, Version 1.3

       Copyright © 1997-2014 AutorenVerlag Matern

       Cover-Design: Joshua, unter Verwendung von Textures

       aus dem Portal: freetextures.org

       Zeichensätze: linuxlibertine.org

       www.softmaker.de (Cover)

       ISBN 9783929899184 (ePub)

       ISBN 9783929899191 (Kindle KF8)

       Alle Rechte vorbehalten

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      Zitat

      „Du warst von der Versöhnung nie so weit,

       Als da du wolltest mit der fieberheißen

       Verzweiflungsglut vertilgen allen Streit,

       Dich, Welt, und Gott in eins zusammenschweißen,

       Da bist du in die Arme mir gesprungen,

       Nun hab ich dich und halte dich umschlungen!“

      [Gedicht „Faust“, V. 3432-7, Nikolaus Lenau]

      Erste Differenzierungen

      – Kathrina Talmi –

      I

      Worte Kunst oder Künste sagen umgangssprachlich so gut wie nichts mehr aus. Sehr viele Menschen sind bereit, differenzlos alles mit Kunst zu bezeichnen, das sie traditionelle künstlerische Tätigkeiten oder Produkte assoziieren lassen, auch ohne sie näher zu kennen. Diese assoziative Herangehensweise könnte ein typisches umgangsprachliches Verhalten sein, ohne es allerdings als Mittel einzusetzen oder auch nur zu bemerken. Die relative Schrankenlosig- und Breitenwirksamkeit, mit der dies geschieht, drängt auch in die Massenmedien, die in diesem Fall als Verstärker fungieren, nicht als Korrektur. Sogar die Paläonologie hat sich inzwischen solcher Worte bemächtigt, um vorgeschichtlichen Bewohnern der Erde, sobald ein paar Striche oder Farben auf Knochen oder Fels übriggeblieben sind, künstlerische Tätigkeiten nachzusagen. Inzwischen wurden auch Neanderthaler erfasst, deren Leben bislang als kunstlos galt, im Unterschied zu denen der frühen Homo Sapiens. Man könnte jeden Toten und noch Lebenden beglückwünschen, in diesem Kontext als kunstlos oder gar -feindlich zu gelten.

      Aufgrund dieser Vorkommnisse ist es angebracht, nach einer ersten Differenzierungsmöglichkeit zu suchen. Ich bin mir bewusst, dass dieses Vorgehen Skepsis hervorbringen wird. Nicht untypisch wäre innerhalb der deutschen Wissenschaftsszene, eine Definition zu geben. Doch eine solche Willkür möchte ich vermeiden. Ich pfeife auf das, auch als Frau, was derzeit Wissenschaft genannt wird, solange es verwertbar ist, mal davon abgesehen, dass ich hier ohnehin keine betreiben möchte. Die Frage wäre, auf was ich noch pfeifen kann, um es im Kontext von Worten Kunst und Künsten zu verwerfen!

      Noch gibt es Worte Kunsthandwerk, mit denen sich differenzieren ließe. Solche Worte bezogen sich einst auf ein Schmuck- und Stickhandwerk. Doch was ist für ein solches Handwerk typisch, um es abgrenzen zu können? Serien anzufertigen, gehört nicht dazu, weil es auch im Handwerk möglich ist, Einzelstücke herzustellen. Aber zum Handwerk gehört nicht, Neues zu entwerfen, etwas Neues, das über traditionelle Techniken und Formen hinausweist. Im Zentrum steht eher das Bewährte und die Ausrichtung auf eine Nachfrage, ob bei Clubmusik, einem typischen Roman oder einem Wandschmuck. Fraglos gibt es auch im Handwerk Entwicklungen, aber diese sind in der Regel Veränderungen in der Nachfrage geschuldet, also gesellschaftlichen Veränderungen, nicht Resultat individueller Entscheidungen. Selbstverständlich gibt es Ausnahmen, ob bei der typografischen Gestaltung oder dem Objektdesign, innerhalb denen individuelles Engagement hervortreten konnte, auch zu Moden führte. Sogar ein Nutzen ließe sich in Frage stellen, als z.B. die Lesbarkeit von Text bei der Gestaltung sekundär wurde. Die beanspruchte Freiheit überschnitt sich mit der künstlerischen. Überwiegend steht im Kunsthandwerk jedoch anderes im Zentrum. Heute wären freie Schriftgestaltungen nahezu unverkäuflich. Anerkennung, ein Dazugehören ist weitaus wichtiger geworden, als eine mögliche Abgrenzung und Erkennbarkeit.

      Eine Verkäuflichkeit, eine leichte Einsortierung in den jeweils aktuellen Warenhandel, ist eine wichtige Voraussetzung von Kunsthandwerk. Ob Schmuck, Wandbild oder Club- bzw. Tanzmusik, es muss zum sogenannten Zeitgeist passen, also zu weit verbreiteten Ansprüchen und Nachfragen. Diese Wirtschaft ist inzwischen derart selbstverständlich geworden, dass anderes häufig nur als Unfug abgetan wird. Und nur jenes lässt sich auch über die verschiedenen Kanäle, online inklusive, in der Breite vermarkten.

      Kunst aber, künstlerische Resultate, die aus anderen Gründen entstanden sind, lassen sich öffentlich kaum noch finden. Ein im Feuilleton als anspruchsvoll deklariertes Kriterium wie ‚ästhetisch auf der Höhe der Zeit‘ kann lediglich demonstrieren, wie verkommen die Gesellschaft inzwischen ist. Dass auch unter einem solchen Kriterium lediglich Kunsthandwerk produzierbar als auch erkennbar ist, Neues auf der Strecke bleiben muss, sei explizit erwähnt. Die Künste, sind sie bereits gesellschaftlich am Ende (vgl. Matern, R., 2014)?

      Wenn der Markt bei der Kunstproduktion eher nebensächlich ist, es vielmehr um die Schaffung von Neuem geht, wie lässt sich dies erläutern? Neues in den Künsten setzt eine erkennbare Auseinandersetzung voraus: eine sachliche mit der Tradition, eine Abgrenzung von dieser als auch mit den aktuellen Vorlieben und Zuständen in der Gesellschaft. Es entspringt einem Vorgehen, das sich seine eigenen Regeln, Unregeln und Nichtregeln entwirft, um etwas Abgrenzbares zu produzieren. Doch sobald ein Common Sense, eine Mode entsteht, kann eine Übernahme von konkreten Kriterien nur zu Kunsthandwerk führen. Eine solche Adaption hat auch nichts mehr mit Kreativität zu tun, setzt man voraus, dass die Schaffung von Neuem eine entscheidende Bedingung ist.

      Mit den vorgestellten Abgrenzungen ist allerdings nicht viel erreicht, nur ein erster sprachlicher Schritt, der eine sanfte Feuilletonruhe vertreiben könnte, falls denn ein Interesse an den Künsten herrschen würde.

      II

      Autonomie war eines der Kriterien, das ich bereits für Künste veranschlagte, ein weiteres: Angemessenheit (vgl. Talmi, K., 2014). Doch beide sind in dieser Allgemeinheit nicht nur für Künste relevant. Auch ein philosophischer oder wissenschaftlicher Forschritt erfordert sowohl Autonomie als auch Angemessenheit. Das zweite Kriterium hatte ich sogar aus diesen Kontexten gewonnen. Abgelehnt hatte ich hingegen Schönheit, weil die Frage danach lediglich in die empirische Psychologie führen kann, mithin in die Beliebigkeit von Geschmäckern, anstatt in die Künste.

      Hervorgehoben hatte ich allerdings, dass sich wissenschaftliche


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