Zwickauer Impressionen. Группа авторов
Milchflasche rutschte durch die Maschen, zerbarst mit Getöse und die Milch ergoss sich auf den Fußweg. In Berlin hätte das kein Interesse geweckt und man wäre ungerührt weitergegangen. Hier dröhnte eine laute Stimme für alle Passanten hörbar: „Hee Kollesch, mach die Sauerei weg!“ Aha, dachte ich, hier bist du nicht anonym, wirst dich nicht drücken und mit großen Sprüchen punkten können. Hier gilt die klare Ansage.
Im Puppentheater eröffnete sich mir ein großes, interessantes Arbeitsfeld, das ich mit Freuden beackerte und siehe da, die Resultate blieben auch bis in die Hauptstadt und darüber hinaus nicht unbemerkt. Also, in dieser Stadt, in der die Schneedecke durch den Ruß der Steinkohle schnell schwarz wurde, ließ es sich leben und gut arbeiten.
Ich wurde sogar Chef des 1987 errichteten Puppentheaters, ein mir zunächst sehr suspekter Posten, aber ich fitzte mich hinein und stand in der Öffentlichkeit. Langsam wurde ich ein richtiger „Einwohner“ und identifizierte mich mit dieser Stadt. Ihre Geschichte interessierte mich, so dass ich sogar über eine geschichtliche Begebenheit ein Theaterstück verfasste, die Ausstattung dazu realisierte und mitspielte.
Das Gebäude des alten Schlosses Osterstein, das ehemals finstere Gefängnis, ruinös dem Verfall preisgegeben und nach Meinung vieler Zwickauer nur noch Futter für die Abrissbirne, entstand allen Unkenrufen zum Trotz in neuem Glanz. Ein großer Festtag nahte: Das Richtfest mit Aufsetzen des Obelisken als krönenden Abschluss! Mit dem Kulturamtsleiter, der meinen Kumpan und Konkurrenten Hans Federangel darstellte, disputierte ich mit ihm als Martin Römer, einem der reichsten Männer der Stadt des 15. Jahrhunderts, vor dem sich drängenden, staunenden Volk. Wäre mir das in meinen Kindertagen prophezeit worden, ich hätte es nicht geglaubt.
Mehrfach in der Stadt umgezogen, wohnen wir jetzt wieder im Stadtzentrum und ich schaue aus dem Fenster direkt auf das wunderbare Schloss, in dessen Hof ich inzwischen zur Weihnachtszeit häufig Märchen gelesen, gemalt und gespielt habe. Das Umfeld des Schlosses hat sich zu einem tollen Ensemble entwickelt. Das Kornhaus, der Alte Gasometer und die Muldenpromenade über dem Straßentunnel lassen den alten abschreckenden Zustand nicht einmal mehr erahnen. Viele Menschen genießen dieses neu entstandene Areal und die Kinder können sich auf dem wunderbaren Spielplatz, unter dem der Verkehr rollt, austoben. Zum Puppentheater, mitten im Stadtzentrum, ist es nicht weit. Bauwerke verschiedenster Epochen säumen den Hauptmarkt und ergeben optisch reizvolle Eindrücke. Da spaziert man gern umher und selbst ein Griesgram mag ein bisschen Freude daran empfinden.
Und nun bin ich dabei, neben anderen markanten Bauwerken Zwickaus das Schloss auf die Wand zu bannen und den Obelisken werde ich hoffentlich auch noch hinbekommen.
Monika Hähnel
Beim Engelmann
Mittwochs nach der Wassergymnastik im Johannisbad spendiert mir „Edeka“ für eine Stunde einen Parkplatz. Dann laufe ich das Stück zur Marienstraße und gehe zum „Engelmann“. Auf den, der dort nicht einkaufen geht, wirkt diese Bezeichnung vielleicht ein bisschen taktlos, denn es handelt sich um den „Naturmarkt Dr. Engelmann“, aber sprechen die anderen davon, hört man, dass da Respekt, Anerkennung und Dankbarkeit in den Stimmen mitschwingen.
Immerhin ist es zur Zeit der einzige Markt dieser Art in Zwickau, sein Angebot reicht sogar über Bio-Produkte hinaus und umfasst auch Kosmetika und Drogeriewaren und der Zulauf an Interessenten wird einem in den zugegebenermaßen engen Gassen zwischen den Regalen besonders deutlich. Da muss man schon mal seinen Korb über den Kopf des Entgegenkommenden balancieren oder in eine Nische zurücktreten, damit der andere vorbei kann.
Ich beginne meine Tour immer an der linken Seite hinten, wo das frische Gemüse liegt.
Ein Schälchen Erdbeeren kostet 4.65 €, eine Gurke 2,00 €. ‘Das kannst Du bei Edeka viel billiger haben’, denkt wohl mancher, wissend, dass Lebensmittel in dieser Kette nicht gerade preiswert sind. Doch ich helfe mir auf zweierlei Weise: Erstens stelle ich mir die Böden vor, auf denen die Beeren und das Gemüse wuchsen. Mindestens fünf Jahre lang haben sie keinerlei chemische Düngemittel gesehen, die Früchte selbstverständlich auch nicht. Zweitens hab ich die Erfahrung gemacht, dass neben der bei mir erst gewachsenen ökologischen Einsicht auch der höhere Preis mein Essverhalten verändert – ich esse weniger, bewusster, genussfreudiger, langsamer.
In der nächsten Regalgasse greif ich mir einen Beutel Sechskornmehl und werde es mir am Verkaufsstand vorn frisch mahlen oder schroten lassen, aber zunächst wähle ich mir noch eine Packung Ayurveda-Tee aus. Der Rundgang endet am Verkaufsstand mit Milchprodukten und den vielen wunderbaren Brotsorten aus der Biobrotmanufaktur. Mit einem „Milden“ komme ich die ganze Woche hin und das sind nur 500 g! Eine Scheibe am Abend macht mich satt, zumal ja noch ein Salat dazu gehört. Aber manchmal probiere ich auch eine der anderen Sorten aus. Hören Sie doch nur mal: Hildegard-, Dinkel-, Apfel-, Joghurt-, Lupinen-, Gersten-, Hafer-, Kürbiskernbrot, Roggenschrot mit Leinsamen und Sesam oder gar Topinambur-, Amarant- oder Canihua-Brot! Macht Sie das nicht neugierig? Und dabei sind alle diese Sorten aus frisch gemahlenem Korn gebacken! Das entspricht den Rezepturen des Schwarzwälder Unternehmens Schnitzer, wonach alle Bestandteile des Getreidekorns im Mehl enthalten bleiben – die Kleie, der Keimling und die Mineralstoffe.
Dr. Bernd Engelmann ist ein „Schnitzer-Bäcker“. Lange Jahre aber war er Konditor.
Und wie kommt einer von den Sahnetorten zu Tofu und Plätzchen aus Sonnenblumenkernen?
In der Stadt weiß man, dass er Anfang der 90er Jahre nach einer schweren Krankheit zur Vollwertkost als Nahrung gekommen ist. Aber nicht nur Erfahrung, sondern viel Wissen um eine gesunde Ernährung hat Dr. Engelmann zu dem Schritt bewogen, 2001 den Naturmarkt zu gründen. Schon in den 60er Jahren hatte er ein Diplomingenieur-Studium der Lebensmitteltechnologie abgeschlossen und sogar promoviert. Seitdem hat er viele Zusatzqualifikationen erworben und an Fortbildungen teilgenommen und so überzeugt er seine Kunden immer wieder aufs Neue.
Und was sind das für Leute? Öko-Freaks in Jesuslatschen und schafwollenen Pullovern? Nein, normale Leute, wie du und ich, die darauf vertrauen wollen, dass, was sie essen, gesund ist und vernünftig produziert worden ist. Das wollen Sie auch?
Dann gehen Sie doch mal in das Eckhaus an der Mariengasse, aber bitte nicht gerade mittwochs halb zwölf, da ist der Laden eh schon so voll!
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