Mitochondrien. Birgitt Täuber-Rusch

Mitochondrien - Birgitt Täuber-Rusch


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sogenannte Porine. Weitere Proteine in der Außenmembran sind Enzyme der mitochondrialen Lipidsynthese und Enzyme, die Lipidsubstrate in Formen umwandeln, die dann in der Matrix verarbeitet werden.

      Mitochondrium

      Die Innenmembran weist starke Faltungen bzw. Einstülpungen in die Matrix hinein auf, die sogenannte Cristae-Faltung; diese kann flächig, unregelmäßig oder tubulusförmig sein. Dadurch ergibt sich eine enorm große Oberfläche.

      Nehmen wir z.B. 1 Gramm Lebergewebe: Es enthält 3 Quadratmeter Mitochondrien-Innenmembranfläche. Die Anzahl der Cristae-Faltungen in den Mitochondrien einer Herzzelle ist ca. 3-mal so groß wie in einer Leberzelle, da hier der Energiebedarf kontinuierlich höher ist. Je größer die Fläche ist, desto mehr Platz steht für die ATP-Herstellung, also für die Energiegewinnung, zur Verfügung. Insofern ist sie umso größer, je stoffwechselaktiver die Zelle ist.

      Die Innenmembran enthält Proteine aus drei unterschiedlichen Funktionskreisen:

      • Proteine, die die Oxidationsreaktionen der Atmungskette durchführen.

      • Enzymkomplexe, die als »ATP-Synthase« bezeichnet werden und die in der Matrix ATP herstellen.

      • Spezifische Transportproteine, die die Passage von Metaboliten – den Zwischenprodukten des Stoffwechsels – durch die Membran in die Matrix und aus ihr heraus regulieren.

      Über die Innenmembran wird ein Protonengradient – ein Konzentrationsunterschied – errichtet, der die ATP-Synthase antreibt. Die Membran muss für die meisten kleinen Ionen undurchlässig sein, da der Gradient sonst nicht aufrechterhalten werden kann. Einzig Wasser, Sauerstoff, Kohlendioxid, Kohlenmonoxid und Stickstoffmonoxid können frei diffundieren.

      Die Innenmembran ist hoch spezialisiert und enthält unter anderem große Mengen des Doppel-Phospholipids Cardiolipin, das mit seinen vier Fettsäuren wahrscheinlich dazu beiträgt, die Membran besonders Ionen-undurchlässig zu machen. Zudem enthält sie eine Reihe unterschiedlicher Transportproteine; sie machen die Membran sehr selektiv durchlässig für spezifische kleine Moleküle, die in der Matrix verstoffwechselt werden sollen oder von den vielen Mitochondrien-Enzymen im Matrixraum benötigt werden.

      Der Intermembranraum, also der Bereich zwischen den beiden Membranen, enthält verschiedene Enzyme, die das aus der Matrix entlassene ATP zur Phosphorylierung anderer Nukleotide verwenden. Da die äußere Membran für kleine Moleküle frei durchlässig ist, ist die Konzentration von kleinen Molekülen wie Ionen und Zucker identisch mit deren Konzentration im Zytosol. Große Proteine benötigen eine spezifische Signalsequenz, um durch die Membran transportiert zu werden.

      Somit unterscheidet sich die Zusammensetzung der Proteine zwischen dem Intermembranraum und dem Zytosol. So ist z.B. das Cytochrom C ein Protein, das im Intermembranraum gehalten wird. Proteine des Intermembranraumes sind für viele mitochondriale und zelluläre Prozesse bedeutend, unter anderem für den Energiestoffwechsel, die Apoptose und den Transport von Metaboliten und Proteinen.

      Die Matrix enthält ein hoch konzentriertes Gemisch aus Hunderten von Enzymen, unter anderem die für die Oxidation von Pyruvat und Fettsäuren sowie für den Zitronensäurezyklus benötigten Enzyme. Auch enthält sie mehrere identische Kopien des mitochondrialen DNA-Genoms, spezielle mitochondriale Ribosomen, t-RNAs und verschiedene Enzyme für die Expression, also für die Realisierung der Information, die in der DNA der Mitochondrien-Gene gespeichert ist.

      Die Hauptarbeit der Mitochondrien findet in der Matrix und in der Innenmembran statt.

      Funktionen der Mitochondrien im Überblick

      Energieproduktion (➧ Teil 2)

      • Umwandlung von Pyruvat aus der Glykolyse in Acetylex-CoA durch den Pyruvat-Dehydrogenase-Komplex

      • Bildung von Acetyl-CoA durch Beta-Oxidation der Fettsäuren

      • Gewinnung von Reduktionsäquivalenten (NADH/H+ und FADH2) aus Acetyl-CoA im Zitronensäurezyklus

      • Übertragung der Elektronen und Protonen aus den Reduktionsäquivalenten (NADH/H+ und FADH2) auf Enzymkomplexe der Atmungskette – Entstehung eines Protonengradienten

      • Bildung von ATP durch den Protonengradienten, der die ATP-Synthase antreibt, bei der oxidativen Phosphorylierung

      • Erstreaktionen der Glukoneogenese (Bildung von Glukose aus dem Zuckerspeicher Glykogen)

      • Ketonkörpersynthese

       Weitere Stoffwechselwege, die zum Teil in den Mitochondrien ablaufen:

      • Die Synthese von Häm als Zentralbestandteil von Hämoglobin und Bestandteil von anderen Stoffen ist wichtig für den Sauerstofftransport im Blut. Sie findet zum Teil im Intermembranraum der Mitochondrien statt.

      • Mitochondrien sind für die Bildung von Steroidhormonen in bestimmten hormonbildenden Geweben mitverantwortlich. Sie stellen den Startort der Synthese aus Cholesterin und den Endpunkt bei der Bildung des Stresshormons Cortisol und des Dursthormons Aldosteron dar.

      • Außerdem entstehen Aminosäuren aus Intermediaten des Zitronensäurezyklus, die zum Teil für Enzyme der Atmungskette gebraucht werden, aber auch aus der Zelle heraustransportiert werden können, um für weitere Proteinbildungen zur Verfügung zu stehen.

      • Ein Teil des Harnstoffzyklus läuft unter Energieverbrauch in den Mitochondrien ab. Dabei wird z.B. der giftige Ammoniak, der unter anderem beim Abbau von Aminosäuren entsteht, zu harmlosem Harnstoff abgebaut.

       Zusätzliche Funktionen:

      • Synthese von Eisen-Schwefel-Clustern, den Bestandteilen der Proteinkomplexe der Atmungskette.

      • Speicherort für Kalzium: Mitochondrien sind in der Lage, Kalzium-Ionen aufzunehmen und wieder abzugeben, und spielen daher eine Rolle bei der für die Zelle wichtigen Kalzium-Homöostase (Gleichgewicht).

      • Apoptose (programmierter Zelltod): Das im Intermembranraum befindliche Cytochrom C, das als Elektronenüberträger der Atmungskette unverzichtbar ist, hat zusätzlich eine wichtige Funktion für den programmierten Zelltod. Liegen in der Außenmembran der Mitochondrien Schäden vor, so kann Cytochrom C ins Zytoplasma der Zelle gelangen und Enzyme aktivieren, die den programmierten Zelltod einleiten.

      Die Hauptaufgabe der Mitochondrien ist die Energiegewinnung durch die Zellatmung. Die dafür notwendigen Bestandteile sind Sauerstoff und Nahrung. Dabei wird die Nahrungsenergie in kleine »Energiepäckchen« (das ATP, die Energiewährung des Körpers) umgewandelt.

      Doch wie gelangen der Sauerstoff und die Nährstoffe in die Zelle und zu den Mitochondrien?

      Sauerstoff ist für die Energiegewinnung in unseren Mitochondrien essenziell. Als Bestandteil der Luft ist er überall in unserem Lebensraum reichlich vorhanden. Der Sauerstoffgehalt in der Luft bleibt weitgehend konstant bei 21 Prozent. Sie enthält außerdem 78 Prozent Stickstoff, ca. 0,9 Prozent Argon – ein Edelgas –, Spurengase wie Kohlendioxid, Neon, Helium, Krypton und Xenon. Problematisch für unsere Gesundheit und für die Umwelt ist dabei der stetige Anstieg der primären Luftschadstoffe, z.B. Kohlendioxid, Stickoxide, Ammoniak, Schwefeloxide, Stoffpartikel wie Staub, Rauch, Ruß und Aerosole (Gemische aus festen und flüssigen Schwebeteilchen in einem Gas).

      Ein erwachsener Mensch atmet ungefähr 17.000 bis 21.000 Mal am Tag ein und aus. Der komplexe Atemvorgang ist notwendig für den Gasaustausch: Blut wird mit Sauerstoff angereichert, und Kohlendioxid wird aus dem Blut abtransportiert.

      Das wichtigste Organ für die Atmung und den Gasaustausch ist die Lunge. Die sauerstoffreiche


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