Inseln des Glücks. Gisela Andresen
einen alten bärtigen Mann, der – am oberen Bildrand angeschnitten – wie aus dem Himmel auf eine weite grüne Landschaft mit Bäumen zu schauen scheint. Mit einer vorsichtigen Handbewegung berührt er eine riesige Blume, die in warmem Gelb über den Baumwipfeln leuchtet. Das Bild wirkt wie eine Illustration des großen Schöpfungspsalms, den Menschen in alttestamentlicher Zeit gedichtet haben und der vielen noch heute aus dem Herzen spricht. (Psalm 104,1-24. 27-31)
Auf, mein Herz, preise den HERRN!
HERR, mein Gott, wie groß du bist!
In Hoheit und Pracht bist du gekleidet,
in Licht gehüllt wie in einen Mantel.
Den Himmel spannst du aus wie ein Zeltdach.
Droben über dem Himmelsozean
hast du deine Wohnung gebaut.
Du nimmst die Wolken als Wagen
oder fliegst auf den Flügeln des Windes.
Stürme sind deine Boten
und das Feuer ist dein Gehilfe.
Du hast die Erde auf Pfeilern erbaut,
nun steht sie fest und stürzt nicht zusammen.
Die Fluten hatten das Land bedeckt,
das Wasser stand über den Bergen.
Vor deiner Stimme bekam es Angst;
es floh vor dem Grollen deines Donners.
Von den Bergen floss es ab in die Täler,
an den Ort, den du ihm zugewiesen hast.
Dann hast du dem Wasser Grenzen gesetzt,
nie wieder darf es die Erde überfluten.
Du lässt Quellen entspringen und zu Bächen werden;
zwischen den Bergen suchen sie ihren Weg.
Sie dienen den wilden Tieren als Tränke,
Wildesel löschen dort ihren Durst.
An den Ufern bauen die Vögel ihre Nester,
aus dichtem Laub ertönt ihr Gesang.
Vom Himmel schickst du den Regen auf die Berge
und gibst der Erde reichlich zu trinken.
Du lässt das Gras sprießen für das Vieh
und lässt die Pflanzen wachsen,
die der Mensch für sich anbaut,
damit die Erde ihm Nahrung gibt:
Der Wein macht ihn froh,
das Öl macht ihn schön,
das Brot macht ihn stark.
Auch die großen Bäume trinken sich satt,
die Libanonzedern, die du gepflanzt hast.
In ihren Zweigen nisten die Vögel,
hoch in den Wipfeln hausen die Störche.
Den Steinböcken gehören die hohen Berge,
in den Felsen finden die Klippdachse Zuflucht.
Du hast den Mond gemacht,
um die Zeit zu teilen;
die Sonne weiß, wann sie untergehen muss.
Schickst du die Dunkelheit, so wird es Nacht
und die Tiere im Dickicht regen sich.
Die jungen Löwen brüllen nach Beute;
sie erwarten von dir, Gott,
dass du sie satt machst.
Geht dann die Sonne auf,
so ziehen sie sich zurück
und ruhen in ihren Verstecken aus.
Nun erwacht der Mensch;
er geht an seine Arbeit und müht sich,
bis es wieder Abend wird.
HERR, was für Wunder hast du vollbracht!
Alles hast du weise geordnet;
die Erde ist voll von deinen Geschöpfen.
Alle deine Geschöpfe warten darauf,
dass du ihnen Nahrung gibst zur rechten Zeit.
Sie nehmen, was du ihnen ausstreust;
du öffnest deine Hand
und sie alle werden satt.
Doch wenn du dich abwendest, sind sie verstört.
Wenn du den Lebenshauch zurücknimmst,
kommen sie um und werden zu Staub.
Schickst du aufs Neue deinen Atem,
so entsteht wieder Leben.
Du erneuerst das Gesicht der Erde.
Die Herrlichkeit des HERRN
bleibe für immer bestehen;
der HERR freue sich an allem,
was er geschaffen hat!
Der Mensch im Einklang mit der Natur
Im Garten Eden
Wenn wir etwas verloren haben, begreifen wir oft erst, wie kostbar es für uns ist. So geht es uns auch mit dem Garten Eden, dem Paradies. Wir erleben heute so viel Entfremdung von der Natur, so viel durch Menschen angerichtete Umweltzerstörung, dass uns ein Leben im Einklang mit der Schöpfung wie ein leuchtendes Sehnsuchtsbild vor Augen steht. Die Werbung hat unsere Sehnsucht erkannt und lockt mit »Urlaubsparadiesen« und ähnlichen Angeboten. Wir träumen von sauberen Stränden und reiner Luft, gesunden Wäldern und glücklichen Kühen. Vor allem aber träumen wir von Menschen, die ein geschwisterliches Zusammengehörigkeitsgefühl auch mit den Pflanzen und Tieren empfinden und darum achtsam mit allen Lebewesen umgehen. Wie schön könnte es auf der Erde sein, wenn alle Menschen ihr Leben als Gottesgeschenk begriffen – verbunden mit dem Auftrag, diesen Planeten wie einen kostbaren Garten zu pflegen und zu bewahren!
Ein chinesisches Sprichwort sagt, dass das Leben mit dem Tag beginnt, an dem man einen Garten anlegt. Genauso sieht es die Schöpfungsgeschichte der Bibel: Gott, der große Gärtner, legt in der Landschaft Eden (Hebräisch eden = Wonne, Griechisch paradeisos = Park, Garten) einen Garten an. Der Strom des Lebens entspringt in Eden und teilt sich in vier Flüsse, um das Land in allen Himmelsrichtungen zu bewässern. Die Menschen, aus Erde gemacht wie alle vergänglichen Wesen (Hebräisch adam = Mensch, adama = Erde), bekommen von Gott Lebenskraft und zugleich Mitverantwortung für das Gedeihen des Gartens. Das biblische Paradies ist also kein Schlaraffenland. Es ist eine Aufgabe für Gärtnerinnen und Gärtner, die das ihnen anvertraute Leben lieben und darin Gottes Partnerinnen und Partner sein wollen. (1Mose/ Genesis 2,4b-17)
Als Gott, der HERR, Erde und Himmel machte, gab es zunächst noch kein Gras und keinen Busch in der Steppe; denn Gott hatte es noch nicht regnen lassen. Es war auch noch niemand da, der das Land bearbeiten konnte. Nur aus der Erde stieg Wasser auf und tränkte den Boden.
Da nahm Gott, der HERR, Staub von der Erde, formte daraus den Menschen und blies ihm den Lebensatem in die Nase. So wurde der Mensch ein lebendes Wesen.
Dann legte Gott im Osten, in der Landschaft Eden, einen Garten an. Er ließ aus der Erde alle Arten von Bäumen wachsen. Es waren prächtige Bäume und ihre Früchte schmeckten gut. Dorthin brachte Gott den Menschen, den er gemacht hatte.
In der Mitte des Gartens wuchsen zwei besondere Bäume: der Baum des Lebens, dessen Früchte Unsterblichkeit schenken, und der Baum der Erkenntnis, dessen Früchte das Wissen verleihen, was für den Menschen gut und was für ihn schlecht ist.
In Eden entspringt ein Strom. Er bewässert den Garten und teilt sich dann in vier Ströme. Der erste heißt Pischon; er fließt rund um das Land Hawila, wo es Gold gibt. Das Gold dieses Landes ist ganz rein, außerdem gibt es dort kostbares