Geist über Materie. Dawson Church
in Algen, Würmern, Ameisen, Insekten, Ameisenbären, Schnabeltieren und Kolibris nachgewiesen.
Wie Forschungsstudien kürzlich gezeigt haben, können auch Delfine elektromagnetische Felder wahrnehmen. Der Guyana-Delfin lebt in der Nähe von Mündungsgebieten in geschützten Gewässern vor der Küste Südamerikas. Deutsche Wissenschaftler haben diese Flussdelfine getestet und herausgefunden, dass sie sogar auf sehr schwache elektrische Ströme reagieren (Czech-Damal et al., 2011). Daraufhin wurde erforscht, wie die Delfine diese Felder wahrnehmen; um den Mund herum entdeckte man kleine Haarfollikel. Die Vertiefungen sind von gut durchbluteten Nervenenden umgeben und mit Gel gefüllt. Nach Meinung der Wissenschaftler handelt es sich dabei um die Sinnesorgane, über die die Delfine Felder wahrnehmen.
Felder erzeugen die Form von Molekülen
Ich erinnere mich noch sehr gut an meine erste Erfahrung mit Elektromagnetismus. Im Naturkunde-Unterricht der ersten Klasse verteilten wir Eisenspäne auf einem Blatt Papier und bewegten Magnete unter dem Papier, woraufhin sich die Eisenspäne neu ordneten. Ohne Berührung konnten Felder sogar aus der Ferne Materie neu anordnen. Dieses einfache Experiment wird jährlich millionenfach wiederholt, deshalb vergessen wir leicht, wie erstaunlich das ist. Die Existenz von Feldern, die Materie in Form bringen, ist für uns etwas Selbstverständliches; und doch denken wir irgendwie nicht daran, dieses Konzept auch auf die Herausforderungen unseres materiellen Lebens im Alltag anzuwenden. Ob nun im Großen – sei es ein Planet oder eine Galaxie – oder im Kleinen, bis hinunter zu einem einzelnen Atom: Überall sind Felder zu finden. Jede Zelle unseres Körpers ist von ihrem eigenen elektromagnetischen Feld umgeben. Auch die Moleküle, aus denen die Zelle besteht, haben ein Feld. Elektromagnetismus ist für biologische Prozesse von entscheidender Bedeutung.
Abgesehen von Wasser bestehen die meisten Moleküle unseres Körpers aus Proteinen. Der Körper produziert über 100.000 verschiedene Arten von Proteinen, große und komplizierte Moleküle, bei denen sich Atomstränge auf hochkomplizierte Weise umeinanderfalten. Synthetisiert eine Zelle ein Protein, erzeugt sie diese Fältelungen auf dieselbe Weise, wie wir in der ersten Klasse die Eisenspäne verschoben haben.
Oben: Proteinmoleküle weisen eine komplizierte Fältelung auf.
Darunter: Protein vor und nach der Fältelung; elektrische Ladungen an unterschiedlichen Stellen des Moleküls bestimmen, wie es sich ausformt.
Jeder Teil des Molekülstrangs, aus dem ein Protein besteht, hat eine positive oder negative Ladung. Sind zwei Teile des Strangs negativ geladen, stoßen sie sich ab. Dasselbe gilt für positiv geladene Teile. Negativ und positiv geladene Teile wiederum ziehen sich an. Diese Kräfte der Anziehung und Abstoßung bringen den großen, komplizierten Proteinstrang in seine vorgesehene Form.
Im weiten Feld der Energie
Willem Einthoven, geboren 1860, war ein exzentrischer holländischer Arzt. Ende der 1890er-Jahre begann er, das elektromagnetische Feld des menschlichen Herzens zu messen. Zu diesem Zweck baute er ein sogenanntes Galvanometer, also einen Stromstärkemesser. Von seinen Ärztekollegen schlug ihm viel Skepsis und Widerstand entgegen; sie waren es gewohnt, sich nur mit Materie zu beschäftigen, und die Vorstellung unsichtbarer Energiefelder erschien ihnen suspekt.
Ein früher Elektrokardiograf
Seine ersten Versuche waren nicht sehr vielversprechend. Sein Gerät wog 270 Kilogramm; fünf Personen waren nötig, um es überhaupt bedienen zu können. Zur Kühlung der starken Elektromagnete war eine mit Wasser gefüllte Kühleranlage erforderlich.
In jahrelanger mühsamer Arbeit entwickelte Einthoven ein Galvanometer, das empfindlicher reagierte als alles andere, was es zu der Zeit gab. Er konnte Probanden anschließen und deren Herzfrequenz messen. Schließlich entwickelte er eine umfassende Theorie von der Funktionsweise des Herzens und der Bedeutung von Elektrokardiogrammen (EKG) für die Diagnose und Behandlung von Krankheiten.
Ein frühes EEG der elektromagnetischen Aktivität des Gehirns
Und seine Kritiker? Wer zuletzt lacht, lacht am besten, und das war in diesem Fall Einthoven: 1924 gewann er den Nobelpreis für Medizin. Er hat die Suche nach dem Feld des Gehirns inspiriert, das 1926 entdeckt wurde. Später war es möglich, sogar das Feld von einzelnen Zellen abzubilden.
Was machen Felder?
Harold Saxton Burr war ein visionärer Forscher; 1929 wurde er Professor an der medizinischen Fakultät der Yale Universität. Er untersuchte und vermaß die Energiefelder von Tieren und Pflanzen, um herauszufinden, wie im Wachstumsprozess von Organismen diese Felder Materie (Atome, Moleküle und Zellen) anordnen und ausrichten. 1949 bildete er das elektromagnetische Feld um einen einzelnen Nerv herum ab. Seine sorgfältigen Messungen zeigten ein Feld, ähnlich den Eisenspänen um den Magneten herum, wie ich sie im Naturkunde-Unterricht der ersten Klasse gesehen hatte. Das Feld war direkt am Nerv am stärksten und wurde mit zunehmender Entfernung immer schwächer (Burr & Mauro, 1949).
Burr gelangte zu der äußerst wichtigen Erkenntnis, dass Felder nicht einfach nur von lebenden Organismen produziert werden, sondern dass vielmehr Felder Materie erzeugen und anhand von Kraftlinien Materie in Atome, Moleküle und Zellen anordnen.
Harold Saxton Burr
In seinem Buch »The Fields of Life« (1973) verwendete Burr auch die Analogie mit den Eisenspänen, mit denen ich als Kind gespielt hatte. Schüttet man die Späne vom Papier und ersetzt sie durch neue Späne, ordnen sie sich gemäß demselben Muster wie die alten Späne. Das Feld wird nicht von den Spänen produziert; vielmehr bringt das Feld die Späne in eine bestimmte Ordnung.
Burr schrieb: »Etwas Ähnliches … geschieht auch im menschlichen Körper. Seine Moleküle und Zellen werden ständig auseinandergerissen und aus der Nahrung, die wir zu uns nehmen, neu aufgebaut. Doch dank des steuernden [Lebens-] Feldes werden die neuen Moleküle und Zellen im selben Muster zusammengesetzt wie die alten« (Burr, 1973, S. 12–13).
Schneidet man sich beispielsweise in den Finger, und die Haut wächst nach, liefert das Feld die Blaupause, um die herum sich die neuen Zellen anordnen. Energie ist kein Epiphänomen der Materie; vielmehr wird Materie von Energie organisiert.
Für viele seiner Experimente nahm Burr Salamander her. Er maß die Spannung an unterschiedlichen Stellen der Außenmembranen von Salamander-Eiern und fand heraus, dass ein Punkt die höchste Spannung aufwies und die um 180 Grad versetzte Stelle die niedrigste. Beide Punkte markierte er entsprechend.
Wie er an den heranreifenden Salamandern feststellte, entwickelte sich die Stelle, die im Ei das stärkste Feld aufwies, zum Kopf – und die Stelle mit dem schwächsten Feld, also der niedrigsten elektrischen Aktivität, immer zum Schwanz. Das Feld schien die Materie des Eis während der Ausreifung und Entwicklung zu ordnen.
An Mäusen wollte Burr herausfinden, ob die Energiefelder bei Krebs eine Rolle spielen. Er maß ihre Felder und hielt fest, welche Mäuse später Krebs entwickelten. Wie er nach über 10.000 Messungen herausfand, entwickelte sich die elektromagnetische Signatur von Krebs im Energiefeld der betroffenen Mäuse, bevor in den Zellen die Malignität nachweisbar war.
Thermografie von zwei Yoga praktizierenden Menschen
Energie erzeugt Materie
In einer wegweisenden, 1947 veröffentlichten Studie beschäftigte sich Burr mit menschlichen Krankheiten; er wollte herausfinden, ob seine Beobachtungen