Schöpfer der Wirklichkeit. Джо Диспенза
Hin und Her
Nervenimpulse fangen also elektrisch an, werden dann chemisch und anschließend wieder elektrisch. Anders ausgedrückt: Die von einem Neuron erzeugten elektrischen Impulse werden an der Synapse durch Neurotransmitter in chemische Impulse umgewandelt. Diese chemischen Botenstoffe stimulieren eine komplexe molekulare Interaktion und einen Ionenfluss, der am benachbarten Neuron wiederum einen elektrischen Impuls auslöst. Wenn dadurch eine bestimmte elektrische Schwelle erreicht ist, wird beim benachbarten Neuron ein Aktionspotenzial ausgelöst und die Botschaft weitergegeben.
Nicht jede Nervenzelle gibt die Botschaften weiter, die sie empfängt. Zur Veranschaulichung stellen Sie sich einfach Folgendes vor: Sie wollen einen Freund mit Liebeskummer aufheitern. Der Arme steckt in seinen Gefühlen fest und denkt an nichts anderes als an sein Herzeleid. Ihnen ist klar, dass er seinen Kummer vergessen muss, weshalb Sie ihn auf unterschiedliche Weisen abzulenken versuchen. Sie laden ihn zum Abendessen in ein neues Restaurant ein, Sie gehen mit ihm auf der Promenade spazieren, schleppen ihn gemeinsam mit Freunden ins Kino, in einen Nachtklub und in eine Komödie. Irgendwann im Verlauf all dieser Aktivitäten gelangt Ihr Freund im Idealfall an einen Punkt, wo er angeregt genug ist, um seine trübselige Stimmung zu vergessen.
Nervenzellen wechseln auf ganz ähnliche Weise aus der Ruhe in einen Erregungszustand. Manchmal mag eine Form der Stimulation nicht ausreichen, doch ist der Reiz stark genug, wird die Nervenzelle aktiviert und damit von einem Informations-Empfänger zu einem Informations-Sender: Sie gibt ihre Erregung weiter.
Werden auf der Seite der präsynaptischen Membran Neurotransmitter freigesetzt, dann erzeugen sie eine elektrische Reaktion auf der postsynaptischen Seite. Dieser elektrische Impuls wandert vom empfangenden Dendriten zum Zellkörper und das Axon hinunter. Sie können sich Neurotransmitter als diejenigen Chemikalien denken, welche die Kommunikationslücke zwischen den Neuronen schließen, sodass eine Botschaft durch das ganze Gehirn gesendet werden kann.
In der Regel braucht es auf der postsynaptischen Seite eine Menge Neurotransmitter-Aktivität als Stimulus, um die nächste Nervenzelle stark genug zu erregen. Kleine Neurotransmitter-Mengen aus einzelnen Nervenzellendungen reichen meistens nicht, um die Schwelle zu erreichen, an der ein Aktionspotenzial ausgelöst wird. Es ist, wie gesagt, ein Alles-oder-nichts-Phänomen, ähnlich wie beim morgendlichen Weckerklingeln: Entweder Sie steigen aus dem Bett oder Sie tun es nicht; beides gleichzeitig geht nicht. Ob eine Nervenzelle erregt wird oder nicht, hängt jedoch auch von der Art des Neurotransmitters ab.
Verschiedene Arten von Neurotransmittern
Neurotransmitter finden sich in verschiedenen Konzentrationen in bestimmten Arealen des Gehirns. Zu den wichtigsten Neurotransmittern zählen Glutamat, Gamma-Amino-Butyric-Acid (GABA bzw. Gamma-Aminobuttersäure), Acetylcholin, Serotonin, Dopamin, Melatonin, Stickoxid und verschiedene Endorphine.
Neurotransmitter können viele verschiedene Funktionen erfüllen: stimulieren, hemmen oder die Aktivität eines Neurons auf Zell-Ebene verändern. Sie können ein Neuron veranlassen, sich aus einer bestehenden Verbindung zu lösen oder sie zu verstärken. Sie können benachbarte Neuronen erregen oder eine Botschaft aussenden, die den Impuls zum Erliegen bringt. Sie können sogar die Botschaft selbst verändern, sodass eine neue Botschaft weitergegeben wird. Und all dies geschieht in einer Millisekunde.
Im Gehirn und im Nervensystem existieren zwei Grundtypen von Neurotransmittern. Erregende Neurotransmitter stimulieren oder aktivieren eine Impulsübertragung. Sie verändern den elektrischen Zustand der postsynaptischen Membran und ermöglichen damit die Auslösung eines Aktionspotenzials in der nächsten Zelle. In den richtigen Kombinationen sorgen sie dafür, dass unsere mentalen Funktionen blitzschnell ablaufen.
Der wichtigste erregende Neurotransmitter ist Glutamat. Wird in der präsynaptischen Membran Glutamat freigesetzt, verbindet es sich mit dem entsprechenden Rezeptor der postsynaptischen Membran und verändert damit den elektrischen Zustand der nächsten Zelle, um die Wahrscheinlichkeit der Auslösung eines Aktionspotenzials zu erhöhen.
Hemmende Neurotransmitter unternehmen genau das Gegenteil: Sie sorgen dafür, dass an der postsynaptischen Membran keine Erregung stattfindet. Der wichtigste hemmende Neurotransmitter ist GABA: Er heftet sich an die entsprechenden Rezeptoren der postsynaptischen Membran und bewirkt dort, dass die Auslösung eines Aktionspotenzials weniger wahrscheinlich wird. Ohne GABA würden die Nervenzellen so oft aktiviert, dass sie Schaden nähmen und das Gehirn ernsthaft aus dem Gleichgewicht geriete.
Neuronen knüpfen leicht Kontakt mit anderen Neuronen. Sie besitzen auch die Fähigkeit, Impulse an- und abzuschalten, Informationen auf eine einzelne Zelle auszurichten oder elektrische Aktivität in x verschiedene Richtungen zu streuen. Neuronen können sich auch augenblicklich voneinander trennen oder sich miteinander an anderen synaptischen Spalten verbinden.
Angesichts dieser Komplexität geht den Biologen allmählich auf, wie wenig wir eigentlich über die Funktionen und Wechselwirkungen zwischen den Neuronen wissen. In Anbetracht all ihrer verschiedenen Wirkungsweisen und ihrer kollektiven, ständig veränderbaren Muster haben sie nur noch wenig mit den brav-ordentlichen Zeichnungen zu tun, die wir aus unseren Schulbüchern kennen. In unserem Zusammenhang sollten wir uns die Neuronen eher als ein riesiges, in ständiger Veränderung begriffenes Netzwerk einzelner Computer vorstellen, die in Lichtgeschwindigkeit miteinander kommunizieren. Denken wir uns die Neuronen wirklich als Milliarden von Computern, die unablässig in gegenseitigen Kontakt treten und ihn wieder lösen, können wir die gewaltige Aufgabe angehen, ihre Intelligenz auf mikroskopischer Ebene zu erklären. Wenn ich in diesem Kontext davon spreche, Neuronen zu verknüpfen oder zu verschalten, dann ist das natürlich immer nur eine Metapher für die Kooperationsweise dieser hoch entwickelten Zellen.
Das Wasser zwischen unseren Ohren
Wie bereits erwähnt, besteht unser großartiger, komplexer Biocomputer zu 75-85 Prozent aus Wasser. Die Konsistenz eines lebendigen Gehirns lässt sich in manchen Bereichen mit der eines weich gekochten und in anderen mit der eines hart gekochten Eis vergleichen. Wie klug von Mutter Natur, dass sie dieses zarte Gewebe mit einem harten Schädelknochen umgeben hat, um es vor Verletzungen zu schützen! Wasser ist für den elektrischen Informationsaustausch des Gehirns von wesentlicher Bedeutung: Es erhöht die Leitfähigkeit des Gehirns, weshalb elektrische Ströme sich schnell und kontinuierlich ausbreiten können (Divergenz).
Denken Sie nur daran, was passiert, wenn ein Blitz in ein Gewässer fährt. Selbst wenn Sie sich Hunderte Meter von der Einschlagstelle entfernt im Wasser aufhalten, kann das immer noch lebensgefährlich sein, weil die Elektrizität sich sekundenschnell im Wasser ausbreitet. So bildet Wasser auch im Gehirn das perfekte Medium, in dem geladene Teilchen sich innerhalb und außerhalb der Zellen rasch und frei bewegen können.
Und jetzt zum Nervensystem
Die anderen Teile des Nervensystems sind vorwiegend damit beschäftigt, Impulse vom Körper zum Gehirn und vom Gehirn zum Körper zu leiten. Die Nerven bestehen aus einer oder mehreren Nervenzellenfasern, die sich in alle Bereiche des Körpers verzweigen. Nerven sind Verlängerungen des Gehirns. Das Nervensystem dient dazu, die Umgebung mit dem Körper zu verbinden, den Körper mit dem Gehirn und das Gehirn mit dem Körper.
Grundsätzlich aktiviert und steuert das Nervensystem sämtliche Körperfunktionen und sorgt dafür, dass all diese verschiedenen lebendigen Gewebe ordentlich und harmonisch zusammenarbeiten. Es reguliert sämtliche Systeme: endokrine Drüsen, Muskeln und Skelett, Immunität, Verdauung, Herz und Kreislauf, Fortpflanzung, Atmung und Ausscheidung. Ohne Nerven wären wir nicht lebensfähig.
Um all diese Systeme zu kontrollieren und aufrechtzuerhalten, kommuniziert das Nervensystem ständig mit dem Rest des Körpers. Unsere Sinne sind auch Erweiterungen der Nervenrezeptoren, mit denen wir verschiedene Informationen über unsere Umwelt einholen; durch unsere Sinne kann das Nervensystem die Zustände im Körper und um den Körper herum wahrnehmen und auswerten. Neben dem Hören, Sehen, Riechen, Schmecken und Berühren verarbeitet das Nervensystem auch andere innere Sinneseindrücke wie Hunger, Durst, Schmerz, Temperaturempfinden und Tiefenwahrnehmung