Traumasensitive Achtsamkeit. David Treleaven

Traumasensitive Achtsamkeit - David Treleaven


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welche Vorteile es hat, zu meditieren, und viele Menschen, die dies regelmäßig tun, kommen in den Genuss dieser Vorteile. Aber ich habe auch Menschen kennen gelernt, die sich zutiefst schämen, wenn sie diese positiven Erfahrungen nicht machen – und besonders häufig sind dies Menschen, die ein Trauma erfahren haben. Sie fühlen sich oft, als hätten sie beim Meditieren versagt, etwas falsch gemacht oder als wären sie zutiefst und unwiderruflich gebrochen.

      Davids Buch begegnet dem Problem der Scham frontal. Es stellt sich der Annahme entgegen, dass Menschen, die beim Meditieren Schwierigkeiten erfahren, schlichtweg unzulänglich oder schlechte Meditierende seien. Viele der Meditierenden, die mich kontaktieren – oft sind sie selbst Meditationslehrer –, fühlen sich gedemütigt dadurch, dass sie nicht in der Lage sind, ihre Symptome mit Meditation positiv zu beeinflussen. David zeigt uns die Risiken für Traumaüberlebende, die Achtsamkeit praktizieren, erklärt, warum sie existieren und stellt Praktiken vor, die eine sichere und transformative trauma-sensitive Praxis unterstützen. Seine Arbeit stützt sich auf Belege, ist in klinischer Forschung verwurzelt und offen für Anpassungen, sobald neue wissenschaftliche Erkenntnisse verfügbar werden. Insofern dient dieses Buch auch als Grundlage für die weitere Auseinandersetzung mit dem Thema.

      Das Buch bietet uns darüber hinaus einen systemischen Blick auf Traumata. Analog zu Davids eigenem Weg überführt es Achtsamkeit vom isolierten Leiden einzelner Meditierender – und deren individuellem Nervensystem – in die sozialen, kulturellen und politischen Räume, die eine Rolle bei der Entstehung und Aufrechterhaltung von Traumata spielen. Obwohl die Idee der Interdependenz – dass wir alle zutiefst miteinander verbunden sind und uns gegenseitig beeinflussen – für die Achtsamkeitsgemeinschaft keine neue ist, wird sie oft dargestellt, als wäre sie eine Art metaphysische Salbe, die prosoziales Verhalten inspiriert, ohne dass eine tiefere persönliche Auseinandersetzung erforderlich ist. Durch seine Arbeit mit Organisationen, die sich für soziale Gerechtigkeit einsetzen, fordert David uns heraus, unser Umfeld zu hinterfragen, um, wie er sagt, die „Rahmenbedingungen, die uns geboten wurden, kritisch zu durchleuchten und uns zunehmend unserer eigenen Rolle bewusst zu werden“.

      Davids Buch erscheint zu einem Zeitpunkt, an dem eine nuanciertere Diskussion zum Thema Achtsamkeit und Meditation dringend nötig ist.

      Ich habe den Großteil meiner akademischen Karriere damit verbracht, mich für diese Form des Dialogs stark zu machen, ob es in meinem Hörsaal war, in meinem Labor, bei akademischen Konferenzen, bei achtsamkeitsbasierten Interventionen, Lehrerausbildungen oder mit Journalisten, die nach vielversprechenden Slogans über die Vorzüge von Achtsamkeit suchten.4 Manchmal fühlte ich mich, als wäre ich die einzige Person, die argumentierte, dass wir bei der Nutzung kontemplativer Praktiken vorsichtig vorgehen und uns der potenziellen Schwierigkeiten, mit denen Menschen sich beim Meditieren konfrontiert sehen, bewusst werden müssen.5 In letzter Zeit vertreten jedoch zunehmend mehr meiner Kollegen diese Auffassung. Im Jahr 2018 kamen 15 Achtsamkeitsforscher zusammen, um Richtlinien zu erstellen, die sich für eine vorsichtigere und nuanciertere Präsentation von Achtsamkeitsmeditation aussprechen und sowohl die Vorteile als auch ihre Grenzen benennen.6 Diese Herangehensweise soll Menschen nicht von der Meditation abschrecken, ganz im Gegenteil: Ihr Ziel ist es, die Praxis zu stärken und für ein breiteres Publikum anwendbar zu machen.

      Ich freue mich, sagen zu können, dass wir mit diesem Buch zusammen einen weiteren Schritt in diese neue Richtung gehen. David Treleaven hat für diejenigen von uns, die Achtsamkeit in einer traumasensitiven Form praktizieren möchten, eine fundierte, zugängliche und empirisch belegte Ressource geschaffen. Es ist ein Geschenk zur rechten Zeit, und ich hoffe, es ist eines, das Ihnen genauso sehr helfen wird, wie es mir geholfen hat.

      WILLOUGHBY BRITTON, PH.D.

      Willoughby Britton ist klinische Psychologin und Neurowissenschaftlerin an der Brown University Medical School; sie ist ausgebildet als MBSR-Lehrerin und gilt als eine der wichtigsten Frauen der Achtsamkeitsbewegung. Ihr

      Forschungsschwerpunkt liegt auf möglichen unerwünschten psychologischen Nebenwirkungen von Meditation.

      EINFÜHRUNG

      Warum traumasensitive Achtsamkeit?

      Ein Teil von mir wünschte, ich hätte die E-Mail nicht gesehen. Es war weit nach Mitternacht, als ich aus einer Laune heraus noch einmal in meinem Posteingang nachsah. „Bitte um Hilfe …“ stand in der Betreffzeile, „Meditationskrise“. Ich lehnte mich in meinem Stuhl zurück, als ich weiterlas. Es war die dritte E-Mail dieser Art, die ich in diesem Monat erhalten hatte.

      Die Nachricht kam von Nicholas, einem Lehrer aus Vermont, der über einen Artikel gestolpert war, in dem ich über negative Begleiterscheinungen von Achtsamkeitsmeditation geschrieben hatte.1 Nicholas hatte mit Achtsamkeitsmeditation angefangen, um mit seinen Angstzuständen besser zurechtzukommen, und schon bald hatten sich positive Auswirkungen seiner Übungen eingestellt: eine gesteigerte Klarheit, ein geschärftes Gedächtnis und ein nachhaltigeres Gefühl innerer Ruhe. In letzter Zeit hatte Nicholas jedoch ein entnervendes Symptom festgestellt: Wenn seine Stoppuhr das Ende der kurzen Meditation signalisierte, fiel es ihm schwer, nach seinem Handy zu greifen – sein Körper schien vor Angst paralysiert zu sein. Es fühlte sich für ihn an, als wäre er gefesselt.

      Je mehr Nicholas meditierte, desto intensiver und verstörender wurden diese Erlebnisse. Sobald er die Augen schloss, erschienen Bilder vor seinem inneren Auge – zerschmettertes Glas, offener Himmel, Rauch. Sein Schlaf wurde von nervenaufreibenden Albträumen heimgesucht, Routineaufgaben versetzten ihn in Panik und das Geschnatter in seinem Kopf wurde unerträglich. Die Ruhe, die er in der Meditation gesucht hatte, hatte sich in ihr Gegenteil verkehrt – in unterschwelligen Terror und Grauen, die ihn Tag und Nacht verfolgten.

      Eine Woche später trafen Nicholas und ich uns in einer Videokonferenz, und sofort konnte ich die Besorgnis und Verwirrung in seinen Augen erkennen. Als ich ihn fragte, ob die Bilder, die sich ihm während seiner Meditation aufgedrängt hatten, für ihn irgendeine Bedeutung hatten, nickte er. Einige Jahre zuvor war er in einen schweren Autounfall verwickelt gewesen – hilflos war er eine Stunde lang in seinem Auto eingeschlossen gewesen, bevor er gerettet werden konnte. Aber es war nicht der Unfall, der ihn verunsicherte, sondern seine Verwirrung über Achtsamkeitsmeditation. Wie konnte eine Praktik, die zunächst so konstruktiv und positiv gewesen war, ihn jetzt in solche Panik und Haltlosigkeit versetzen?

      Mir war diese Frage nicht fremd. Als Psychotherapeut und Wissenschaftler hatte ich jahrelang darum gerungen, ein besseres Verständnis für die komplexen Zusammenhänge zwischen Achtsamkeit und Trauma zu entwickeln – eine extreme Form von Stress, die unsere Fähigkeit, mit belastenden Situationen zurechtzukommen, außer Kraft setzen kann. Nebeneinander betrachtet, können Trauma und Achtsamkeit wie natürliche, geradezu zwangsläufige Verbündete wirken. Beide haben mit der Natur des Leidens zu tun. Beide basieren auf sensorischer Erfahrung. Und während Trauma Stress verursacht, erweist sich Achtsamkeit als Weg, diesen Stress zu reduzieren. Theoretisch scheint es also so, als könne jeder, der ein Trauma erfahren hat, davon profitieren, Achtsamkeitsmeditation zu praktizieren. Was sollte dabei schon schiefgehen?

      Gleichzeitig kann Achtsamkeit auch eine unschätzbare Quelle für Traumaüberlebende sein. Die Forschung hat gezeigt, dass sie das Körpergefühl stärken kann, die Aufmerksamkeit erhöht und uns in die Lage versetzt, Emotionen zu regulieren – alles entscheidende Fähigleiten bei der Traumaheilung. Ebenso kann


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