Meditation ohne Geheimnis. Ayya Khema

Meditation ohne Geheimnis - Ayya Khema


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leite ihn zu den Übungen schrittweise an.

      Ich zeige die Wahrheit ihm auf.

      Wenn er nach der Anleitung sich einübt,

      so wird er in nicht langer Zeit selber erfahren,

      selber sehen.

      Dann ist er, wahrlich, von allen Banden frei:

      von den Banden des Nichtwissens.

      Worte des Buddha (M 80)

       (übersetzt von Paul Debes)

      Vorwort

      Meditation – eine Reise ins Innerste

      Meditation ist die Wissenschaft des Herzens. Eine Wissenschaft, die wahrscheinlich so alt ist, wie die Geschichte der Menschheit selbst. In dieser Geschichte gab und gibt es immer wieder große Seelen, die die Fähigkeit hatten, diese Wissenschaft bis in die tiefsten Tiefen zu erforschen und dem Gefundenen dann Ausdruck zu verleihen.

      Buddha war so eine große Seele und Ayya Khema ist ihm auf seinem Weg gefolgt. Ihre Richtlinie auf diesem Weg war dabei immer die praktische Frage: Wie macht man das?

      Anhand der Erklärungen des Buddha konnte sie diese Frage mit all ihren Feinheiten selbst ergründen und in Worten zum Ausdruck bringen, die es auch uns ermöglichen zu verstehen und zu üben. Und das ist auch das Hauptanliegen in Ayya Khemas Lehrdarlegung. Die praktische Umsetzung des Gehörten und Gelesenen.

      In „Meditation ohne Geheimnis“ stellt sie dabei die wichtigsten Meditationsmethoden vor, die immer das gleiche Ziel verfolgen: Nämlich den Geist zur Ruhe zu bringen und diesen ruhigen, gesammelten und geklärten Geist dann dafür zu verwenden, die Welt einmal so zu sehen, wie sie wirklich ist. Dies führt dann zum Loslassen von unseren alten Gewohnheiten, Konzepten und Vorstellungen und öffnet das Herz für ein neues Erleben. Ein Erleben, das viel erfüllender und beglückender ist, als alles, was wir im Alltag erfahren können und das unser Leben verändern wird.

      Nicht mehr die Welt der 10 000 Dinge, mit all ihren Verlockungen und Versprechungen wird der Fokus unserer Lebensgestaltung sein, sondern das Wissen um einen inneren Reichtum, der durch die Meditation erschlossen werden kann. Das Leben bekommt eine neue Richtung, einen neuen Sinn. Unsere äußere Lebensreise wird mehr und mehr zu einer Reise in unser Innerstes, dem Platz, wo all das vorhanden ist, nach dem wir uns ein Leben lang gesehnt haben. Das Besondere an diesem Buch ist, dass es ganz klare und nachvollziehbare Anweisungen für diese Reise nach Innen gibt. Anweisungen, die auf einer über 2.500 jährigen Tradition beruhen und von Suchern über die Jahrhunderte hinweg mit Erfolg angewendet wurden. Und das ist auch heute noch möglich!

      Danke dem Buddha, Danke dem Dhamma, Danke der Sangha und Danke an Ayya Khema.

      Nyanabodhi Bhikkhu

      Waldkloster Metta Vihara

      Ohne Weisheit gibt es keine Entfaltung

      der vertieften Sammlung

      und ohne vertiefte Sammlung

      gibt es keine Entfaltung von Weisheit.

      Jemand, der beides hat,

      ist der Freiheit, Nibbāna sehr nah.

      Dhp. Vers 372

      Wozu meditieren?

      oder: Meditation ist kein Hobby

      Wer noch gar nicht oder nur selten meditiert hat, kennt seinen eigenen Geist noch nicht. Viele verbinden mit Meditation die Vorstellung, sie führe uns in irgendwelche fremde Regionen und jeder erlebe sie auf seine ganz persönliche Weise. So ist es aber nicht.

      Der menschliche Geist hat, soweit er das ist, was wir normal nennen, gewisse Eigenschaften, die für jeden Menschen gelten, und die Meditation ist ein vom Buddha klar und genau erklärtes Gebiet des Geistes, das jeder beschreiten kann, und jeder kommt zu den gleichen Ergebnissen, vorausgesetzt, er bemüht sich. Es ist nie irgendeine ungeahnte, verworrene oder persönliche Erfahrung, es ist eine sich Schritt für Schritt entfaltende Klärung. Die Erfahrung ist universell. Andernfalls wäre es unmöglich, Meditation zu lehren. Der Lehrer wüsste ja nicht, was sein Schüler erfahren hat oder kann.

      Diese Erfahrungen und sich schrittweise entfaltenden Klärungen hat der Buddha genau beschrieben, man kann sie nachlesen. Das ist für den hilfreich, der die Erfahrung bereits gemacht hat. Er findet sein eigenes Erleben bestätigt. Vorher sollte man nichts darüber lesen; man würde nur vorerst unerfüllbare Erwartungen hegen und notwendigerweise enttäuscht sein.

      Dennoch halte ich es, nach all den Jahren meiner Lehrtätigkeit, inzwischen für unumgänglich nötig, diese Schritte im vorhinein zu erklären, um mit der falschen Vorstellung aufzuräumen es gebe eine persönliche Erfahrung, zu der man irgendwie kommt und die dann in ein persönliches Erlebnis mündet.

      Vielleicht habt auch ihr, wenn ihr zu Hause für euch allein zu meditieren pflegt, die eine oder andere dieser Erfahrungen bereits gemacht, ohne zu wissen und zu verstehen, worum es sich handelt. Um mit Erfolg zu meditieren, muss man jedoch wissen, was man tut. Wie könnte sonst etwas daraus werden?

      Ob ihr indes schon jahrelang meditiert oder gestern erst angefangen habt, macht im Grunde keinen Unterschied. Denn wir müssen an jeden Augenblick herangehen, als wäre er noch nie geschehen. Nur dann können wir eines Tages die absolute Wahrheit hinter jedem Augenblick entstehen sehen, anstatt uns mit der relativen Wahrheit, in der wir leben, noch länger zufriedenzugeben. Das ist Anfängergeist. Mit diesem Anfängergeist können wir uns in der Meditation selbst erkennen. Wir sind mittlerweile so an uns gewöhnt, an unsere Gedanken, Gefühle, Reaktionen, Prinzipien, Meinungen, Charaktereigenschaften, dass es uns beinahe unmöglich ist, zu erkennen, was wirklich in uns vorgeht.

      Es kommt vor allen Dingen auf Achtsamkeit an, im Alltag genauso wie in der Meditation, und das bedeutet, mit alten Gewohnheiten zu brechen, nichts mehr so zu akzeptieren, wie wir es bisher getan haben. Es ist zweifelsohne auch viel interessanter, sich selbst zu betrachten, als sehe man sich zum ersten Mal. Aber es ist auch schwierig, gerade weil es so neu für uns ist.

      Auf keinen Fall dürfen wir an die Meditation mit Wünschen und Erwartungen herangehen, denn die bringen nichts weiter als dukkha.

      Dukkha ist ein Begriff, ohne den wir in der buddhistischen Lehre nicht auskommen. Dukkha bedeutet alles, was nicht zufriedenstellend ist, uns nicht beglückt, uns unerfüllt lässt, Leid erregt. Man kann dukkha auch mit Existenzangst übersetzen.

      Wünsche sind der einzige Grund für dukkha. Das muss man selbst erfahren, sonst glaubt man es entweder nicht oder hat nichts davon, weil man nicht fähig ist, die Wünsche fallen zu lassen. Falsche Erwartungen können so weit gehen, dass man sich einredet, man eigne sich nicht für die Meditation, es müsse doch etwas geben, das einfacher und besser funktioniert.

      Wünsche und Erwartungen sind auf etwas aufgebaut, das nicht der Realität entspricht, sondern einer Fantasie oder Hoffnung entspringt. Wir wollen aber die Realität kennen lernen; in des Buddhas Worten: „die Dinge so sehen, wie sie wirklich sind“. Das ist ganz anders, als wir gewohnt sind, sie zu sehen, und dazu brauchen wir die Meditation.

      Der gewöhnliche Geist, der sich mit den gewöhnlichen Geschäften des Alltags abgibt, ist nicht in der Lage, die absolute Wirklichkeit hinter der Relativität zu erkennen. Der Geist muss also ganz neue Fähigkeiten erlernen. Wieweit sie gehen, hängt davon ab, wie geübt wir bereits sind, wie gut unser Karma ist, wie stark unsere Entschlusskraft und wieweit wir überhaupt in der Lage sind, dem zu folgen, was der Wille sagt, aber der untrainierte Geist verneint. Wir müssen ständig neu anfangen. Diejenigen, die bereits meditiert haben, wissen, was das bedeutet.

      Der Buddha hat nie gesagt, wir sollten unsere Vernunft beiseite schieben oder unseren Geist nicht mehr gebrauchen. Auch das ist ein Trugschluss, der oft gemacht wird. „Man soll doch nicht denken!“ Das schon, aber der Geist besteht nicht nur aus Denken. Er hat viele andere Fähigkeiten, und alle sind nötig. Er kann sogar erleuchtet werden. Erleuchtung geschieht


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