Die Macht der Intuition. Dr. Florian Ilgen

Die Macht der Intuition - Dr. Florian Ilgen


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und Spitzensportlern. Wer sich allerdings ausmalt, was alles schiefgehen kann, der schafft eine negative Visualisierung. Die ist leider mindestens genauso wirksam wie die positive. Denn das Unterbewusstsein wird als treuer Diener das liefern, was dieser Mensch bestellt hat.

      Visualisierung führt zu einer Spirale, nach unten oder nach oben. Wir selbst bestimmen, in welche Richtung es geht. Unser Unterbewusstsein liefert, unser Körper reagiert. Haben Sie sich erzählt, was alles schiefgehen kann, wird Ihr Gesicht fahl werden, und Sie werden rote Augen bekommen oder Augenringe oder sogar dunkle Flecken – unser Körper ist clever und kreativ darin, sich selbst auszudrücken. Wenn Sie dann noch mit hochgezogenen Schultern herumdrucksend vor anderen Leuten stehen, haben Sie sich selbst unsicherer in ihrer Sache dargestellt, als Sie eigentlich sind.

      Durch die Meditation habe ich mein Unterbewusstsein auf Erfolg programmiert, darauf, dass die Dinge laufen wie gewünscht und dass die Menschen begeistert sind. Natürlich kommt es trotzdem immer mal wieder vor, dass die Dinge eben nicht so laufen, wie sie sollen. Vielleicht klappt die Telepathie zwischen den Gästen nicht, oder die Technik fällt aus. Zu Beginn meiner Karriere war ich dann genervt. Heute mache ich einfach weiter. Sage: »Petra und Peter6 haben alles richtig gemacht, meine Damen und Herren, die Telepathie hat nicht geklappt. Geben Sie den beiden bitte einen Riesenapplaus. Danke, Petra, danke, Peter. Da muss ich irgendetwas falsch gemacht haben.« Ich nehme es also auf meine Kappe, und das Interessante ist: Das Publikum vergisst ganz schnell wieder, was nicht funktioniert hat, wenn ich es nicht mehr anspreche. Das nennt man selektive Wahrnehmung. Wenn man diesen Effekt kennt, kann man auch als Bühnenperformer einiges lockerer nehmen.

      »Für mich ist Geld nicht die Definition von Erfolg. Erfolg ist, Menschen zu inspirieren.«

      Kanye West, *1977

      Rapper, Sänger, Musikproduzent und Modedesigner

      Manchmal spreche ich vor Tausenden Menschen. Das fühlt sich intensiv an und auch wahnsinnig gut. Kurz rast dann das Herz, aber ich liebe dieses Gefühl, weil es so lebendig ist. Ich liebe es, auf Bühnen zu stehen und Menschen zu begeistern. Sie wieder die Dinge mit Kinderaugen sehen zu lassen. Sie emotional abzuholen und ihnen die Möglichkeit zu geben, sich zu öffnen.

      Was für ein Unterschied zu meinen Anfängen auf der Bühne. Weil ich mich unsicher fühlte, stellte ich mir damals vor: Was mache ich, wenn die Leute sagen, es war schlecht? Wie fühlt sich das an? So schuf ich eine wahrhaft lebendige Vorstellung vom Scheitern. Das war schon fast eine Form der Selbstsabotage, denn solche Vorstellungen ziehen uns nach unten, wir finden die richtigen Worte nicht, und das gesamte körperliche und geistige System reagiert. Das Vokabular aus unserem Mund ist negativ gefärbt, irgendwie ist alles doof, vielleicht vergessen wir den Text oder haben zumindest Angst davor, ihn zu vergessen. Die Wahrscheinlichkeit, dass genau das passiert, steigt dabei. Wer mit einer solchen mentalen Haltung die Bühne betritt, steht dann eben auch körperlich komisch da, schief und krumm. Die Stimme wird anders, das System reagiert psychosomatisch. Unter Umständen schnürt es einem sogar die Kehle zu. Deswegen gilt auf der Bühne wie auch im Büro oder in anderen aufregenden Situationen: einfach mal machen. Reden Sie sich ein, dass die Leute Sie lieben werden. Das Lustige ist, sie tun es dann wirklich.

      Um bei anderen Leuten gut anzukommen, muss man nicht besonders schön, toll oder sonst irgendetwas sein. Oftmals sind es gerade die offen gezeigten Schwächen, die besonders verzaubern und mitreißen können. Weil jeder von uns Schwächen hat und deshalb auf irgendeiner Ebene in Resonanz dazu gehen kann. Wir lieben es, wenn jemand uns Mut macht. Wenn jemand uns wieder den Glauben daran schenkt, dass wir alles schaffen können, egal wie miserabel die Ausgangslage erst einmal aussieht.

      Ein weltweit berühmter Sprecher und Motivationsredner ist beispielsweise Nick Vujicic. Der Australier wurde 1982 ohne Arme und Beine geboren. Dennoch fährt er Skateboard, er surft, schwimmt, spielt Golf, ist Fallschirmspringer und reist um die Welt. Mittlerweile ist Nick auch stolzer Vater zweier Söhne und zweier Töchter, die er mit seiner umwerfend schönen Frau Kanae bekommen hat. Nick lebt ein wahrhaft erfülltes Leben.

      Jeder von uns hat Gepäck dabei, und jeder kann etwas darüber erzählen. Jeder von uns hat die Möglichkeit, andere Menschen mit einer ganz eigenen Story zu inspirieren. Dazu muss man oft erst einmal in sich gehen, schließlich sind die meisten von uns Meister im Verdrängen. Doch die Geschichten sind noch da und wirken im Hintergrund.

      Mein Freund Max, ebenfalls ein Keynote Speaker, erzählte einmal von seinem Vater. Max war etwa zwölf Jahre alt und saß mit seinem Bruder hinten im Auto. Sie fuhren an ein paar Skateboardparks vorbei, und Max rief aufgeregt: »Papa, Papa, können wir dahin? Ich will Skateboard fahren.« – »Ja, warum denn?«, fragte der Vater. »Das kannst du doch gar nicht.« Dieser Satz hat Max lange geprägt. Neues auszuprobieren und sich Dinge einfach mal zuzutrauen, fiel ihm lange schwer. Doch mittlerweile hat er den daraus entstandenen Glaubenssatz erkannt und aufgelöst. Mit dieser Geschichte spricht er so vielen Männern und Frauen aus der Seele. Es sind die alltäglichen Dinge, die unser Leben wesentlich in eine bestimmte Richtung steuern, wenn wir sie nicht hinterfragen. Und wir haben alle etwas erlebt. Sogar ziemlich viel.

      »Nicht Erfolg ist der Schlüssel zum Glück, sondern Glück ist der Schlüssel zum Erfolg. Wenn du gern tust, was du tust, wirst du auch erfolgreich sein.«

      Albert Schweitzer, 1875–1965

      Arzt, Philosoph, Theologe, Musikwissenschaftler

      KAPITEL 2

      DAS UNERKLÄRLICHE ERKLÄREN – GEHT DAS ÜBERHAUPT?

      Jede Sekunde senden unsere Sinne etwa elf Millionen Informations-Bits an unser Nervensystem. Bewusst werden uns davon nur 0,0004 Prozent. Denn mehr als 40 Bits kann unser Verstand nicht auf einmal bewältigen. Unser Verstand ist nämlich ein bisschen wie ein behäbiger Bürokrat. Er schaut sich alles ganz genau an, manchmal aber auch erst, nachdem ein Antrag auf Prüfung mehrmals gestellt wurde. Für blitzschnelle Entscheidungen ist diese Arbeitsweise unbrauchbar. Deshalb treffen wir Entscheidungen zum Beispiel beim Autofahren hauptsächlich aus dem Bauch heraus. Denn unsere Intuition beantwortet Fragen mit einem Wimpernschlag, binnen 200 Millisekunden.

      Das Unterbewusstsein entlastet uns zudem von der bewussten Verarbeitung aller Sinneseindrücke, die gerade nicht sonderlich relevant sind. Stellen Sie sich mal vor, Sie müssten ständig bewusst an den Druck des Stuhls unter Ihnen denken, an das Gefühl der Armbanduhr und an die wechselnden Lichtverhältnisse draußen, wenn die Wolken vorbeiziehen. Und an Millionen andere Dinge gleichzeitig.

      Wir könnten kaum einen klaren Gedanken fassen, würden uns wahrscheinlich schon eine halbe Stunde nach dem Aufstehen urlaubsreif fühlen. Auf jeden Fall könnten wir unsere eigentlichen Aufgaben wesentlich langsamer bewältigen. Damit wir gut vorankommen, übernimmt unser Unterbewusstsein den überwiegenden Teil der Wahrnehmungs-, Informations- sowie Gedächtnisprozesse, damit wir in jeder Situation auf passende Gedächtnisinhalte schnell zugreifen können. Gleichzeitig steuert es noch unsere Motorik, sodass wir nicht darüber nachdenken müssen.

      Wie mühselig es ist, wenn man das doch tun muss, weiß jeder, der schon einmal in einem Tanzkurs ein paar neue Schritte gelernt hat. Irgendwann sinken die Inhalte ins Unterbewusstsein, und plötzlich geht es scheinbar ganz von allein. Sogar beim Sprechen denkt wohl kaum jemand darüber nach, wie er gerade die Zunge, Lippen und Kiefer bewegt, um ein Wort oder ganze Sätze herauszubekommen. Das alles macht das Unterbewusstsein für uns. Alles, was geht, versucht unser Gehirn, möglichst zu automatisieren. So schafft es Platz für Neues im Bewusstsein und kann die automatisierten Prozesse effizienter bearbeiten. Sogar die Deutung eines Wortes oder einer Situation findet im Regelfall im Unterbewusstsein statt. Das ist die Krux an der Geschichte. Manchmal speichern wir Bedeutungen ab, die nicht ganz passend sind, zumindest nicht für jede ähnliche Situation im Leben.

      Während unser bürokratisches Bewusstsein immer nur eins nach dem anderen abarbeitet, greift unser Unterbewusstsein auf Bilder von Szenen zu, die wir schon einmal erlebt haben. Wie eine riesige Foto- und Videosammlung liegen diese in unserem körpereigenen Speicher und werden zum Abgleich herangezogen. Das Unterbewusstsein sucht dabei gezielt nach Mustern, die der aktuellen Situation möglichst ähneln.


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