Hochsensibel Was tun?. Sylvia Harke

Hochsensibel Was tun? - Sylvia Harke


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Menschen kennen und schloss viele Freundschaften. Auf Partys beobachtete ich, dass ich unter Menschen schnell angespannt war, meine Unsicherheit begleitete mich. Das theoretische Lernen war für mich nie das Problem, doch im Umgang mit Beziehungen war ich weiterhin sehr unsicher und schüchtern.

      1999 wusste ich, dass ich nicht einfach so weiterstudieren könnte, ohne Selbsterfahrung zu machen. Also schrieb ich mich für eine Ausbildung für Atemtherapie in Berlin ein. über ein Jahr lang fuhr ich regelmäßig in die Hauptstadt. Seit dieser Zeit beschäftige ich mich ebenfalls mit dem Thema Geburtsprägung. Dazu schreibe ich an anderer Stelle in diesem Buch mehr. Ich fand Zugang zu meinen verschütteten Gefühlen von Trauer, Einsamkeit, Schmerz, gleichzeitig aber auch zu meiner Lebensfreude. Dadurch lernte ich, mich tiefer auf Beziehungen einzulassen. Von da an konnte ich erste Erfahrungen in Kurzbeziehungen mit Männern sammeln, aber die ersehnte stabile Beziehung ließ noch auf sich warten. Im Nachhinein würde ich sagen, dass ich mich besonders von hochsensiblen Männern angezogen fühlte. Das Studium ging vorüber, und ich machte ein halbjähriges Praktikum an einer psychosomatischen Klinik in Kassel. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich noch Mühe, mich richtig von anderen Menschen abzugrenzen.

      2001 beendete ich mein Studium. Ich war 23 Jahre alt und hatte viele Ideen im Kopf, was ich beruflich machen könnte. Meine künstlerische Veranlagung, die ich von meinem Vater geerbt hatte, machte sich Luft, ich träumte von einem zweiten Studium in der Kunst, was ich jedoch nicht umsetzte. Schon immer hatte ich eine starke kreative Ader gehabt, die ich durch die Arbeit mit dem Buch „Der Weg des Künstlers“ von Julia Cameron immer weiter ausbaute. Ich malte mit Acryl, auf Seide, gestaltete Mandalas und schrieb an einem fragmentarischen Roman. Gleichzeitig wollte ich therapeutisch arbeiten, war allerdings wesentlich zu jung, entsprechend erhielt ich lauter Absagen aus Kliniken.

      2002, nach zahlreichen frustrierenden Absagen auf meine Bewerbungsbemühungen hin (eine Karriere an der Uni kam für mich nicht infrage), erhielt ich ein Jobangebot am Bodensee. In einem Sozialprojekt für jugendliche Schulabgänger ohne Ausbildung startete ich meine berufliche Laufbahn als Psychologin. Ich musste mich allerdings dafür von meiner liebgewonnenen neuen Heimat Magdeburg verabschieden und begann ganz neu in Baden-Württemberg. Es folgten einige Jahre am schönen Bodensee.

      2003 lernte ich meinen heutigen Ehemann Arno kennen – endlich erfüllte sich mein Traum von einer stabilen, liebevollen Beziehung mit einem Partner. Auch mein Mann ist hochsensibel, wie sich später herausstellte. Zu diesem Zeitpunkt lebte ich in Konstanz. Das Wasser hat bis heute eine beruhigende Wirkung auf meine Nerven. Kurz nach unserem Kennenlernen starb mein Vater überraschend im Alter von 52 Jahren. Seit meinem 20. Lebensjahr hatte ich wieder eine Beziehung zu ihm aufbauen können. Ich verlor ihn ein zweites Mal, der Schmerz brauchte ein Jahr, bis ich ihn richtig realisieren konnte. Durch eine mystische Erfahrung im Zug drei Tage vor seinem Tod mit einem unbekannten Mann, der mich an meinen Vater erinnerte, war ich auf seltsame Weise vorgewarnt. Ich begann daher, mich noch intensiver mit Naturheilkunde zu beschäftigen, und vertiefte meine Studien zu ganzheitlichen Heilmethoden. Meine spirituelle Suche führte mich immer tiefer zu mir selbst, ich besuchte Seminare in den Bereichen Tanz, Gesang, Familienaufstellungen, Atemtherapie, NLP, Bindungspsychologie und Schamanismus.

      2007 heiratete ich Arno. Im selben Jahr veröffentlichte ich ein Kinderbuch mit eigenen Illustrationen.

      2004 bis 2010 war eine turbulente Zeit mit wechselnden Phasen von selbständiger und angestellter Tätigkeit in verschiedenen sozialen Projekten mit Kindern, Eltern, Arbeit im Bereich Karriere- und Bewerbungscoaching sowie in Grafikdesign. Irgendwie hatte ich mir den Zugang zur kindlichen Welt bewahrt, denn in meiner Arbeit mit Kindern stellte ich immer wieder fest, dass ich einen sehr guten Draht zu ihnen hatte. Diese unterschiedlichen Einsatzbereiche meiner Berufstätigkeiten brachten mir eine Fülle an Erfahrungen, die meine heutige Arbeit auf ein breites Fundament stellen. Durch verschiedene Fortbildungen in den Bereichen Entwicklungs- und Bindungspsychologie nach Gordon Neufeld sowie die Lektüre zahlreicher weiterer Bücher konnte ich meine eigene Spezialisierung in der Psychologie finden.

      2010 las ich das Buch „Zart besaitet“ von Georg Parlow und fand mich sofort in der Beschreibung wieder. Lustig fand ich auch, dass ich bei der Berufsbeschreibung von Georg Parlow ein ebenso breites Spektrum wie bei mir fand, was mich wiederum beruhigte, denn ich war innerlich schon sehr frustriert, weil ich mich aufgrund meiner zahlreichen Talente und Interessen lange Zeit nicht auf eine Berufssparte hatte festlegen können und wollen und schon befürchtet hatte, beruflich daran zu scheitern.

      2011-2014, nach vielen Experimenten in meinem Berufsleben, arbeitete ich in einer Eltern-Kind-Klinik als Bezugstherapeutin, in der ich sehr viele Erfahrungen und positive Bestätigung für mein therapeutisches Vorgehen sammeln konnte. Von 2012 bis 2014 schrieb ich parallel an dem vorliegenden Buch. Im Mai 2014 wurde es veröffentlicht. Der Erfolg des Buches ist ein unbeschreiblich schönes Gefühl. Viele Leser fühlten sich durch es bestätigt, ermutigt und gestärkt. Ich bin sehr dankbar für diese Erfahrungen.

      Seit 2015 arbeite ich wieder freiberuflich in meiner Privatpraxis mit hochsensiblen Klienten und deren Kindern. Neue Buchprojekte nehmen ihren Lauf und ich experimentiere weiterhin damit, einen gesunden Wechsel aus Anforderung, Rückzug und Erholung in meinem Alltag zu etablieren.

      Wenn ich heute auf mein bisheriges Leben zurückblicke, sehe ich, dass ich durch frühe Verluste und immer wiederkehrende Veränderungen im Leben geradezu gezwungen wurde, mich mit den tieferen Fragen des Lebens auseinanderzusetzen. Mein Psychologiestudium war der Beginn einer Suche nach mir selbst und dem Sinn des Lebens. Mit einer weniger turbulenten Biografie in der Kindheit hätte ich sicherlich Kunst studiert, doch manchmal gibt uns das Leben Rätsel auf, die wir einfach lösen müssen. Dazu gehört für mich die Psychologie. Es fasziniert mich noch heute, in diesem spannenden Feld weiter zu forschen. Immer wieder entdecke ich interessante Details, die sich wie Puzzlestücke in ein größeres ganzes Bild einfügen lassen. Heute weiß ich, dass sich meine Hochsensibilität schon früh gezeigt hat.

      Ich schreibe dies alles, um Ihnen zu zeigen, dass ich nicht einfach eine Theoretikerin bin, die auf den fahrenden Zug eines Trends aufspringt und noch ein Buch über Hochsensibilität schreibt, sondern dass ich zu der Kategorie der „verwundeten Heiler“ gehöre, die selbst schon Höhen und Tiefen im Leben erfahren haben. Es ist mein persönlicher Zugang zum Thema, mit dem ich dieses Buch für Sie lebendig werden lasse. Ich bin überzeugt, dass jeder hochsensible Mensch eine oder mehrere Begabungen hat, die mit diesem So-Sein im Zusammenhang stehen. In diesem Buch wird es nicht darum gehen, dass ich Ihnen zeige, wie Sie sich an die Masse anpassen können. Wer danach strebt, wird hier keine Hilfe finden, da ich dieses Ziel nicht für erstrebenswert oder gar hilfreich halte. Dieses Buch möchte Sie vielmehr darin begleiten, ganz Sie selbst zu werden. Den Weg der Individuation, auf dem ein Mensch das wird, was die Natur ihm als Potenzial in die Wiege gelegt hat, finde ich viel spannender. Jeder Quantensprung in der Entwicklung der Menschheit oder in einzelnen Familien wird immer durch Individuen verursacht, die sich trauen, ausgetretene Pfade zu verlassen, auf ihre innere Stimme hören und mutig ihr Potenzial entfalten.

      Skeptische Fragen aus dem Publikum

      Wenn Sie jetzt noch nicht wissen, ob dieses Buch etwas für Sie ist, dann lesen Sie doch einfach folgende typische Fragen von anderen Leserinnen und Lesern. In kurzen Antworten gebe ich Ihnen hier noch wichtige Informationen zum Buch.

      F: Woher weiß ich, ob ich mir meine Hochsensibilität nicht einfach nur einbilde?

      A: Im Kapitel 2 finden Sie einen Test, mit dem Sie herausfinden können, ob Sie hochsensibel sind. Im Grunde genommen können Sie es spüren, ob Sie zur Gruppe der Hochsensiblen gehören, einfach, indem Sie auch die Beschreibungen lesen.

      F: Was bringt mir das Umsetzen der Übungen aus dem Buch?

      A: Viele Hochsensible wünschen sich, entweder die Hochsensibilität loszuwerden, damit sie endlich „normal“ leben können, oder sie hoffen auf eine Art Wunder, damit sich alles über Nacht zum Guten wendet. Nachdem ich einige Jahre den „Psychomarkt“ beobachtet habe, konnte ich feststellen, dass häufig Methoden kommerziell am erfolgreichsten sind, die von den Lesern selbst nichts abverlangen – außer den Glauben und das Vertrauen darauf, dass es wirkt. Die Wahrheit


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