Tränen einer Braut: 3 Romane. G. S. Friebel
Liebhaber, musst du wissen.«
»Nein«, gurgelte sie und wich bis zur Wand zurück. Zugleich versuchte sie, mit den Händen ihre Blöße zu bedecken.
»Was denn?« Er runzelte die Stirn.
»Bin ich dir vielleicht widerlich?« Er knurrte wie ein böser, gereizter Bernhardiner.
»Nein, nein«, stammelte sie.
»Was ist es denn? Los, sag’s schon.«
»Ich habe das noch nie getan.«
Jetzt war das Starren auf seiner Seite. Albert wollte seinen Ohren nicht trauen.
»Du bist verrückt!«, sagte er lachend. »Auf die Masche fall ich nun wirklich nicht rein. Du bist ein lecker Püppchen und bevor dich die anderen vernaschen, will ich mein Vergnügen mit dir haben.«
Ehe Elvira sich’s versah, hatte er sie schon gefasst und warf sie aufs Bett. In den Liebesbeziehungen war Albert ziemlich rasch. Hauptsache, ihm machte es Spaß, ob die Frauen Spaß hatten, kümmerte ihn überhaupt nicht. Außerdem hatte er bis jetzt ausschließlich mit Dirnen verkehrt, und die kannten es nicht anders und muckten auch nicht auf.
Gegen seine Bärenkräfte kam Elvira nicht an. Und als er sie nahm, tat es so schrecklich weh, dass sie laut aufschrie und fast ohnmächtig wurde. Abrupt hörte Albert auf und schaute sie sprachlos an. Dann murmelte er verwirrt:
»Es stimmt ja tatsächlich. Du bist ja wirklich noch eine Jungfrau!«
Elvira hatte das Gesicht ins Kissen gedrückt und wimmerte leise vor sich hin.
»Hör endlich auf! Das legt sich bald«, sagte er barsch. Aber irgendwie tat ihm die Kleine dann doch leid. »Morgen kaufe ich dir ein neues Kleid, ehrlich.«
So freigiebig war er noch nie zu einem Mädchen gewesen. Aber schließlich war sie auch keine Dirne. Und plötzlich war er mächtig stolz darauf, dass er auch mal der Erste gewesen war.
Er gab ihr einen gutmütigen Klatsch auf ihr rundes, nacktes Hinterteil.
»So, jetzt schlaf mal. Das nächste Mal, das verspreche ich dir, da wird es nicht mehr weh tun. Bald wirst du jauchzen vor Spaß. Ich bin nämlich ein toller Liebhaber, musst du wissen.«
Bevor das Mädchen überhaupt etwas darauf antworten konnte, ging die Tür hinter ihm zu. Verwirrt und geschockt lag sie da und wusste nicht, was sie denken sollte. Aber dann überfiel sie die Müdigkeit und sie schlief apathisch ein.
10
Es war wieder später Mittag, als sie endlich in die Küche kam. Ihre Gefühle waren seltsam. Stumm hockte sie am Tisch und dachte nach. Liebte Albert sie nun wirklich oder nicht?
Kaum hatte der Koch ihr das Essen vorgesetzt, da erschien der Wirt. Er trug ein längliches Paket unter dem Arm, sah Elvira kurz an und sagte: »Hier ist das versprochene Kleid.«
Atemlos sah sie zu, wie er es auspackte. So etwas Duftiges und Gewagtes hatte sie im Leben noch nicht getragen.
»O Albert!«, rief sie und flog ihm um den Hals. »Ich liebe dich ja so sehr!«
»He, nicht so stürmisch«, brummte er.
»Du liebst mich doch auch, nicht wahr?«
Er machte ein erstauntes Gesicht. Liebe, das Wort kannte er nun wirklich nicht. Die Kleine hatte ihm nur irgendwie leidgetan.
»Ich tu ja alles, was du willst«, hauchte sie hingegeben. So schnell hatte Elvira nicht damit gerechnet, dass Albert sie lieben würde.
»Na, das ist ja prächtig«, sagte er rasch. »Dann arbeite du man schön weiter.«
»Waaas?«, rief sie enttäuscht. »Hier in der Küche willst du mich lassen? Aber, Albert, ich möchte in deiner Nähe bleiben, immer. Kannst du das nicht begreifen?«
Albert war dreißig Jahre alt und kannte das Leben nur von der hässlichen Seite. Die Anbetung des Mädchens kam ein wenig überraschend. Oberhaupt, was hatte er sich da nur eingebrockt? Aber dann sagte sein Instinkt: Es ist ein hübscher Käfer und der wird umsonst für mich schuften. Musst nur ein wenig nett zu ihm sein. Und wenn du seiner überdrüssig bist, dann lässt du ihn als Biene laufen. Auf alle Fälle hast du sie dann angelernt und sie wird kuschen.
So war er jetzt mit seinen Antworten etwas vorsichtig und sagte nur: »Die Bullen sind im Augenblick sehr scharf. Ich kann das nicht riskieren. Später.«
Elvira machte einen Schmollmund. Als Einzelkind hatte sie bisher auf diese Art immer ihren Willen durchsetzen können, das heißt, wenn der Wunsch nicht zu unsinnig war.
»Was heißt später?«, fragte sie gedehnt.
»Ich bleibe nicht immer in dieser mistigen Bude hängen«, sagte er. »Bald werde ich die beste Bar haben, und man wird sich um einen Platz reißen. Du wirst schon sehen. Alles wird schick sein, mit Plüsch und Polster, Kristalllüstern und feinem Geschirr. An nichts wird es fehlen, und dann kannst du an der Bar bedienen, Elvira. Du wirst schon sehen, das ist der richtige Platz für dich. Ich werde dir tolle Abendkleider kaufen, und die Männer werden in Scharen kommen, nur um dich zu sehen.«
Sie sah ihn mit ihren großen Kulleraugen an.
»Aber Albert, ich liebe dich ich will keine anderen Männer.«
»Närrchen!«, sagte er verächtlich. »Natürlich sollst du nicht mit ihnen schlafen, sie nur anlocken. Es sei denn, sie bieten einen hohen Preis.«
Elvira verstand nur, dass ihr Albert ganz hoch hinauswollte. Und bestimmt würde er sich dann auch einen todschicken Wagen zulegen. Mit dem würden sie dann nach Hause fahren. Instinktiv sehnte sie sich, genau wie es damals ihre Mutter getan hatte, nach einer guten Existenz und nach Geborgenheit.
»Dann sind wir also jetzt so gut wie verlobt?«, jubelte sie.
»Nenn es, wie du willst«, sagte er lachend und verließ die Küche.
Die ganze Zeit hatte Lie-San im Hintergrund gearbeitet. Er hatte alles mitbekommen. Jetzt kam er näher, sein Gesicht war wie immer ausdruckslos.
»Geh zurück nach Hause«, sagte er jetzt. »Du rennst in dein Unglück.«
Lachend um wirbelte Elvira ihn. »Jetzt soll ich zurückgehen? Bist du verrückt! Wo ich jetzt mit Albert verlobt bin?«
11
Sie hätte noch vieles zu diesem Thema gesagt, wenn in diesem Augenblick nicht die Pendeltür aufgestoßen worden wäre und zwei Mädchen die Küche betreten hätten.
Elvira hörte mit dem Tanzen auf und starrte die beiden an. Sie sahen alt und verlebt aus.
»Was wollt ihr denn?«, fragte sie hochmütig, denn jetzt hatte sie ein Recht, so zu reden. Sie war ja Alberts Verlobte!
»Die wollen nur ihr Essen«, sagte Lie-San ruhig. Damit schob er ihnen einen randvoll gefüllten Teller zu. Schweigend saßen sie an der Ecke des großen Tisches und schaufelten das Essen in sich hinein. Ihre zotteligen Haare hingen ihnen ins Gesicht, aber sie schienen sich nicht darum zu kümmern. Elvira hätte sich am liebsten die Nase zugehalten. Sie begriff Lie-San nicht, der doch sonst so für Sauberkeit war. Wahrscheinlich hatte er mit den Bettlerinnen Mitleid, etwas anderes konnten die beiden unmöglich sein.
Anke sah Elvira kurz an, dann wandte sie den Kopf und rief nach dem Koch. »Albert hat uns auch Schnaps versprochen! Ich seh ihn nicht!«
»Nur, wenn ihr alles aufgegessen habt«, sagte er streng.
Sie schimpften. Aber Lie-San wusste ganz genau, echte Säuferinnen wollten nur was zu trinken haben, nichts zu essen. Und so würde es nicht lange dauern, bis sie endgültig am Boden zerstört waren. Solange sie in seiner Küche zu essen bekamen, würde er dafür sorgen, dass sie eine anständige Unterlage hatten. Obwohl Albert ihm gesagt hatte, den beiden genügten auch Abfälle. Die wären wie Tiere und würden alles essen.
Sie