Extra Krimi Paket Sommer 2021. A. F. Morland

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      Energisch drehte sie sich zu ihm um und Schönborn blinzelte wie ein ertappter Sünder. Dass sie ihn auf diese Weise nach seiner Meinung fragte, gefiel ihm nur mäßig, aber vor einer Antwort konnte er sich nicht drücken: »Klar, warum nicht.«

      »Also dann, Herr Rogge.«

      »Angelika Vogt. Monika Ziegler. Andrea Wirksen. Gertrud Leiwen. Johann Thelen. Benno Brockes. Anton Lohse. Olli.« Bei jedem Namen hatte sie nur den Kopf geschüttelt, doch bei dem Namen Olli kicherte sie: »Olli kenne ich.«

      »Und wer ist das?«

      »Seinen richtigen Namen weiß ich nicht. Olli kommt jeden Tag vorbei und holt sich altes Brot und altes Gebäck. Ein Stadtstreicher. Olli liebt Mürbeteilchen mit Vanillecreme und Kirschen. Manchmal kann er sie sogar kaufen, aber meistens bittet er sehr höflich darum, dass man ihm eins schenkt.«

      Auch Schönborn schmunzelte, aber weniger über Olli als über ihre Lebhaftigkeit.

      »Nur Vanille mit Kirschen. Andere Teilchen lehnt er sehr höflich, aber entschieden ab.«

      »Wenn man das Beste nicht kriegen kann, verschmäht man oft das Gute.«

      »Das muss ich Olli beim nächsten Mal verklickern. Er benimmt sich, als sei er ein gebildeter Mann, und sein Hund sitzt sehr brav draußen vor der Tür und wartet.«

      »Den Olli meinte ich leider nicht. Bei den anderen Namen regt sich nichts?«

      »Gar nichts.«

      »Schade.« Rogge sah Inge Weber nachdenklich an. »Dann muss ich weiter herumsuchen.«

      »Das heißt, mein Fall wird immer noch nicht abgeschlossen?«

      »Nein.« Weil ein Schatten über ihr Gesicht flog, hielt Rogge inne. »Ist etwas, Frau Weber?«

      »Warum lassen Sie mich eigentlich überwachen?«

      »Wie bitte?«, gab Rogge erstaunt zurück. »Überwachen?«

      »Sie haben doch Männer abgestellt, die mich bewachen oder beschatten sollen - oder wie immer man das nennt.«

      »Nein. Wie kommen Sie denn darauf?«

      »Weil mir heute wieder so einer nachgefahren ist.«

      »Das verstehe ich nicht.«

      Sie starrte ihn an und ballte zornig die Fäuste. »Ich komme direkt vom Geschäft. Mit dem Fahrrad. Und die ganze Zeit ist ein Mann hinter mir hergeradelt. Bis hier vors Haus.«

      »Das muss ein Zufall sein.«

      »Von wegen Zufall! Erst einmal habe ich den Mann schon früher bemerkt, wie er hinter mir herschlich. Dann ist uns heute außerdem wieder ein Auto gefolgt, das parkt unten neben der Einfahrt. Nix Zufall, Herr Rogge.«

      Besorgt trat er einen Schritt vor: »Frau Weber, ich habe keine Überwachung angeordnet.«

      »Wer denn dann?«

      Unwillkürlich blickte er zu Schönborn, der sofort schaltete: »Ich auch nicht, Herr Rogge. Kein Leibwächter, kein Privatdetektiv. Inge hat mich schon danach gefragt.«

      Wollte Inge Weber ihn auf den Arm nehmen? - Nein, so viel Verstellung traute er ihr nicht zu und warum sollte Schönborn jetzt lügen? Da stimmte doch was nicht.

      »Ich werde mir das Auto und diesen Fahrradfahrer einmal ansehen.«

      »Tun Sie das! Und schicken Sie beide zum Teufel!« Sie fauchte vor Erregung, sehr zu Schönborns Unbehagen.

      »Wenn ich die Auffahrt runtergehe, sehen mich die beiden. Gibt es eine andere Möglichkeit, das Grundstück zu verlassen?«

      »Das Törchen neben dem Gerätehaus«, schlug Inge Weber vor und Schönborn rieb sich das Kinn: »Ja, wenn wir bei Dembuschs - Moment, ich muss mal telefonieren.«

      Schönborn ging rasch aus dem Zimmer und Inge Weber betrachtete Rogge, als wolle sie ihm noch nicht trauen. Sie besaß Temperament, auch ein gerüttelt Maß an Aggressivität, und wenn sie zornig geworden war, dachte sie nicht daran, aus lauter Höflichkeit mit ihrer Meinung hinter dem Berg zu halten. Rogges prüfendem Blick hielt sie ohne Verlegenheit stand. Jeans, Sweatshirt, Sandalen mit hohem Absatz: eine ganz normale junge, selbstbewusste Frau, der nicht anzusehen war, dass ihr die Vergangenheit fehlte.

      »Was schauen Sie mich so an? Gefalle ich Ihnen nicht?«

      »Doch, Sie gefallen mir schon«, besänftigte Rogge. »Aber Sie bereiten mir auch Kummer.«

      »Ich hab Sie nicht gebeten, mir zu helfen.«

      »Nein, das hat mein Vorgesetzter angeordnet und der will Ihnen nicht helfen, sondern endlich eine Akte schließen.«

      »Also bin ich nur ein Aktenzeichen für Sie?«

      »Für mich nicht, für den Apparat, in dem ich arbeite - ja.«

      »Sehr tröstlich«, knurrte Inge, aber ihr Zorn verrauchte.

      Schönborn kam zurück. »Ich hab mit unseren Nachbarn telefoniert. Wir könnten über deren Grundstück auf die Straße gelangen. Ein Haus weiter.«

      »Okay, dann machen wir das mal.«

      Zu dritt verließen sie das Haus über die Veranda und marschierten quer durch den Garten, der immer noch gepflegt aussah, aber in den Jahren seit Miriams Tod düsterer, dichter geworden war; Rogge erhaschte einen verhangenen Blick, Schönborn hing ähnlichen Gedanken nach. Direkt am Zaun, von der Villa aus nicht zu sehen, stand ein Häuschen für die

      Gartengeräte und am Tor zum Nachbargrundstück wartete bereits eine rothaarige Frau, die ihre Neugier nur schwer zügeln konnte.

      »Christine Dembusch, unsere Nachbarin«, stellte Schönborn vor und sie schüttelte Rogge begeistert die Hand, Ein richtiger Kommissar, wie aus dem Fernsehen.

      »Ich gehe mit. - Nein, du schließt hinter uns ab und gehst ins Haus zurück! Und da bleibst du auch!« Mit diesem Schönborn hatte Rogge früher zu tun gehabt, höflich, fast besorgt im Ton, aber eisenhart, und Inge Weber fügte sich.

      »Tschüss, Herr Rogge.«

      »Tschüss, und ein schönes Wochenende.«

      Das Dembusch-Haus lag wie Schönborns Villa auf der Kuppe der kleinen Höhe und die Auffahrt mündete etwa achtzig Meter entfernt. Auf der Straßenseite wuchsen alte Bäume, die Sichtschutz boten. Wenn der Radfahrer nicht längst das Weite gesucht hatte ...

      Schweigend stürmten sie durch das Haus, Als Rogge sich bei Christine Dembusch bedankte, hüstelte sie: »Keine Ursache, für Inge tun wir doch alles ...«

      Während die Männer zur Einfahrt hinunterliefen - das ferngesteuerte Tor glitt schon zur Seite -, warnte Rogge: »Das ist meine Aufgabe, Herr Schönborn.«

      »Nein, Nur zu Hälfte. Niemand belästigt meine Partnerin.«

      Langsam bogen sie von der Einfahrt in die Straße ein und bummelten wie zwei alte Bekannte auf den Eingang von Schönborns Villa zu. Vor der Einfahrt parkte tatsächlich ein Wagen, in dem ein Mann hinter dem Steuer saß, doch ein Fahrradfahrer war breit und breit nicht zu erkennen.

      »Was will der Kerl da?«, knurrte Schönborn,

      »Vielleicht holt er nur jemanden ab«, versetzte Rogge trocken.

      Ein dunkelroter Opel, Kennzeichen GG-KL 2521. Ob der Fahrer gewohnheitsmäßig alle zwanzig Sekunden in den Rückspiegel schaute?

      »Und was machen wir jetzt?«, drängte Schönborn.

      »Gar nichts, wir spazieren gemeinsam an dem Wagen vorbei und kehren nach hundert Metern um. Dann verabschieden Sie sich.«

      »Zu gerne würde ich ...«

      »Nein! Es ist nicht verboten, in seinem Auto zu sitzen und zu warten. Oder ist hier Halteverbot ausgeschildert?«, setzte Rogge nach


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