FILM-KONZEPTE 61 - Jonas Mekas. Ann-Christin Eikenbusch

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Publizist und Filmemacher John Grierson Ruttmanns Werk als Antithese zu seiner Definition des Dokumentarischen.14

      Indem Mekas seiner eigenen Arbeit das Etikett Kunst versagte, betonte er indirekt ihren dokumentarischen Wert. Zugleich nahm er es aus der Schusslinie jener, deren Beruf es ist, Kunst kritisch zu hinterfragen und zu bewerten (wie der Autor Mekas es tat). Mekas war seit seinen Anfängen ein ausgesprochen scharfzüngiger Kritiker, was seinen frühen Village-Voice-Artikeln eine besondere Aufmerksamkeit verschaffte. Anders als viele Filmkritiker, die später Filmemacher wurden – wie etwa François Truffaut, Claude Chabrol, Lindsay Anderson, Peter Bogdanovich, Bertrand Tavernier oder Hans-Christoph Blumenberg –, tauschte er nicht einen Beruf gegen einen anderen. Er verstummte nicht als Kritiker, und auch als er nicht mehr schrieb, hielt er sich mit seinem Urteil über die Werke von Kollegen nicht zurück.

      Ohnehin verstanden sich Mekas’ Filmkritiken selten als Betrachtungen von Einzelwerken. Vielmehr lesen sich seine Texte als Bausteine zu einer programmatischen Absicht, seine Idee des Unabhängigen Films in Opposition zur bisherigen US-amerikanischen Experimentalfilmszene zu etablieren. Als Kurator (das Wort lehnte er ebenfalls ab) oder Programmierer der 1962 gegründeten Film-Makers’ Cooperative gab er diesen Ideen eine dauerhafte Präsenz im New Yorker Kinoleben.

      Die Überzeugung, selbst kein Künstler zu sein, hinderte ihn nicht daran, in den letzten beiden Jahrzehnten seines Lebens mit zahlreichen Museumsausstellungen für seine Werke ein weiteres Dispositiv zu erobern, den Kunstkontext. Auch auf dem kommerziellen Kunstmarkt war Mekas plötzlich gefragt. Im Jahr 2010 verklagte er den New Yorker Galeristen Harry Stendhal, weil dieser mit Mekas’ Fotoarbeiten eine Restaurantrechnung von 90.000 Dollar bezahlt hatte – ohne ihn am Verkauf zu beteiligen (man einigte sich 2014 außergerichtlich). In der Berichterstattung der New York Post lagen die Sympathien klar bei Mekas, der von einem der reichen Galerie-Besitzer in Chelsea zur Finanzierung des extravaganten Lebensstils betrogen worden sei. Eine Sammlung von 40 Elvis-Presley-Stills sei an den Luxus-Gastronomen Giuseppe Cipriani gegangen.


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