Fußball Skills entwickeln. Peter Prickett
verteidigen ist genauso wichtig wie anzugreifen. Wenn ein Spieler nicht 1 gegen 1 verteidigen kann, macht er sich und alle anderen angreifbar. Er ist das schwache Glied in der Kette, an dem der Gegner ansetzt. Dann heißt es nicht mehr 5 gegen 5 oder 11 gegen 11; das Spiel verläuft 4 gegen 5 oder 10 gegen 11. Nicht jede zahlenmäßig ausgeglichene Aufstellung ist auch eine.
1-gegen-1-Situationen muss man variieren, um die Spielbedingungen zu simulieren. Nicht bei jedem 1 gegen 1 sieht man dem Gegner ins Auge. Manchmal folgt er einem auf den Fersen, manchmal kommt er von der Seite, manchmal steht einem kein Verteidiger, sondern der Torwart gegenüber. Variationen erhöhen die Zahl der Entscheidungen, die ein Spieler fällen muss, und die der Einschränkungen, mit denen er umgehen muss. Soll er nach dem ersten Ballkontakt das Tempo anziehen, um durch eine Öffnung vor ihm durchzubrechen? Oder Haken schlagen, bis er den Gegenspieler aus der Fassung bringt und dann seitwärts ausbrechen? Oder den Ball so oft verlagern, bis sich eine Schussmöglichkeit ergibt? Die Entscheidungen des Angreifers beeinflussen auch den Verteidiger. Manchmal manövriert er den Verteidiger in eine ungünstige Position, es kann aber auch andersherum laufen.
Warum halten wir uns so lange beim 1 gegen 1 auf, wenn das Buch doch vom 3 gegen 3 handelt, und warum konzentrieren wir uns nicht auf 1 gegen 1? Weil ein zentrales Moment beim 1 gegen 1 fehlt: die Entscheidung darüber, wann man einen Pass spielt. Ohne diese Möglichkeit fehlt dem Dribbler eine Reihe von Aktionen in seinem Repertoire. Abgesehen von der Unfähigkeit zum Passspiel an sich wäre der Spieler auch nicht in der Lage, einen Pass vorzutäuschen. Wie ließe sich ein Verteidiger in die Irre führen, wenn keine Mitspieler da sind, denen ein potenzieller Pass gelten könnte? Welchen Sinn hätte ein angetäuschter Pass in einem Übungsspiel ohne Tore? Natürlich soll der Spieler lernen, es mit einem Gegner aufzunehmen, aber irgendwann sollte die Realität in die Übung Einzug halten.
Der logische Fortschritt führt zum 2 gegen 2 und gewöhnlich zum 4 gegen 4 und 5 gegen 5.
So habe ich es früher gemacht und sogar zahlreiche Übungen dafür ausgearbeitet. Nach einigen Wochen 2 gegen 2 erkannte ich gewisse Probleme. In diesen Situationen fehlte die Dynamik. Das Spiel verlief meist horizontal, manchmal in einer versetzten Linie. Echte Möglichkeiten zu einem Sprint ohne Ball eröffneten sich kaum, während das Spiel Mann gegen Mann die meiste Zeit funktionierte. Für ein dynamisches und realitätsnahes Umfeld brauchte man also einen zusätzlichen Spieler.
Jedes Kind weiß, dass man aus drei Spielern leicht ein Dreieck bilden kann. Beim Passspiel ist das Dreieck optimal (streng genommen eigentlich die Raute, je nachdem, ob der Trainer eine Raute als ein Viereck ansieht oder als zwei Dreiecke). Der ballführende Spieler hat immer zwei Optionen, was die Zahl der möglichen Spielzüge im Angriff erhöht und die Aufgabe der Verteidiger erschwert. Durch die Verschiebung der Ecken des Dreiecks legt man sich zudem leichter auf eine bestimmte Formation fest. Soll ein Team mit zwei Spielern vor dem Tor verteidigen oder nur mit einem? Wie reagiert der Gegner darauf? Für die Offensive gilt das Gleiche. Schicken wir zwei Spieler weit nach vorne oder nur einen als Mittelstürmer? Die Entscheidung beeinflusst die Aktionen im Spiel. Im einen Fall kommen mehr Vorwärts-, Rück- und Steilpässe zum Tragen, im anderen kommt das Hinterlaufen öfter vor. Diese Aufstellung eröffnet Spielern Möglichkeiten, um mit einem Dribbling oder Pass durchzubrechen, die beim 2 gegen 2 nicht existierten.
Diese Vorteile des 3 gegen 3 zeigen sich auch im Vergleich zum 4 gegen 4 oder 5 gegen 5. Gerade in diesen anspruchsvolleren Varianten kommen manche der jungen Spieler meiner Erfahrung nach nicht auf eine signifikante Zahl von Ballberührungen. Beim 3 gegen 3 erleben Spieler mehr Ballkontakte als beim 4 gegen 4 oder 5 gegen 5, aber weniger als beim 1 gegen 1 oder 2 gegen 2. Allerdings müssen sie beim 3 gegen 3 mehr technische und taktische Entscheidungen fällen als beim 1 gegen 1 oder 2 gegen 2.
Beim 3 gegen 3 entstehen regelmäßig auch 1-gegen-1- oder 2-gegen-2-Situationen. Nicht nur das: Es wird 1-gegen-0-Situationen geben, bei denen ein Spieler völlig frei stehend den Ball bekommt. Man kann eine Überzahl herausspielen: 2 gegen 1, 3 gegen 1, 3 gegen 2 im Angriff wie in der Verteidigung. Es gibt mehr Möglichkeiten zum Dribbling oder Wahlmöglichkeiten, ob man passt, schießt oder dribbelt. So geht Fußball. Das Spiel ist ständig im Fluss und selten ein echtes 11 gegen 11. Die eigentlichen Aktionen finden üblicherweise auf engstem Raum statt. Das kann man sich wie ein Foto vorstellen, das man auf die reine Bildaussage beschneidet. Dann ähnelt es einem Spiel auf verkleinertem Feld. Mit 3 gegen 3 machen wir Spieler für die ständig wechselnden Bedingungen eines richtigen Spiels fit.
Auch in praktischer Hinsicht fand ich es einfacher, Übungseinheiten mit 3 gegen 3 zu planen als mit vier oder fünf Spielern auf jeder Seite. Allgemein rechnet man mit 16 Spielern je Coach. Dieses Maximum lässt zwei Spiele 4 gegen 4 zu. Allerdings sollte man eher vom Minimum als vom Maximum ausgehen. Viele Trainer im Nachwuchsbereich können diese Mannschaftsgrößen nämlich nicht einmal aufstellen. Mir fiel es immer leichter, zweimal 3 gegen 3 zu planen und auf 4 gegen 4 aufzustocken oder nur einen Spieler zu ergänzen und 3 gegen 3 plus 1 (also mit Joker) zu spielen, als 4 gegen 4 zu üben und dann zu reduzieren.
Als Übungsleiter suchen wir ständig nach Methoden, das Beste aus der Zeit herauszuholen, die wir mit unseren Schützlingen verbringen. Unsere Spieler sollen es mit dem Gegner aufnehmen und aus eigener Kraft Spiele gewinnen können, aber gleichzeitig in der Lage sein, flüssig zu kombinieren und anzugreifen. Sie sollen gegebenenfalls auch verteidigen, sich zurückfallen lassen und den richtigen Moment erfassen können, in dem sie zum Pressing übergehen. Mit ballbeherrschenden Spielern wird all das einfacher. Man muss ihnen so viele Ballkontakte wie möglich geben und spielnahe Entscheidungssituationen herbeiführen.
Mit den Übungen in diesem Buch gelingt es hoffentlich, ein Umfeld zu schaffen, in dem Spieler zu Meistern der Ballbeherrschung und der Entschlusskraft heranreifen. Ein Umfeld, in dem sie taktischen Verstand erwerben und zugleich technische Fähigkeiten entwickeln. Spieler also, die unbefangen aufspielen, aber auch blitzschnell Entscheidungen anhand ihrer in Fleisch und Blut übergegangenen Spielintelligenz fällen. Können wir mithilfe des Prinzips 3 gegen 3 einen modernen Fußballertypus heranbilden, den wir auch wirklich im Wortsinn spielen lassen? Ich glaube daran.
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