Bilingue. Rainer Schneuwly
Dieses Buch ist nach den aktuellen Rechtschreibregeln verfasst. Quellenzitate werden jedoch in originaler Schreibweise wiedergegeben. Hinzufügungen sind in [eckigen Klammern] eingeschlossen, Auslassungen mit […] gekennzeichnet.
Der Verlag Hier und Jetzt wird vom Bundesamt für Kultur mit einem Strukturbeitrag für die Jahre 2016-2020 unterstützt.
Mit weiteren Beiträgen haben das Buchprojekt unterstützt:
Stadt Biel
Ville de Fribourg
Oertli-Stiftung
Verein O.S.K.A.R
Kultur Natur Deutschfreiburg
Lektorat:
Rachel Camina, Hier und Jetzt
Gestaltung und Satz:
Aude Lehmann, Zürich Simone Farner, Naima Schalcher, Zürich
Bildbearbeitung:
Benjamin Roffler, Hier und Jetzt
ISBN Druckausgabe 978-3-03919-460-5
ISBN E-Book 978-3-03919-939-6
E-Book-Herstellung und Auslieferung:
Brockhaus Commission, Kornwestheim
© 2019 Hier und Jetzt,
Verlag für Kultur und Geschichte GmbH, Baden, Schweiz
Inhalt
Einführung von Christophe Büchi
Schweiz, wie hast Du’s mit der Mehrsprachigkeit?
Das Bieler und das Freiburger Modell
«Biel/Bienne» vs. «Ville de Fribourg»
Zyklische Entwicklung und Kontinuität
Politikum in Freiburg, Selbstverständlichkeit in Biel
Beziehung der Sprachgemeinschaften
Reibungen vs. Verbesserungswille
Revolutionen in Freiburg und Spaltung in Biel
Bernjurassier und Welschbieler
Ihre besondere Stellung im Kanton Bern
Urs Schwaller und die Romandie-Diskussion
Vorwort
In der Schweiz gibt es zahlreiche mittelgrosse Städte, doch nur zwei sind zweisprachig: Biel und Freiburg. Biel zählt gut 56 000 Einwohner, ist die grösste zweisprachige Ortschaft in der Schweiz und landesweit bekannt für diese Besonderheit. Die Behörden streichen den Bilinguismus in den Auftritten Biels hervor und verkaufen ihn als Trumpf. «Willkommen in Biel/Bienne – grösste zweisprachige Stadt der Schweiz und Uhrenweltmetropole»: Das liest man als Erstes, wenn man die offizielle Webseite der zwischen 1225 und 1230 gegründeten Stadt am Jurasüdfuss aufruft.
Anders Freiburg: Obwohl die Zähringerstadt seit ihrer Gründung im Jahr 1157 stets zweisprachig war, ist ihr amtlicher Name nach wie vor «Ville de Fribourg». Denn die Freiburger Behörden haben bisher – anders als jene in Biel – Freiburg nicht formell zweisprachig erklärt. Zwar lebt man in der 42 000 Einwohner zählenden Stadt die Zweisprachigkeit durchaus und die Regierung bekennt sich seit ein paar Jahren zum zweisprachigen Charakter Freiburgs. Doch die Stadtregierung setzt auf eine «pragmatische Zweisprachigkeit», wie sie sagt. Dabei ist Freiburgs Bilinguismus laut dem Historiker Ernst Tremp eine europäische Besonderheit: Tremp sagt, der Kanton Freiburg sei das einzige Staatsgebilde in Europa, das auf eine seit Beginn zweisprachige Stadt zurückgehe.1
Weshalb ist der Stellenwert der Zweisprachigkeit in Biel und in Freiburg verschieden? Und wie wirkt sich dies in der Lokalpolitik aus? Wie unterscheidet sich das Sprachverhalten von Freiburgern und Bielern im Alltag, und wie zeigt sich die Verschiedenheit beispielsweise in Strassennamen und Beschriftungen des Bahnhofs? Dieses Buch geht diesen Fragen nach:
Welche Unterschiede existieren zwischen Freiburg und Biel und welche Gemeinsamkeiten gibt es?
Die Stadt Freiburg ist Hauptstadt des zweisprachigen Kantons Freiburg. Spricht man über die Zweisprachigkeit Freiburgs, ist es deshalb sinnvoll, einen Blick über die Stadtgrenzen hinaus auf die neusten Entwicklungen der Zweisprachigkeit im ganzen Kanton zu werfen. Beispielsweise ist in diesem Buch die Rede vom Fusionsverfahren, in dem sich die Stadt Freiburg befindet. Es könnte sein, dass bei einer Fusion Freiburgs mit Agglomerationsgemeinden die Kantonshauptstadt noch stärker französisch geprägt wird. Es ist aber auch möglich, dass genau diese allfällige Fusion der Stadt die offizielle Zweisprachigkeit einbringt.
Wie die Stadt Freiburg für den Kanton Freiburg, so hat auch die Stadt Biel eine grosse Bedeutung für die Zweisprachigkeit des Kantons Bern: Biel mit seinen rund 26 000 Welschbielern ist die Ortschaft mit den meisten französischsprachigen Einwohnern im Kanton. Der Kanton Bern gewährt dem französischsprachigen Berner Jura und den Welschbielern besondere Rechte. Darauf und auf die Folgen für den Kanton Bern, die sich aus dem in der Schwebe befindenden Abgang Moutiers zum Kanton Jura ergeben würden, fokussiert dieses Buch ebenfalls.
Eine Herausforderung ist die Zweisprachigkeit nicht nur in den Kantonen Bern und Freiburg selbst, auch Auswärtige tun sich oft schwer mit der Besonderheit Freiburgs und Biels. Schreibe ich nun «Freiburg-Gottéron» oder «Fribourg-Gottéron»?, fragen sich beispielsweise Deutschschweizer Journalisten. Darf ich «Neuenstadt» schreiben oder sollte ich den Namen «La Neuveville» für das Bielerseestädtchen verwenden? Sind Freiburger Romands oder nicht? Diesen und weiteren Fragen widmet sich das Schlusskapitel.
Als Deutschfreiburger bin ich mit der Zweisprachigkeit aufgewachsen. Sie war selbstverständlich und war es doch nicht ganz, denn als Deutschsprachiger gehört man in Freiburg zur Minderheit. Als ich als Journalist der Nachrichtenagentur SDA (heute: Keystone-SDA) häufig mit respektive in Biel zu tun hatte, nahm ich wahr, wie unterschiedlich in den beiden Städten mit dem Thema umgegangen wird. Es reizte mich, genauer hinzusehen, den Ursachen und Auswirkungen vertiefter nachzugehen. So ist dieses Buch entstanden.
Mein Anspruch ist es nicht, einen umfassenden Überblick zu allen Aspekten von Biels und Freiburgs Zweisprachigkeit