Der Schoppenfetzer und der tödliche Rausch. Günter Huth

Der Schoppenfetzer und der tödliche Rausch - Günter Huth


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mit einer auffordernden Bewegung seines Pistolenlaufes ermahnte, dem Beispiel seines Kumpels zu folgen, bemerkte er aus den Augenwinkeln eine Bewegung im Türrahmen des Eingangs. Es war nur ein Schatten, aber Marschmann ließ sich auf ein Knie fallen, drückte sich gegen eine Kabinenwand und richtete seine Waffe auf den Eingang – in letzter Sekunde, denn Yülan hechtete an der Tür vorbei, wobei er dreimal in den Raum feuerte. Marschmann gab in das Pistolenfeuer hinein zwei Schüsse ab, dann sprang er auf. Schnell suchte er Deckung an der Wand neben dem Eingang. Mit gehetztem Blick musterte er die beiden Kerle am Boden. Der in der Nähe der Tür war offenbar durch Yülans Schüsse am Kopf getroffen worden. Blutüberströmt lag er auf der Seite. Die Pistole war ihm aus der Hand geglitten.

      Der andere hob zum Zeichen seiner Kapitulation seinen unverletzten Arm. Schnell sprang Marschmann vor, schnappte sich die beiden Pistolen und ging in seine Deckung zurück. Er steckte die Magazine der Pistolen in die Jackentasche und repetierte die im Lauf verbliebene Patrone heraus, dann warf er die beiden Waffen schnell in eine der Toilettenschüsseln. Hastig spähte Marschmann mit schussbereiter Waffe um den Türrahmen herum. Er konnte Yülan nirgendwo entdecken. Mit einem Satz sprang er auf den Rasen vor dem WC-Gebäude und rollte sich ab. Schussbereit kam er auf die Knie. Jetzt konnte er den Drogenboss sehen. Offenbar hatte ihm einer von seinen hingeworfenen Schüssen getroffen. Jedenfalls schleppte sich Yülan mit gebeugtem Oberkörper in Richtung der schwarzen Limousine. Vermutlich war es das Fahrzeug, mit dem die beiden Typen gekommen waren. Als der Drogenboss den Wagen erreichte, zerrte er heftig an der Tür. Das Auto war verschlossen.

      „Stehen bleiben! Polizei!“, gab sich Marschmann jetzt zu erkennen. „Waffe weg!“ Er warf einen Blick hinüber zu den anderen Fahrzeugen. Die Insassen waren nicht zu sehen. Offenbar hatten sie Reißaus genommen.

      Yülan drehte sich um und gab einen ungezielten Schuss in Marschmanns Richtung ab. Dabei konnte Marschmann sehen, dass sein Jackett im Bereich der Brust blutdurchtränkt war. Yülan drehte sich um und hastete nun auf den Wagen zu, mit dem er und Marschmann gekommen waren. Der Ermittler wusste, dass dieser nicht abgeschlossen war. Er erwog einen Schuss auf einen der Reifen, um den Mann zu stoppen. In diesem Augenblick sah der Polizist, wie das Wohnmobil mit aufheulendem Motor seinen Standplatz verließ und der Fahrer mit Vollgas in Richtung Autobahn raste.

      Marschmann ließ seine Waffe sinken. Er fuhr genau in seine Schussbahn. Die Gefahr, unbeteiligte Menschen zu gefährden, war zu groß.

      Yülan nutzte den Moment, schob sich hinter das Steuer des Kurierfahrzeugs und gab Gas.

      „Verdammte Scheiße!“, fluchte Marschmann und steckte die Waffe in den Gürtel. Dabei bemerkte er an seinem linken Arm ein unangenehmes Brennen. Sein Ärmel war blutig, er war getroffen worden! Da sein Arm noch voll funktionierte, konnte die Verletzung nicht so schlimm sein. Er tippte auf einen Streifschuss.

      Marschmann zog sein Handy heraus und wählte die Geheimnummer. Hastig schilderte er die Situation und bat um Verstärkung sowie einen Notarzt.

      Zwanzig Minuten verstrichen, dann landeten die ersten Einsatzkräfte mit einem Hubschrauber auf dem Parkplatz. Zwei kurz darauf mit Mannschaftsbussen eintreffende SEK-Kommandos sperrten den Parkplatz ab. Der Notarzt und ein Rettungsfahrzeug trafen wenig später ein. Der Mann, den Yülan getroffen hatte, war bereits seinen Kopfverletzungen erlegen. Der andere wurde ärztlich versorgt und dann festgenommen. Während Marschmann sich vom Notarzt den Streifschuss verbinden ließ, berichtete er der Einsatzleitung den Ablauf des Geschehens. Dann eilte er zum Hubschrauber, der aufstieg, um Yülans Verfolgung aufzunehmen. Die Fahndung am Boden wurde ebenfalls aus der Luft koordiniert.

      Wenig später entdeckten sie vom Helikopter aus den verfolgten Wagen abseits der Autobahn am Rande eines Dorfes. Ein Blick in die Karte sagte ihnen, dass es sich um Rettersheim im Landkreis Main-Spessart handelte. Das Fahrzeug war verlassen, von Yülan keine Spur. Die Einsatzleitung koordinierte die Suche am Boden und beorderte Einsatzkräfte nach Rettersheim. Das Kommando wurde an die Bodenkräfte übergeben. Die Einsatzleitung flog nach Würzburg zurück, wo sich Marschmann einer Untersuchung im Krankenhaus unterzog. Nach einer Auffrischung seines Tetanusschutzes konnte er endlich nach Hause und sich ausruhen.

      Yülan wurde, wie später im Polizeibericht nachzulesen war, noch am selben Tag in der Scheune der Gastwirtschaft Zum Stern in Rettersheim tot aufgefunden und, wie man ihm sagte, ins Institut für Rechtsmedizin der Uni Würzburg gebracht.

      Xaver Marschmann beobachtete, dass der Mann, nachdem er ein Stück auf dem Stadtring gefahren war, in die Rottendorfer Straße stadteinwärts abbog. Zügig fuhr er durch die Theaterstraße und kam schließlich über Textor- und Bahnhofstraße zum Röntgenring, den er Richtung Friedensbrücke befuhr. Für einen Moment hatte der Verfolger den Eindruck, als würde der Mann während der Fahrt telefonieren. Kurz vor der Brücke bog er in die Pleichertorstraße ab. Marschmann runzelte die Stirn. Bei Dunkelgelb rutschte er gerade noch über die Kreuzung und konnte daher sehen, dass das Fahrzeug tatsächlich in der Tiefgarage des Congress-Centrums verschwand. Marschmann rollte langsam an der Einfahrt der Tiefgarage vorbei. So wie es aussah, war der Mann im Maritim-Hotel abgestiegen.

      Xaver Marschmann wischte sich über die Stirn. Die Vergangenheit stand vor seinem geistigen Auge, als wäre alles erst gestern passiert. Konnte es sein, dass dieser Typ die gleiche Stimmlage hatte wie der Lächler? Eine Stimme, die so unverwechselbar war, dass es schon ein gewaltiger Zufall gewesen wäre, einem Menschen zu begegnen, dessen Stimme genauso klang. Marschmann glaubte nicht an Zufälle.

      Seine Vorgesetzten hatten ihm damals erklärt, Yülan wäre an den Folgen der Schussverletzung, die er ihm beigebracht hatte, gestorben. Wie aber konnte der Mann dann hier quietschvergnügt in den Straßen von Würzburg herumlaufen? Gewiss, er hatte ein ganz anderes Gesicht, war auch deutlich korpulenter, aber die Körpergröße kam hin, soweit Marschmann dies aufgrund der kurzen Begegnung beurteilen konnte.

      Xaver Marschmann beschloss, der Sache auf den Grund zu gehen. Da waren ihm einige Herrschaften aus der dienstlichen Vergangenheit ein paar Erklärungen schuldig. Im Augenblick konnte er nichts mehr tun. Die nächsten Schritte wollten wohlüberlegt sein. Er gab Gas und fuhr weiter am Mainkai entlang.

      Dabei entging seiner Aufmerksamkeit, dass ein anderes Fahrzeug die Tiefgarage unter dem CCW verließ und ihm folgte. Wenig später hatte er einen Parkplatz in der Marktgarage gefunden. Sein Verfolger parkte ein paar Stellplätze entfernt. Von hier aus war es für Marschmann nur ein Katzensprung zum Maulaffenbäck. Er war sehr spät dran. Aber es reichte noch, sich auf den Schock hin einen ordentlichen Schoppen zu gönnen.

      Auf dem Weg zur Stammweinstube der Schoppenfetzer war er so in seine Gedanken vertieft, dass er kaum auf seine Umgebung achtete und so auch den Mann nicht bemerkte, der ihm in einiger Entfernung folgte, bis in den Maulaffenbäck hinein. Der Verfolger nahm zwei Tische weiter Platz und bestellte bei der Bedienung eine Weinschorle. Dann lehnte er sich zurück und versuchte möglichst viel von dem Gespräch am Stammtisch mitzubekommen.

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