Inspiration 4/2020. Verlag Echter

Inspiration 4/2020 - Verlag Echter


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      Impressum

      46. Jahrgang – Heft 4, November 2020

      ISSN 2366-2034

      Die Zeitschrift »inspiration« erschien bis zum 41. Jahrgang 2015 unter dem Titel »meditation« mit der ISSN 0171-3841

Verlag:Echter Verlag GmbH, Dominikanerplatz 8, 97070 Würzburg

      Telefon (09 31) 6 60 68-0, Telefax (09 31) 6 60 68-23, Internet: www.echter.de

      Satz: Crossmediabureau, Jürgen Georg Lang, Gerolzhofen

      Die Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt.

Redaktion:Maria Gondolf, E-Mail: [email protected], Tel.: 0 22 26/8 90 05 29; Clarissa Vilain, E-Mail: [email protected]

      inspiration erscheint viermal im Jahr

      Bezugspreis: jährlich: 30,00 €, Einzelheft 8,50 € zuzüglich Versandkosten

      Auch als digitale Ausgabe erhältlich.

      Informationen unter www.echter.de/zeitschriften/inspiration

      Abonnementskündigungen nur zum Ende des jeweiligen Jahrgangs

      E-Book-Herstellung und Auslieferung: Brockhaus Commission, Kornwestheim – www.brocom.de

       Bildnachweis:

      Titelmotiv: Panka Chirer-Geyer – www.panka.info

      Diesem Heft liegt folgender Prospekt bei:

       Ignatianische Impulse, Echter Verlag

      Wir bitten um Beachtung.

      Inhalt

      inspiration

      Heft 4.20 · fremd

      Editorial

      Sr. M. Ancilla Röttger osc

      Sich selbst fremd?

      Geistliche Begleitung

      Hildegard Scherer

      Befreiend und fordernd

      Pfr. Dr. Detlef Lienau

      Pilgern: Sich fremd gehen

      Milieufremdheit in der Kirche

      Sebastian Baer-Henney

      Wer sind die Fremden?

      Oder: Der Wunsch nach der Beherrschbarkeit Gottes

      Gabriele Viecens

      Wenn der Geist nicht nur im Althergebrachten weht

      Prof. Dr. Burkhard Liebsch

      An den Grenzen der Verrechtlichung gastlichen Lebens

      Joana Epping

      Inspiring Mornings – Die Kunst der Unterbrechung

      Editorial

      Liebe Leserinnen, liebe Leser,

      im letzten Heft hat die Begegnung mit verschiedenen Künsten inspiriert. Nicht selten begegnet uns in Künsten etwas, das wir nicht gleich einordnen, nicht gleich verstehen, nicht gleich ganz erfassen können. Etwas Fremdes.

      »Fremd« ist dabei ein changierender Begriff. Gemeint ist das, was vom Vertrauten abweicht, das uns ungeplant widerfährt, das beängstigt, in Frage stellt und zur Improvisation nötigt – kurz: die Begegnung mit Fremdem ist eine Grenzerfahrung. Zugleich sind es Erfahrungen des Fremden, die Neues entstehen lassen; kreative Antworten ermöglichen; den Horizont weiten.

      In der biblischen Tradition erscheint der Umgang mit Fremden und mit dem Fremden von besonderer Bedeutung, an der sich ›Glauben‹ zeigt: »Der Herr beschützt die Fremden« (Ps 146,9); »Ich war fremd und ihr habt mich aufgenommen« (Mt 25,35). Wie wir mit Fremdem und den Fremden umgehen, daran zeigt sich unsere Haltung.

      Hier liegt ein Heft in Ihren Händen, das verschiedene Aspekte beleuchtet: der Umgang mit dem Fremdwerden des eigenen Körpers; biblische Erfahrungen des Fremden und die Bedeutung des Fremden für den Gottesbegriff; Pilgern als »sich-selbst-fremd-gehen«; Milieufremdheit in der Kirche; Fremde und die Grenzen der Verrechtlichung der Gastfreundschaft und das inspirierend Fremde.

      Ich wünsche Ihnen ein inspirierendes Lesevergnügen.

      Ihre

      Clarissa Vilain

      Sr. M. Ancilla Röttger osc

      Sich selbst fremd?

      Geistliche Begleitung

      Fremdes ist uns manchmal näher, als uns lieb ist. Es begegnet uns in uns selbst. Ist Teil unseres Lebens und unserem Körper eingeschrieben. Sr. M. Ancilla Röttger osc beschreibt ihre Erfahrungen mit Mitschwestern, die an Demenz erkrankt sind und verbindet sie mit ihren Erfahrungen als geistliche Begleiterin. Sie geht der Frage nach, was es bedeutet, Kontrolle abgegeben zu müssen – zwischen Preisgabe und Hingabe.

      Als eine meiner älteren Mitschwestern begann, langsam in eine Phase der Vergesslichkeit zu gleiten, sagte sie immer wieder ganz verzweifelt: »Ich kenne mich so gar nicht! Ich bin mir ganz fremd geworden.« Sie ist noch die gleiche Person, die sie immer war. Doch sie erfährt eine neue Weise der Ohnmacht: sie hat ihr Leben nicht mehr so kontrolliert im Griff, wie es ihr bisher möglich war. Und auch wenn ihr Langzeitgedächtnis ganz intakt ist, fühlt sie sich im gegenwärtigen Augenblick orientierungslos, weil sie die Wegmarken nicht mehr erkennt. Wenn ich mich dann zu ihr setze und sie in ein Gespräch über frühere Zeiten verwickle, spürt sie ihre alten Erinnerungen auf und bekommt wieder Kontakt zu sich selbst. Doch der Augenblick, der gerade vergeht, ist ihr genommen. Das macht sie hilflos und darin erfährt sie sich selber als fremd.

      »Ich kenne mich so gar nicht! Ich bin mir ganz fremd geworden.«

      Im Umgang mit an Demenz erkrankten älteren Menschen lernen wir mühsam, dass es für sie eine andere Weise der Kommunikation gibt, als wir sie gewohnt sind. (Dabei spreche ich jetzt nicht als Fachfrau, sondern einfach nur als Mitschwester, die im Laufe des gemeinschaftlichen Lebens Erfahrungen mit Demenz macht.) Bei meinen Mitschwestern erfuhr ich, dass Emotionalität die Logik ersetzt, auch wenn sie fähig waren, Dinge, die sie kannten, logisch umzusetzen. Sie spürten in einem Konventsgespräch die verborgene Stimmung auf, die in den gesprochenen Worten gar nicht vorkam, und brachten sie plötzlich überraschend an die Oberfläche. Sie hatten Bedürfnisse, die sie spontan ausdrückten, ohne von irgendwelchen Verhaltensweisen, die man ihnen zu Beginn ihrer Klosterausbildung vor etlichen Jahrzehnten anerzogen hatte, gehemmt zu sein. Die Eine kannte sich so nicht, wurde sich selbst immer fremder und orientierungslos in Dingen, die nicht in der Routine des täglichen Alltags verankert waren. Sie wehrte sich gegen diese Ohnmacht. Die Andere war völlig sie selbst in aller Freiheit ihrer von ihren Gefühlen gesteuerten Wege und gab sich in die Ohnmacht hinein. Wenn die eine Schwester auf einen Gast traf, lud sie ihren Jammer gleich ab. Die Andere ging auf den Gast zu und brachte ihn durch eine Frage zum Erzählen. Die gemachten Beobachtungen weckten in mir die Frage, ob wir uns auf eine solche Lebensphase vorbereiten können oder ob sie einfach über uns verfügt wird. Und das wäre dann auch eine Frage der geistlichen Begleitung von älter werdenden Menschen, – also von uns allen.

      Im alltäglichen Leben in der Gemeinschaft scheint es mir so, als würde am Ende unseres Lebens die wahre Persönlichkeit, die wir sind, aufscheinen – für den einen fremd und für den anderen vertraut.

      Im alltäglichen Leben in der Gemeinschaft


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