Die Gesichter des Bösen. Dorothee Boss
Dorothee Boss
Die Gesichter des Bösen
Die Gesichter des Bösen
Dorothee Boss
Dorothee Boss, geboren 1961, studierte Theologie an der Universität Bonn und Mediation an der Fernuniversität Hagen, arbeitet als freie Autorin und Publizistin und lebt in Aachen.
Noch ein Hinweis für alle Leserinnen und Leser: Zur besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet, ohne damit jedoch eine Diskriminierung zum Ausdruck bringen zu wollen.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über ‹http://dnb.d-nb.de› abrufbar.
© 2011 Echter Verlag GmbH, Würzburg
Umschlag: Peter Hellmund, Würzburg
Titelbild: Marc Chagall: Cain et Abel (M. 238), Bible 1960
© VG Bild-Kunst, Bonn
Satz: Hain-Team, Bad Zwischenahn (www.hain-team.de) Druck und Bindung: fgb · freiburger graphische betriebe
ISBN 978-3-429-03365-1 (Print)
ISBN 978-3-429-03366-8 (PDF)
ISBN 978-3-429-06030-5 (Epub)
Inhalt
Die Begriffsvielfalt des Bösen
Der christliche Begriff des Bösen
Das Böse im christlichen Glauben
Christliche Strategien gegen das Böse
Das Böse und die Frage nach Gott
Das Böse im Verständnis der Kirchen heute
Einführung
Mit der Publikation ‚Die Gesichter der Engel‘ (2010) wurde der Engelglaube in seiner Bedeutung und Begrenzung eingehend beleuchtet. Mit den ‚Gesichtern des Bösen‘ soll nun quasi seine Schattenseite betrachtet werden. Dieses Buch versucht dementsprechend, eine schmale Schneise in die Vielfalt der Konzepte vom Bösen zu schlagen. Dabei können viele interessante und wichtige Denkmuster nicht betrachtet werden. Die Komplexität des Bösen muss daher auf einige wenige zentrale Aspekte heruntergebrochen werden.
Relevant ist die Thematik auf jeden Fall, denn das menschliche Lebensglück ist nach wie vor zerbrechlich. Leiden, Verletzungen, Tod, Trennungen, Bedrohungen, Gewalt, Armut, Korruption, Gemeinheit, Diskriminierung sind nur einige der alltäglichen Facetten des Zerstörerischen durch Menschenhand, das im Deutschen mit dem Begriff des ‚Bösen‘ umschrieben wird. Das alltägliche wie das extreme Böse behält sein schreckliches Potenzial in unserer hochtechnisierten Welt. Dieser Begriff konfrontiert mit dem Schrecklichen, dem Unfassbaren, dem Beängstigenden und dem Fragilen menschlichen Handelns und Erlebens, dessen Restrisiko niemals ausgeschlossen werden kann.
Das gesamte komplexe Problem des menschlichen Bösen zu verstehen, scheint unmöglich. Denn es entzieht sich in letzter Konsequenz der menschlichen Fassungskraft. Im fernen wie im nahen Bösen: Wer das Böse erfährt, ist betroffen, aufgeschreckt und leidet darunter. Die bedrängenden Erfahrungen des Negativen lassen die Fragen nach dem Bösen nicht verstummen. Sie klingen wie ein ständiger Begleitakkord menschlichen Lebens: Welcher Sinn liegt hinter dem Bösen? Was treibt Menschen zu bösen Taten? Wieso wirkt sich selbst ein guter Wille manchmal so negativ aus? Warum lassen sich Gewalt und Leid nicht endgültig überwinden? Wieso trifft das Böse auch Unschuldige? In diesen komplexen Problemen lässt das Böse niemanden los.
Dazu kommt, dass das Zerstörungspotential menschlicher Technologien in diesem Jahrhundert gegenüber antiken oder mittelalterlichen Vernichtungsmöglichkeiten um ein Vielfaches gesteigert ist. Nuklearkatastrophen löschen in nur wenigen Sekunden millionenfaches Leben in weitem Umkreis aus. Ihre Wirkungen sind noch jahrtausendelang zu messen. Terrorangriffe töten Hunderte oder Tausende von Menschen auf einen Schlag. Umweltzerstörungen haben Auswirkungen auf das Klima des gesamten Globus. Es fragt sich zu Recht, wie diese Herausforderungen, die der Mensch selbst geschaffen hat, wirksam zu meistern sind.
Seit seinen Anfängen hat das Christentum das Problem des Bösen nicht als Nebenthema behandelt, sondern seine Bekämpfung zu seinem erklärten Anliegen gemacht. Durch die Kirche wurden früh relativ systematische Antworten auf die Frage nach Bedeutung, Ursprung und Verbreitung, aber auch nach Lösung und Überwindung des Bösen entwickelt, die bis heute bedacht und praktiziert werden. Doch gerade die christlichen Konzeptionen im 21. Jahrhundert mit seinen veränderten geistigen und sozialen Bedingungen und Möglichkeiten überzeugen heute immer weniger Menschen. Stattdessen konkurrieren heutzutage unterschiedliche Deutungskonzepte um die Erklärung des Bösen.
Dieses Buch ist folgendermaßen aufgebaut: Im ersten Teil sollen die verschiedenen Begriffe des Bösen inklusive des christlichen Bösen zur Orientierung vorgestellt werden. Im zweiten Schritt werden christliche Konzepte vom Bösen sowie kirchliche Gegenstrategien entfaltet. Im dritten Teil werden die grundlegenden Konzepte des Bösen der Gegenwart kritisch erörtert, die seine heutigen Deutungen maßgeblich bestimmen. Hierbei sollen sowohl ihre Reichweite wie ihre Begrenzung zur Sprache