Geistlicher und sexueller Machtmissbrauch in der katholischen Kirche. Klaus Kießling
– und zugleich unheimlichem – Einverständnis zueinander. Sie vermögen unreife Wünsche und übergroße Beziehungsängste unter Kontrolle zu halten, indem sie einander jenes Verhalten abverlangen, das zur Reduktion je eigener Beziehungsängste beiträgt, und somit füreinander Lösungsvarianten des Problems des jeweiligen Gegenübers bereitstellen: Wer sich etwa außergewöhnlich gern und intensiv umsorgen, verwöhnen und narzisstisch nähren lässt, passt zu einem Gegenüber, das gern in eine helfende Rolle schlüpft – und den eigenen ungelebten Narzissmus delegiert mit der Aussicht darauf, dass vom grandiosen Glanz des Gegenübers auch etwas auf ihn oder sie fällt.
Kollusionen vermitteln ein Gefühl exklusiver Nähe und Unentbehrlichkeit füreinander und versetzen manche Menschen überhaupt erst in die Lage, sich eine Liebesbeziehung zuzutrauen. Dieses Arrangement bleibt unter den dabei zusammenwirkenden Akteur*innen selbst weitgehend uneingestanden, es erscheint allenfalls Dritten fragwürdig, denen diese Beziehung aber häufig völlig verborgen bleibt.
Geistlichen Missbrauch verstehe ich als Kollusion einer geistlichen Autorität mit spirituell Suchenden, die systemisch begünstigt die Macht des Täters wachsen lässt und diejenigen mundtot macht, die in dieser Beziehung zu Opfern werden.
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