Von Psychopathen umgeben. Bärbel Mechler
mich ohnehin nur in weiteren schmerzlichen Niederlagen enden würden. Dieses „Lebensmodell“ betrieb ich nahezu bis zur Selbstaufgabe. Aber nicht nur in der Familie, auch im Berufsleben stieß ich immer wieder auf rücksichtslose Menschen und fühlte mich ihnen von vornherein ausgeliefert. Einmal Opfer, immer Opfer. In meiner Not begann ich eine Psychotherapie. Doch die 45 Minuten in der Woche reichten nicht einmal aus, um die aktuellen Erlebnisse zu berichten, geschweige denn Lösungen zu finden. Das Ergebnis war, dass ich nach diesen Sitzungen noch aufgewühlter war als zuvor. Nach ein paar Monaten brach ich die Therapie ab.
Doch eines Tages sollte sich alles ändern. Ich kam mit einem Bekannten ins Gespräch. Er gab mir die Adresse von Bärbel Mechler und sagte: „Da bekommst du Hilfe, und zwar sofort. Diese Fieslinge einzubremsen ist ihre Spezialität.“ Als ich mich schließlich entschied, sie aufzusuchen, wusste ich weder ein noch aus und hatte das Gefühl, ohne Ausweg in meiner Lebenssituation festzustecken. Denn ich war überzeugt, mich ohnehin nur zwischen Anpassung und Ärger wie zwischen Pest und Cholera entscheiden zu können. Ich fürchtete mich damals sehr vor den Angriffen und Sanktionen, die eine Veränderung mit sich bringen würden. Aber zu meiner großen Überraschung lernte ich schnell, dass diese Ängste unbegründet waren, und meine neugewonnene Sicherheit beflügelte mich von Tag zu Tag mehr.
Heute, im Rückblick, bin ich sehr stolz auf mich, dass ich diesen Schritt gewagt und mich der Auseinandersetzung gestellt habe. Die Machtmechanismen, die solche Leute gegen ihre Mitmenschen einsetzen, erkenne ich mittlerweile auf den ersten Blick, und sie können mich daher nicht mehr erschrecken. Ich kann allenfalls noch darüber lachen.
Denn jetzt weiß ich, dass diese angeblich so starken Menschen in Wirklichkeit von unglaublicher Angst getrieben sind. Sie sind innerlich schwach, auch wenn sie selbst Angst und Schrecken verbreiten und den Eindruck vermitteln, mächtig zu sein. Sie sind Schatten, leben im Schatten und sehen auch keinen Grund, das zu ändern. Daher war es unerlässlich, mich auf den Weg zu machen, die eigenen Fesseln zu sprengen und mein Leben selbst in die Hand zu nehmen. Ab dem Moment, da ich ihnen die Masken vom Gesicht reißen konnte, hatten sie ihre Macht über mich verloren. Und das Schöne daran ist, sie spüren es und wissen es. Ich hätte nie zu träumen gewagt, dass sie so leicht einzuschüchtern sind und so schnell einbrechen. Sie sind zwar innerlich verärgert über meine neue Freiheit, aber sie wagen es nicht mehr, mich herauszufordern. Sie sind eben nicht die Starken, die sie immer zu sein vorgeben.
Ich habe ein neues Leben begonnen und bin mit 42 Jahren doch noch selbstsicher, gelassen und konfliktbereit geworden. Im Lauf der Jahre habe ich auf der Suche nach Hilfe viele Bücher zu diesem Thema gelesen. Ihnen allen war gemeinsam, dass ich mich in ihnen zwar als Opfer wiedergefunden, aber nur allgemeine und keine konkreten Ratschläge erhalten habe, die etwas an meinem Problem hätten ändern können. Deshalb habe ich Bärbel Mechler gebeten, endlich ein Buch zu schreiben, das anders ist. Eines, das durch Beispiele und Anleitungen auch anderen vermeintlich Schwachen wieder Mut macht und sie aus den Klauen ihrer Peiniger befreien kann.
Nehmen auch Sie Ihr Leben selbst in die Hand, um wieder entspannt und frei durchatmen zu können. All die Quälgeister sind nur deshalb so stark, weil Sie sich vor ihnen fürchten. Ihr böses Spiel kann nur funktionieren, wenn sie einen Schwachen finden, an dem sie sich festbeißen können. Aber das wird sich ändern. Dieses Buch macht Mut mit vielen konkreten Fallbeispielen, es gibt Hilfestellungen, die sofort angewandt werden können. Es ist ein Arbeitsbuch, das man zur Not in der Handtasche mit sich tragen sollte, um im Ernstfall unmittelbar mit genialen Antworten kontern zu können. So kann sich jeder Schritt für Schritt selbst befreien.
Evelyn E.
Der Psychopath in meinem Leben
„Nicht jeder, der irrt, ist menschlich.“
Gerhard Uhlenbruck
In allen Bereichen unseres Lebens stoßen wir auf Menschen, die sich rücksichtslos und mit blinder Selbstüberschätzung über andere erheben, sie beherrschen und ihr Leben aus dem Gleichgewicht bringen. Ich spreche von Leuten, die bereit sind, alle Mittel auszuschöpfen, um Macht über andere zu gewinnen, und die ihre Überlegenheit offen demonstrieren; die ihrem eigenen Bekunden nach alles richtig machen, alles beurteilen können und genau wissen, was andere zu tun und zu lassen haben. Solche Leute fühlen sich geradezu zum Herrschen geboren – und empfinden sich obendrein noch als vorbildlich und nachahmenswert. In diesem Wahn suchen sie sich ein breites Wirkungsfeld und machen allen, die ihnen an Kaltblütigkeit nicht gewachsen sind, das Leben zur Hölle. So haben beispielsweise viele Arbeitnehmer mittlerweile das Gefühl, morgens eher ein Schlachtfeld zu betreten als einen Arbeitsplatz.
Ich kenne fast niemanden, der nicht irgendwo in seinem Umfeld mindestens einen solchen Menschen hat, gegen den er sich nicht wehren kann und in dessen Gegenwart er sich ohnmächtig oder sogar bedroht fühlt.
Diese Menschen mit emotionalen Funktionsstörungen üben Gewalt aber nicht immer, wie man vielleicht vermuten könnte, durch offene Aggression oder verbale Attacken aus. Ganz und gar nicht. Sie beherrschen die Kunst des Manipulierens und Verstellens. Viele geben sich nach außen charmant und offen und wirken mitunter unglaublich interessant. Sie führen ein Leben auf der Überholspur und verstehen es meisterlich, andere in ihren Bann zu ziehen. Doch der Tag des Erwachens wird kommen. Denn jeder, der eine Zeit lang mit ihnen in einer Beziehung steht, der weiß, dass sie einem trojanischen Pferd gleichen, das sich zunächst als verheißungsvolles Geschenk ausgibt, aber letztendlich den sicheren Untergang beschert. Doch groteskerweise verstehen diese Menschen es trotz des Elends, das sie verbreiten, sich selbst gegenüber ihre negativen Machenschaften vollständig auszublenden.
In der Psychologie nennt man Menschen mit dieser krankhaften Ausprägung Psychopathen.
Der Kriminalpsychologe Robert Hare von der University of British Columbia in Vancouver beschäftigt sich seit 1960 intensiv mit der Psychopathie und gilt weltweit als der angesehenste Psychopathenkenner. Er geht davon aus, dass Psychopathen soziale Raubtiere sind, die sich mit Charme und Manipulation skrupellos ihren Weg durchs Leben pflügen und eine breite Schneise gebrochener Herzen, enttäuschter Erwartungen und geplünderter Brieftaschen hinter sich lassen. Ein Gewissen und Mitgefühl für andere Menschen fehlt ihnen völlig, und so nehmen sie sich selbstsüchtig, was sie begehren, und machen, was sie wollen.
Für alle, die sich nie mit dem Thema Psychopathie beschäftigt haben, ist es fast unmöglich zu begreifen, dass es Menschen gibt, die kein Gewissen haben sollen, da doch gerade diese Instanz das Menschsein ausmacht. Wenn im Tierreich eine Löwin ihre Beute schlägt, kennt sie keine Vorbehalte. Es plagen sie keine Gewissensbisse, ob ihr Opfer leidet oder ob es Jungtiere zurücklässt, die nun schutzlos dem Tod preisgegeben sind. Sie jagt, weil es in ihrer Natur liegt. Wenn aber Menschen einem ganz ähnlichen Instinkt folgen, mit der gleichen Unerschrockenheit und absolut emotionslos gegen andere vorgehen und sie ebenfalls im weitesten Sinne nur als Beute betrachten, dann sind wir aufgerufen, wachsam und wehrhaft zu sein.
Doch nicht nur Psychopathen sind skrupellos, sondern auch Menschen mit der psychopathischen Charakterstruktur und solche, die bereit sind, ihre selbstsüchtigen Ziele gnadenlos durchzusetzen, also hohe Übereinstimmungsmerkmale mit diesen Charakteren aufweisen. Sie alle bilden den erweiterten Kreis des antisozialen Kontrollsystems. Diejenigen, die mit solchen Leuten zu tun haben, empfinden deren Angriffe oft als seelische Verletzung und fühlen sich hilflos und ausgeliefert. Und ein großer Teil von ihnen gibt jede Hoffnung auf, dass es ein Entrinnen aus diesen schmerzlichen Situationen geben kann. Meistens wissen sie nicht einmal, warum es ihnen so schwerfällt, etwas zu verändern, wo sie doch so große Sorgen und Nöte erleiden.
Widerstand will gelernt sein
Ich bin schon so etlichen Menschen begegnet, die glauben, dass jede noch so kleine Veränderung ihre ganze Existenz bedrohen könnte. Manche wagen es nicht, einem Vorgesetzten zu widersprechen, weil sie befürchten, dadurch ihren Arbeitsplatz oder ihre Position zu gefährden. Andere sorgen sich, dass der Ehepartner schnell sein Interesse an ihnen verlieren und sie verlassen könnte, wenn sie nicht nach seiner Vorstellung funktionieren. Und wieder andere sehen sich in der Gefahr, ausgegrenzt zu werden, wenn sie sich nicht der Meinung von Arbeitskollegen, Familienangehörigen oder wem auch immer uneingeschränkt anschließen. All diese Menschen leugnen aus