Qualität in Pfarreien. Thomas Wienhardt
Ergebnisse zu erreichen, und das Vorgehen systematisch erfolgt, es laufend überprüft wird bzw. Lernprozesse auf Dauer geschaltet sind.188
Die Kriterien müssen in den jeweiligen Kontext einer Organisation hinein übersetzt und angepasst werden.
„Das bedeutet, dass jede Organisation für sich den Qualitätsbegriff operationalisieren und damit für die jeweiligen Zwecke anwendbar machen muss.“189
TQM ist demnach nicht nur für die Industrie und Wirtschaft relevant, sondern auch für Non-Profit-Organisationen. Qualität ist nicht nur ein Thema bei Produkten, sondern auch bei Dienstleistungen. Es muss von Organisation zu Organisation geklärt werden, wie Wirkung oder auch Leistungserstellung erfasst werden kann. Die Kriterien geben dazu bereits viele Anhaltspunkte. Letztlich können so Stärken und Schwächen wahrgenommen und geeignete Handlungsansätze gefunden werden.190
Bei Anwendung von TQM ist damit zu rechnen, dass sich positive Veränderungen einstellen. Entsprechende Effekte wurden z. B. für Firmen nachgewiesen. Allerdings wird deutlich darauf hingewiesen, dass die Einführung von TQM keinen kurzfristigen Effekt bringt, sondern langfristig greift. Die Veränderung der Organisationskultur oder der Arbeitsweisen der Mitarbeiter braucht viel Zeit. Außerdem kann auch bei TQM nicht ausgeschlossen werden, dass eine Organisation falsche Entscheidungen trifft.191
„Managers that embrace TQM for quick gains will be surely disappointed. To get the benefits from TQM, one must be patient. It improves performance in the long-haul.“192
1.2.3 Kann TQM auf Kirche vor Ort angewandt werden?
Natürlich hat die Methode des Qualitätsmanagements ihren Ursprung im industriellen Bereich. Und natürlich fließen daher Ansätze, die zunächst in anderen Zusammenhängen erstellt wurden, ein. Somit müssen wir uns die Frage stellen, ob und wie eine Anwendung des Instruments EFQM, wenn auch in veränderter Form, auf die Pastoral denkbar ist. Bereits erfolgte Übertragungen im Bereich z. B. ehrenamtlicher Vorstandsarbeit in einer NPO oder durch die Caritas oder auch im Rahmen der Visitation in der Erzdiözese Freiburg legen nahe, dass angepasste TQM-Modelle anwendbar sind. Caritas und Diakonie betonen hierbei den theologischen Bezugspunkt als Grundfaktor ihrer Tätigkeit.193 Auch der Verband katholischer Tageseinrichtungen für Kinder (KTK) bezieht TQM als ein Mittel ein, um die Zusammenarbeit zwischen Gemeinde und Kindertageseinrichtung auf der Basis des theologischen Grundauftrags zu verbessern. Dabei wird betont, welchen Nutzen TQM für die Umsetzung des kirchlichen Auftrags hat und dass das spezifisch christlich geprägte Tun der Einrichtungen und der Gemeinden wirkungsvoller zum Tragen kommt.194
Kunden und Dienstleistungen
Beim Begriff „Kunde“ scheint sich ein Grundkonflikt zwischen dem Selbstverständnis von Kirche und Wirtschaft aufzutun.
„Erschließen der Kundenbegriff und der Dienstleistungsgedanke das Wesen pastoralen Handelns oderverschließen sie ehereinen adäquaten Zugang?“195
Nitsche und Hilberath machen darauf aufmerksam, dass begriffliche Unklarheiten zu unterschiedlichen, unausgesprochenen Verständnissen und damit zu Missverständnissen führen. Dies gelte auch für den Begriff des Kunden und damit zusammenhängend für den Begriff der Dienstleistung. Der Kundenbegriff meint keine manipulative Instrumentalisierung oder Verzweckung des Menschen, um Ziele zu erreichen. Oder, mit dem Beispiel von Nitsche/Hilberath, wer bei „Kunde“ an einen areligiösen Nutzer eines kirchlichen Rituals (z. B. bei einer Hochzeit) denkt, der sich einfach nur „bedienen“ lässt, der übersieht die Beziehung zwischen Dienstleister und Nutzer, die von einem wechselseitigen Einbringen und hoffentlich positivem Ergebnis geprägt ist, und der wird den Begriff sicherlich anders werten.196
Kirche hat auch Adressaten, an die sie sich mit ihren Leistungen und dem Heilsangebot richtet. Nach Stauss sind das ihre Kunden, egal ob es einen Markt gibt oder nicht.
„In diesem Sinne bezeichnet auch eine Kundenbeziehung keineswegs zwingend eine Markt- oder Warenverbindung, sondern die Beziehung einer Organisation und ihrer Mitarbeiter zu den Leistungsempfängern.“197
Kunde meint dann die Personen, für die oder mit denen eine Leistung erbracht wird. Auch Kirche müsse es laut Stauss um eine dauerhafte Beziehung zu diesen Menschen gehen, und dazu müsse dem Beziehungsaufbau und der Kontaktpflege oder dem Wiedergewinnen oberste Priorität eingeräumt werden, was systematisch angegangen werden müsste.198
Es ist nicht gemeint, dass die Ehrlichkeit im Umgang mit den Menschen verloren geht, damit ein bestimmter Zweck erfüllt wird.199 Im Gegenteil: Diese Beziehung zum Menschen ist notwendig, um den Menschen wirklich in den Blick nehmen zu können, um den Menschen ins Zentrum kirchlichen Tuns zu rücken. Denn das Heil des Menschen ist ja der Zweck der Kirche200. Dann erst kann auch das pastorale Tun beim Menschen ankommen, der Auftrag also erfüllt werden, wenn man wie Jesus fragt: „Was soll ich Dir tun?“ (Heilung eines Blinden bei Jericho: Mk 10, 51). So wird Kirche inkulturiert in die Lebenswelt der Menschen. Nur dann werden die Kontexte der Menschen genügend beachtet.
„In der Pastoral ist die Verwendung des Kundenbegriffs hilfreich, wenn hiermit auf ein beziehungsorientiertes Handeln verwiesen wird, in dem die Orientierung an der Lebenswelt und an den Bedürfnissen der Menschen im Mittelpunkt steht (…)“201.
Auf diese Weise kann der Kundenbegriff zu einem Suchinstrument werden, das der Pastoral hilft, immer wieder neu nach den Bedürfnissen der Menschen zu fragen. Stauss erhebt in diesem Zusammenhang sogar die Anfrage an die Kirche, ob sich denn Kirche nicht für die Beziehungen zu ihren Mitgliedern interessiere:
„Warum können zwar Kunden profitorientierter Unternehmen erleben, dass sich diese (aus Eigeninteresse) um sie bemühen, an ihren Meinungen und Einschätzungen interessiert sind, sie langfristig binden oder auch wieder gewinnen wollen, während sie als Mitglieder von ‘Nonprofit-’ Kirchen oft nur deren Eigeninteresse an finanzieller Zuwendung wahrnehmen (…)?“202
Pott macht als Hauptfunktionen des Kundenmanagements deutlich:
„die Sammlung und Aufbereitung von Informationen über den Kunden, die darauf aufbauende strategische Planung der Arbeit mit dem Kunden, die Vorbereitung und Aushandlung von Vereinbarungen, einschließlich des Aufbaus entsprechender Kontaktsysteme sowie die Kontrollfunktion, die überwacht, ob die angestrebten Ziele erreicht werden konnten.“203
Ein Gläubiger, der an einem Gottesdienst teilnimmt, konsumiert kein religiöses Angebot, sondern muss selbst zum Träger der Botschaft werden. Insofern kann das nicht mit dem typischen Kunden gleichgesetzt werden, der im Supermarkt einkauft. Allerdings ist an dieser Stelle der Kundenbegriff in seiner differenzierten Form zu beachten. Denn auch der Friseur hat Kunden oder der Erlebnispädagoge, der ein Angebot für eine Gruppe durchführt. Beide setzen,