Wir verschenken Milliarden. Jörg Alt

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align="center">53 %25 %Körperschaftsteuer45 %15 %Vermögensteuer1 % (natürliche Personen) 0,6 % (Körperschaften)0 %Erbschaft- und SchenkungsteuerViele SonderregelungenViele Sonderregelungen

      Natürlich gibt es auch andere Gründe, aber die sind nicht hinreichend zur Erklärung von Geschwindigkeit und Ausmaß der Ungleichheitsentwicklung.

      Sodann wird die oben zitierte Auffassung der CSU Bayern zwar bestätigt, dass natürlich zunächst und zuerst jeder Bürger Entscheidungsoptionen hinsichtlich Konsum, Sparen oder Investieren haben sollte. Nur ist dies in Bayern – siehe Tabelle 1 – aber eben nicht für alle möglich. Sodann muss festgehalten werden, dass – absolute und relative Belastung ebenso bedenkend wie die Einbeziehung der Belastung durch direkte und indirekte Steuern sowie Sozialabgaben – keinesfalls die Bezieher hoher Einkommen und Vermögenden die größte Last der Gemeinschafts- und Solidaraufgaben tragen. Ein Forscherteam bestätigt: „Den größten Beitrag zur Finanzierung des Gemeinwesens leisten die Haushalte mit einem Bruttoeinkommen zwischen 30.000 und 40.000“ Euro (Beimann, Kambeck, & al., 2011, S. 13). Darüber hinaus könnte man mit Beschluss 1656/09 des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2014 zu dem Schluss kommen, dass gerade diese kumulierte Steuerund Abgabenlast ein Verstoß gegen das Leistungsprinzip ist, denn: „Weniger Leistungsfähige müssen … einen höheren Anteil ihres Einkommens oder Vermögens als Steuer abgeben als wirtschaftlich Leistungsfähigere“ (Nr.59).

      Alarmieren sollte der Zustand der Sozialsysteme: Schon jetzt muss der Staat aus Steuermitteln den Sozialkassen milliardenschwere Zuschüsse geben, um sie funktionsfähig zu halten, und noch schwieriger wird die Situation werden, wenn all jene, die heute im Niedriglohnsektor arbeiten, alt werden und keine beitragsfinanzierte Rente beziehen bzw. keine ausreichende Krankenversicherung besitzen: Auch diese Personengruppe wird dann von Steuermitteln unterhalten werden müssen. Wer soll das alles stemmen?

      12 Siehe ausführlicher: http://tinyurl.com/tjp-GER-V

       7 Schnittmengen zwischen Steuerrecht und -verwaltung13

      Das deutsche Steuerrecht ist komplex und wird fortlaufend komplexer. Gesprächspartner in der Steuerverwaltung berichten von Verboten, sich Handbücher und Anwendungsvorschriften auszudrucken, weil sie so schnell überarbeitet werden. Das hat zu tun mit Jahrhunderten an Rechtsentwicklung, grenzübergreifender Globalisierung und internationalen Verträgen, Rechtsprechung, aber auch mit den Versuchen, jeweils einzigartigen Situationen der Bürger bzw. Betriebe so gerecht wie möglich werden zu wollen: Schließlich gleicht kein Fall dem anderen. Und in der Tat ergeben Umfragen, auch die des Forschungsprojekts, dass überraschend viele Bürger ihre Behandlung durch das deutsche Steuersystem als fair und gerecht erleben, wenngleich man zugleich der Meinung ist, dass Inhaber großer Vermögen und Firmen privilegierter sind als der Normalbürger. Dieses Gefühl ist korrekt:

      Die Komplexität des deutschen Steuerrechts nützt vor allem jenen, die sich teure Anwälte und Steuerberater leisten können und die dann aus vorhandenen Anwendungs- und Kombinationsmöglichkeiten die lukrativste ‚Steueroptimierung‘ entwickeln. Zwar gibt es eine Schwelle, an der die legale Steuerplanung eine Grenze überschreitet und illegitim, vielleicht sogar illegal wird. Wie die Luxemburg-Leaks enthüllten, nehmen es die hochspezialisierten Firmen mit der Legalität nicht immer zu genau: Die Vertreter der Steuerabteilungen der „Big 4“-Beratungsgesell-schaften mussten vor einem britischen Untersuchungsausschuss zugeben, dass bei ihren Steuermodellen hier und da nur eine 50:50-Chance besteht, dass sie noch legal sind (Committee on Public Accounts, 2013). Solches bei regulären Prüfungen zu durchschauen braucht viel Expertise, Zeit und Personal und es wundert nicht, dass die größeren Betrugsfälle auf diesen Gebieten weniger von Steuerprüfungen als vielmehr durch Datenlecks bekannt wurden. Entsprechend sind es einflussreiche Gruppen, die ein Interesse am Fortbestand der aktuellen Situation haben. Auch hier brachte es Peer Steinbrück auf den Punkt: „Forderungen nach einer Vereinfachung des Steuerrechts kenne ich aus Sonntagsreden. Wenn ich montags ins Büro komme, stehen die Lobbyisten vor der Tür und fordern noch mehr Ausnahmen und Sonderregelungen.“

      Kommen solche Tricksereien, etwa durch Luxemburg-Leaks, ans Tageslicht, wird reflexartig eine Steuerrechts-Vereinfachung gefordert, etwa entlang der „Bierdeckel-Steuererklärung“ à la Friedrich Merz oder der Vorschläge des früheren Verfassungsrichters Paul Kirchhof. Wäre dies eine Alternative und würde es funktionieren?

      Gesprächspartner bei Steuerverwaltung und Steuerberatern sind sich einig: nein. Zunächst ist es aufgrund internationaler rechtlicher Verbindungen und Verpflichtungen unmöglich. Dann scheint man seitens Politik und Verwaltung zu resignieren. Der Vizepräsident des Bayerischen Landesamts für Steuern meint etwa: „Eine grundlegende Vereinfachung des Steuerrechts (wird) politisch nicht mehr diskutiert. Der Bundesgesetzgeber ist im Steuerbereich ganz überwiegend ein Reparaturbetrieb, der auf Initiative des Bundesfinanzhofs, des Bundesverfassungsgerichtes und vermehrt des Europäischen Gerichtshofes tätig wird“ (Bayerisches Landesamt für Steuern, 2016, S. 7).

      Aber es sind nicht nur Gerichte und Lobbyistenmacht, die steuerrechtlichen Vereinfachungen im Weg stehen: Gesprächspartner bei Steuerverwaltung und Steuerberatern sind der Meinung, dass selbst einfache Bürger und kleine Betriebe gegen Steuerbescheide, die auf der Basis vereinfachter und deshalb typisierender Steuergesetze ergingen, wegen der „ungerechtfertigten Behandlung“ ihres Falls vermehrt Widerspruch einlegen würden. Über die dadurch einsetzende Rechtsprechung und entsprechende Nachbesserungen würde ein vereinfachtes Recht bald genauso kompliziert sein, wie es heute schon ist. Diese Aussage ist, wenn man sich die ‚Prozesswut‘ der Bürger gegenüber der Steuerverwaltung anschaut, durchaus nachvollziehbar: Bayernweit kam es 2014 zu fast 600.000 Einsprüchen gegen Steuerbescheide, bundesweit lag die Zahl bei 4,23 Millionen, von der die Hälfte erfolgreich war.

      Es bleiben Vereinfachungen im Bereich der Steuerverfahren, wie sie bei den Elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmalen (ELStAM), der Elektronischen Steuererklärung (ELSTER) oder der Vorausgefüllten Steuererklärung bereits umgesetzt werden. Solche Innovationen sind noch neu, ebenso ist noch nicht eindeutig erwiesen, wie missbrauchsanfällig diese Systeme sind. Entsprechend herrscht hier einerseits noch Zurückhaltung, gleichzeitig gibt es über Umfragen, etwa die zum Forschungsprojekt, Anhaltspunkte dafür, dass solche Vereinfachungsvorschläge, sofern sie transparent und gut erklärt sind, für die Bürgerinnen und Bürger akzeptabel sein könnten.

      Ein weiterer Grund für die Komplexität des Steuerrechts liegt darin, dass Steuern nicht nur eine staatliche Einnahmequelle sind. Vielmehr kann man mit ihnen auch gesellschaftliche Entwicklungen steuern, d. h. Erwünschtes stärken, Unerwünschtes zurückdrängen („Steuern durch Steuern“).

      Hier ist ein gewisser Wildwuchs nicht zu leugnen: Mit Steuern werden Urwälder geschützt, Kriege und Terrorbekämpfung subventioniert, Kampfhunde verteuert und die Liquidität der Rentenkasse gesichert. Sicherlich sind solche politischen Steuerungsabsichten nicht illegitim, man sollte aber überprüfen, was in der Tat gerechtfertigt ist und wo man, wie etwa bei der ‚Hotelier-Steuer‘, primär Lobbyisten gefolgt ist.

      Es gilt, genau hinzuschauen, was der am häufigsten hier diskutierte Zusammenhang veranschaulichen soll, nämlich der zwischen Steuern und Arbeitsplätzen: In der Tat ergibt es wenig Sinn, in der Folge einer Betriebsprüfung auf Steuernachzahlungen zu pochen, wenn dadurch ein Betrieb mit seinen Arbeitsplätzen gefährdet wird. Hier bieten geltendes Recht und Rechtsanwendungen genügend Möglichkeiten, eine Pleite zu verhindern, auch wenn diese eben nicht immer großzügig angewendet werden. „So fürsorglich geht der Staat mit seinen Steuerbürgern leider nicht um – auch in Bayern nicht“, so ein Steuerberater.

      Manchmal werden aber bei diesem Thema auch Nebelbomben geworfen, die dem Laien eine Einordnung erschweren. Beispielsweise betont die Industrie


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