So klappt's mit dem Welt-Retten: Kompakt-Ratgeber. Anja Haider-Wallner
Aspekt, kaufen am Bauernmarkt oder beim örtlichen Tante-Emma-Laden. Viele jedoch haben ein sehr nebulöses Bild von Wirtschaft und das Gefühl, wenig bis nichts damit am Hut zu haben. Mit Fakten wie Kinderarbeit in Entwicklungsländern, Umweltverschmutzung, ungerechte Verteilung von Vermögen u. v. m. konfrontiert, zucken sie mit den Schultern und meinen: »Was kann ich da schon tun?!«
Seit 2010 gibt es einen alternativen Entwurf zum gelebten System des neoliberalen Kapitalismus. Die internationale Gemeinwohl-Bewegung setzt ausgehend von Wien mit Frontmann Christian Felber Zeichen für eine werteorientierte Wirtschaft, in der Kooperation und gelingende Beziehungen zentral sind. Hunderte Unternehmen und Institutionen wenden dieses Modell bereits an, um Erfahrungen zu sammeln und Vorbild zu sein. Innerhalb der Bewegung gibt es schon lange Bestrebungen, auch Privatpersonen einzubinden. Der Weg zur Veränderung führt – neben einem gemeinwohlorientierten gesetzlichen Rahmen, den die Politik vorgeben soll – über viele kleine Initiativen in Gemeinden, Landkreisen und privaten Haushalten. Gleich einer Grassroot-Bewegung, die von unten nach oben wächst.
»Enkeltauglich Leben« entsteht
Das Katholische Bildungswerk Traunstein ist ein kleiner Verein im südöstlichsten Teil Bayerns und seit 1973 für die offene Bildung von Erwachsenen im Landkreis zuständig. Im Jahr 2014 holte es verschiedenste Visionäre, welche sich zu einer nachhaltigen Zukunft Gedanken machen, im Zuge des »Festivals der Utopie« in den Landkreis.
Mit dabei war auch Christian Felber, der geistige Gründer der Gemeinwohlökonomie. Angesteckt von dessen Ideen wurde im Jahr 2017 ein Projekt zur Gemeinwohlökonomie geplant. Als ein Zufallsprodukt dessen entstand das Spiel »Enkeltauglich Leben«, das vor Ort so viele Menschen begeisterte, dass es bald seine Ausbreitung über die Landkreisgrenzen hinaus fand. Zwei Jahre später, im Jahr 2019, wurde das Spiel bereits 52-mal in ganz Deutschland und Österreich gespielt und findet weiterhin Verbreitung.
Spielerisch die Welt retten
Eine Gruppe von Personen trifft sich über ein halbes Jahr jeden Monat mit einem/einer Spielleiter*in. Die Aufgabe der Teilnehmer*innen besteht in selbst gewählten Vorsätzen und Veränderungen für eine »enkeltauglichere« Zukunft, die sie bis zum nächsten Treffen in ihrer Welt – also bei sich und in ihrer Umgebung – umsetzen wollen. Der Kern des Spiels ist also, aktiv zu werden!
Es gibt bei jedem Treffen Schwerpunktthemen wie ökologische Nachhaltigkeit, Gerechtigkeit, Solidarität, Menschenwürde oder Demokratie. Die Mitspieler geben sich gegenseitig Punkte für die einzelnen Aktionen. Es ist erstaunlich, wie die Gruppendynamik die Verhaltensänderung voranbringt und welches Potenzial das Spiel hat: Die Mitspieler*innen in den ersten Runden setzten von 450 selbst gestellten Aufgaben 90 Prozent in die Realität um!
In den bestehenden Gruppen sind schon viele große und kleine Veränderungen passiert, von Knuts Selbstversuch einer veganen Lebensweise über Antons Bürgerinitiative für einen Radweg bis hin zu Sophias Kontowechsel zu einer ökologischen Bank.
Jeder Teilnehmer entscheidet selbst von Monat zu Monat, wie groß oder klein, wie weitreichend die eigene Aktion ist. Wichtig dabei ist der Spaß an der Sache, daher verzichtet »Enkeltauglich Leben« auf den erhobenen Zeigefinger und geht die Veränderungen spielerisch an.
NIKO PAECH, DEUTSCHER ÖKONOM
»Das Projekt ›Enkeltauglich Leben‹ greift den wichtigsten Aspekt einer nachhaltigen Entwicklung auf, nämlich die Herausbildung einer Lebensführung, deren Nebenfolgen mit 7,3 Mrd. (Menschen) multipliziert werden können, ohne dass die Lebensgrundlagen zerstört werden. Die entscheidende Frage lautet: Was steht einem einzelnen Individuum an materiellen Freiheiten zu, sodass es nicht über seine Verhältnisse lebt? Genau darin spiegelt sich der Gerechtigkeits-Imperativ des 21. Jahrhunderts wider. Einen solchen Lebensstil spielerisch zu erarbeiten, ist ein guter Ansatz, weil er die Menschen motiviert.«
HINWEIS FÜR E-BOOK-LESER
Das dem gedruckten Buch beiliegende Spielplanposter können Sie unter
So geht’s zum Selberspielen
Dieses Buch ermöglicht dir, mit einer Gruppe von Freund*innen, Familienmitgliedern, Kolleg*innen oder Interessierten mit Spaß ins Tun zu kommen und dabei der Welt etwas Gutes zu tun.
Deine Rolle als Gastgeber*in
Du hast dieses Buch gekauft oder geschenkt bekommen und findest, dass es an der Zeit ist, Veränderungen in Angriff zu nehmen. In deinem Leben. Und da gehören eben auch Menschen dazu, die dir nahestehen. Immerhin beeinflussen wir einander stets gegenseitig.
Als Gastgeber*in bist du gleichzeitig Teilnehmer*in am »Enkeltauglich Leben«-Spiel, aber du sorgst auch für den nötigen Rahmen, stellst den Raum zur Verfügung und bist der Organisator des Ganzen. Du kannst mit diesem Buch arbeiten, dich von Links und Literaturtipps inspirieren lassen und den Spielplan sowie weitere hilfreiche Materialien auf der Website
Vor dem ersten Treffen
Lege Ort und Zeitpunkt des ersten Treffens fest und verteile die Einladung – am besten digital – an interessierte Freunde.
Du kannst dir die Einladungsvorlage unter dem oben genannten Link herunterladen und die Informationen anpassen. Wenn du die Vorlagen nicht benutzen möchtest, denke daran, in deiner Einladung folgende Fragen zu beantworten:
► Wer lädt ein?
► Wann und wo ist das erste Treffen?
► Worum geht es?
Wenn mindestens drei Personen beisammen sind, könnt ihr starten!
Das Wichtigste in Kürze
► Ihr seid 3–6 Teilnehmer*innen.
► Ihr trefft euch viermal, jeweils im Abstand von etwa einem Monat.
► Ihr benötigt pro Treffen etwa 2 1/2 Stunden.
► Ihr besprecht jeweils drei bis fünf Leitfragen aus einem der drei Themengebiete, die auch im Buch behandelt werden.
Das erste Treffen
► Begrüßung und Kennenlernen (etwa 30 Minuten)
► Den Rahmen klären (etwa 15 Minuten)
► Diskussion zu Leitfragen rund um »Ökologische Nachhaltigkeit«, → Seite 103 (etwa 45 Minuten)
► Aufgaben definieren und gemeinsam bepunkten (etwa 45 Minuten)
► Abschlussrunde (etwa 15 Minuten)
Begrüßung und Kennenlernen
Falls ihr euch nicht kennt, empfiehlt sich eine Kennenlernrunde: Erkläre den Teilnehmer*innen den Ablauf des Spiels, deine Rolle und warum du die Gruppe einberufen hast. Bitte alle, ihren Namen und zwei bis