Fußball-IQ - Dinge, die clevere Spieler tun. Dan Blank

Fußball-IQ - Dinge, die clevere Spieler tun - Dan Blank


Скачать книгу
Leider landet der Pass aber am linken Fuß des Mitspielers. Der muss jetzt einen halben Schritt zurück machen, um den Ball mitzunehmen, und noch vor der zweiten Ballberührung hat der Verteidiger die Lücke geschlossen, und unser Flügelspieler sieht sich gezwungen, zurückzupassen, damit die Mannschaft im Ballbesitz bleibt. Unser zunächst so vielversprechender Angriff gerät ins Stocken, und wir müssen neu aufbauen.

      Ein halber Meter – über mehr reden wir hier nicht. Der Pass landet nur einen halben Meter neben dem idealen Anspielpunkt, und das genügt, um eine hervorragende Chance für das Herausspielen einer Torgelegenheit zunichtezumachen. Eine Kleinigkeit?

      Wenn du am Ball bist, musst du dich in die Situation des Mitspielers versetzen, für den der Pass bestimmt ist, und ihm die bestmögliche Aussicht auf Erfolg geben. Manchmal zeigt sich das so deutlich, dass es buchstäblich wehtut: Spielst du den Ball an den Fuß deines Mitspielers, der weiter vom angreifenden Gegner entfernt ist, kann er ihn abschirmen. Landet der Ball an dem anderen Fuß, ist es nur noch eine 50:50-Chance und dein Mitspieler einem heftigen Tackling ausgesetzt.

      Abb. 6.1: Wenn der Angreifer den Außenverteidiger auf sich zieht und den Ball auf den starken rechten Fuß des Flügelspielers passt, kann der gleich mit dem ersten Ballkontakt in den Rücken des Verteidigers gelangen und ihn überlaufen. Landet der Pass am Nachziehbein, schafft es der Flügelspieler nicht mehr mit dem ersten Ballkontakt in den Rücken der Verteidigung.

      Ich schildere im Folgenden ein Beispiel aus meiner Trainingspraxis mit einer Spielerin, die ich Jackie nennen will. Wir spielten Fünf gegen Fünf mit zwei Torwarten, und Jackie bekam den Ball mit dem Rücken zum Tor am Elfmeterpunkt zugespielt. Sie wurde eng gedeckt und entschied sich deshalb dafür, den Ball zur völlig frei stehenden Mitspielerin Meghan zurückzuspielen. Meghan zog aus 20 Metern direkt ab, doch der Schuss verfehlte das Ziel. In dieser Situation unterbrach ich die Übung und fragte:

      Jackie, wie lange kennst du Meghan jetzt?

      Jackie: Drei Jahre.

      Kannst du mir sagen, welcher Fuß ihr starker Fuß ist?

      Jackie: Der linke.

      Warum hast du sie dann rechts angespielt?

      Jackie: Weil ich ein Idiot bin.

      Jackie ist keineswegs ein Idiot, aber dieser Pass war in der Tat idiotisch. Meghan ist eine der besten Schützinnen, die kenne … mit dem linken Fuß. Jackie wusste das, hatte aber bei diesem Pass nicht genug daran gedacht, wie sie der Mannschaft nützt. Auf unserem Spielniveau ist das ein inakzeptabler Denkfehler.

      Wer auf einem höheren Niveau spielen will, muss einen entsprechenden Standard einhalten. Den Ball irgendwie zum Mitspieler zu bringen, reicht dann nicht mehr. Man muss den Mitspieler in die bestmögliche Ausgangsposition bringen, und das bedeutet: Der richtige Ball muss am richtigen Fuß landen. Dafür gibt es eine wirklich einfache Gedächtnisstütze: Spiel einen Pass, den du selbst gerne bekommen würdest. Sorg dafür, dass der Ball nicht springt, wenn du ihn genauso gut auch flach halten kannst. Knall ihn dem Mitspieler nicht vor den Bauch, wenn du ihn an den Fuß spielen kannst. Und spiel ihn nicht auf den rechten Fuß, wenn er ihn auf dem linken braucht.

      Noch einen Rat zu deinen Pässen: Für den Ball, der deinen Fuß verlässt, bist du verantwortlich, und zwar so lange, bis er beim Mitspieler ankommt. Gelangt er nicht dorthin, wird niemand dem vorgesehenen Empfänger die Schuld dafür geben. Hat dir dein Mitspieler keinen hinreichenden Zuspielwinkel angeboten, solltest du also nicht so tun, als sei das Gegenteil der Fall. Wie oft sehe ich Spieler, die sich abmühen, einem Mitspieler, der sich in einem inakzeptablen Winkel anbietet, den Ball doch noch zuzuspielen. Immer und immer wieder gehört der Ball nach einem solchen Pass dem Gegner.

      Ist der Winkel, den dir der Mitspieler anbietet, nicht gut genug, dann spiel ihn nicht an. Und wenn du ihn anspielen musst, spiel den Ball nicht dorthin, wo er steht. Spiel ihn dorthin, wo er stehen sollte. Spiel den Pass in die akzeptable Gasse und lass ihn darum kämpfen. Auf diese Art ist es für deine Mannschaft sehr viel einfacher, im Ballbesitz zu bleiben, das kannst du mir glauben.

      Ich trainierte einmal eine Innenverteidigerin, die sich ständig über die rechte Außenverteidigerin aufregte, weil die sich grundsätzlich in einem ungünstigen Winkel anbot. Wir konnten das im Training so oft üben, wie wir wollten, im Spiel bekam sie es einfach nicht hin. Sie forderte immer den hoch riskanten Pass, bei dem die Möglichkeit bestand, dass die gegnerische Angreiferin ihn abfing. Unsere Innenverteidigerin hatte dann in einem Spiel endgültig genug von ihrer faulen Mitspielerin. Nach dem Seitenwechsel spielte sie absichtlich einen Pass 20 Meter weit in den Rücken der Außenverteidigerin und zwang sie so, zurückzulaufen, wenn sie den Ball aufnehmen wollte. Nach ein paar Spielzügen dieser Art wollte die Außenverteidigerin wissen, warum die Kollegin sie aus der Abwehrmitte heraus so schlecht anspielte. Die Angesprochene zischte zurück: »Sobald du mir einen guten Winkel anbietest, bekommst du von mir auch gute Pässe.« Amen.

      Hinweis für Trainer: An der University of Georgia drillen wir unsere Spielerinnen förmlich darauf, den richtigen Fuß anzuspielen, weil es ein so wichtiges Detail ist. Wenn eine Spielerin bei einem Ballbesitz-Spiel den falschen Fuß bedient, lassen wir sie das wissen. Bei manchen Übungen führt ein Pass auf den falschen Fuß automatisch zum Ballbesitz für den Gegner.

      7. KAPITEL

      Lupfer bei schmalem Zuspielwinkel

      Manchmal musst du einen Pass durch eine sehr schmale Gasse spielen. Spielst du den Ball flach, wird ihn der Verteidiger mit einer schnellen Fußbewegung abfangen oder abfälschen. In solchen Situationen hebst du den Pass am besten auf eine Höhe von etwa 30 Zentimetern an. Der Ball wird über den ausgestreckten rechten Fuß des Verteidigers hinweg zum Adressaten finden. Bei sehr guten Spielern kann man diese Art des Zuspiels regelmäßig beobachten.

      Hinweis für Trainer: Drei-gegen-Einen-Ballbesitz-Spiele sind eine hervorragende Gelegenheit, diese Pass-Variante zu erörtern, weil die Spieler dabei oft durch eine schmale Gasse spielen müssen.

      8. KAPITEL

      Die Drei-Schritte-Regel

      Wenn deine Mannschaft im Ballbesitz ist, bist du entweder der Spieler, der gerade den Ball hat, oder einer der zehn Spieler, die dem Passgeber möglicherweise helfen können. Zwischen diesen beiden Rollen musst (und solltest) du oft in Sekundenschnelle hin- und herwechseln.

      In dem Augenblick, in dem du den Ball spielst, musst du die Rolle wechseln. Du musst augenblich vom Zuspieler zur Anspielstation werden, und deshalb orientieren sich clevere Spieler an der Drei-Schritte-Regel.

      Wenn du einen Pass spielst, geht der Verteidiger normalerweise dem Ball nach, als würde er von ihm an einer Schnur gezogen. Die Bewegung, die sich am Weg des Balles orientiert, hat zur Folge, dass er sich zwischen dir und dem Empfänger des Passes befindet, was dich in einen toten Winkel bringt. Zum Glück ist das leicht zu beheben: im Durchschnitt genügen drei Schritten nach links oder rechts aus dem toten Winkel heraus. Durch diese drei schnellen Schritte wirst du abermals zu einer günstigen Anspielstation für deine Mitspieler.

      Wir absolvieren Ballbesitz-Übungen mit der Drei-Schritte-Regel. Nach jedem Zuspiel muss der Passgeber sofort mindestens drei schnelle Schritte machen, um wieder einen besseren Zuspielwinkel anbieten zu können. Unterlässt er das, wird das Spiel unterbrochen, und der Ballbesitz wechselt zur anderen Mannschaft.

      Kluge Spieler, Spieler, die den Ball fordern, sollten sich die drei Schritte (mindestens) zur festen Gewohnheit machen.

      Hinweis für Trainer: Probieren Sie folgende Ballbesitz-Übung aus. Wir nennen sie »31«, und sie gehört zu meinen Lieblingsübungen, weil sie so viele verschiedene Aspekte des Ballbesitz-Fußballs mit einschließt, unter anderem auch die Fragen, wann man mit nur einem Ballkontakt auskommt und wann man mit zwei oder noch mehr Kontakten spielen sollte. Die Übung ist auch für die Beobachter anstrengend, wenn Ihnen also Helfer, zum Beispiel verletzte Spieler, zur Verfügung


Скачать книгу