Wachsen - über mich hinaus. Katharina Kluitmann
7. Im Überschwang (un)endlich befreiter Liebe
1. Was erwartet Sie in diesem Buch? – Ein Vorwort voller Fragen
Wachsen. Eine Blume wächst, ein Baum auch, ebenso Haare. Kinder wachsen. Doch irgendwann ist der Mensch ausgewachsen, der Mann, die Frau er-wachsen. Kann er dann weiter wachsen? Oder muss sie es sogar?
Und wenn ja: Was wächst denn dann? Muskeln bis zum Waschbrettbauch? Oder die Raffinesse in Kochkunst oder Wohnkultur? Wachsen die Erfahrung, das Wissen – oder gar die Weisheit? Meine Persönlichkeit? Liebe kann wachsen, Hass aber auch. Eine Beziehung kann wachsen – zu Dingen, zu einem Menschen. Kann die Beziehung zu Gott wachsen? Oder ich in ihr?
Kann ich wachsen? Will ich wachsen? Oder soll ich wachsen? Ist Wachsen ein Lebensgesetz? Eine Last oder eine Lust? Hatte ich je das unbändige Verlangen zu wachsen, mehr ich zu werden – oder die Hoffnung, dass sich endlich etwas auswächst, an mir, in mir? Oder fürchte ich mich vor dem Wachsen, weil es wehtut? Wachstumsschmerzen lassen fragen, ob Wachsen Verlockung oder Pflicht ist. Wer verpflichtet da, wer lockt da? Kenne ich Werdescheu? Wenn ich dann doch wachse, reife ich dann auch? Perfektioniere ich mich – oder bin ich auf dem Weg der Vollkommenheit?
Wohin wachse ich denn, wenn ich über mich hinauswachse? Hin auf mein besseres Ich? Oder auf ein Ideal zu, das mir jemand – ja, wer eigentlich? – vorlegt? Werde ich anders oder eine andere, wenn ich wachse? Verliere ich dabei, oder gewinne ich? Verliere ich mich dabei, oder gewinne ich mich erst wirklich?
Wenn Wachsen, sogar Wachsen über mich hinaus, Gewinn ist – wie geht das dann? Was brauche ich dafür? Was kann ich dafür tun? Was muss ich lassen? Oder hilft es, einfach abzuwarten, weil mir Wachstum dann geschenkt wird, unmerklich, wie bei einer Blume?
Viele Antworten lassen sich nur sehr persönlich geben und leben. Da sind der und die Einzelne gefragt. Es ist wahr, dass unterschiedliche Pflanzen unterschiedliche Böden brauchen, um optimal zu gedeihen. Gleichzeitig ist aber auch wahr, dass ganz ohne Wasser nicht einmal eine Wüstenpflanze überlebt.
Es gibt Lebensgesetze, die sich aufzeigen lassen. Geboren aus Erfahrung, Reflexion, Beobachtung und Forschung hält die Psychologie Wissen bereit, das (wenn es gut geht) geronnene Lebensweisheit ist. Aus meiner Arbeit als Psychologin möchte ich psychologische Modelle anbieten, die vielleicht Orientierung im eigenen Leben geben können.
Das eindrücklichste Modell sind Menschen, konkrete Vorbilder, an deren Erfahrung wir teilhaben können. An ihnen lässt sich ablesen, wie es gehen kann – und manchmal eben auch, wie es nicht geht. Für mich als Franziskanerin ist Franz von Assisi solch ein Mensch. Mit seinen Ecken und Kanten hat er ein Leben geführt, das bis heute fasziniert, obwohl kaum jemand, auch nicht in den franziskanischen Gemeinschaften, so lebte oder lebt wie er. Obwohl mein Leben sich gravierend von dem des Heiligen unterscheidet, innerlich wie äußerlich, und uns über ein halbes Jahrtausend voneinander trennt, lerne ich viel von ihm. Ich schaue mir an, was er erlebt hat und wie er mit sich und diesen Erlebnissen umgegangen ist. Ich lese, was er geschrieben hat. Ich lese – und staune oft genug, wie nah mir das ist, selbst wenn Sprache und Bildwelt manchmal sehr anders sind als meine. Als „Franziskanerin von der Buße und der christlichen Liebe“ bin ich auf das Wort „Buße“ bei Franziskus gestoßen. Es ist ein fremdes Wort mit unangenehmen Anklängen. Meilenweit scheint es weg von dem, was die Psychologie über menschliches Wachstum lehrt. Doch dann lassen sich ganz erstaunliche Parallelen für diesen Entwicklungsprozess des Wachsens entdecken. Denn wenn man lange genug den Staub der Jahrhunderte abgewischt hat, beginnt das Wort „Buße“ neu zu strahlen. Es zeigt unerwartet dynamische, wachstumsfördernde Aspekte voller Lebendigkeit. Diese Entdeckungsreise möchte ich mit Ihnen teilen, weil sie mir beim Wachsen hilft und vielleicht auch Ihnen.
Da Franziskus nichts anderes wollte, als das Evangelium zu leben, bedürfen meine Antwortversuche eines Blicks in die Evangelien, in die ich als Christin, als Theologin schaue. Was wächst in den Evangelien? Dachten ihre Autoren an so etwas wie menschliches Wachstum? Wie helfen sie uns, unser Leben zu gestalten, so dass wir über uns hinauswachsen? Was sagen sie zu Buße, zu Umkehr?
Der Weg dieses Buches geht also von menschlichen Wachstumsprozessen aus, um von da aus auf einige Schriften von Franziskus zu blicken. Was sich hier auftut, wird mit den Evangelien in ein Gespräch gebracht, um dann nochmals auf Franziskus und sein Leben zurückzuschauen, um in diesen Spuren das eigene Leben sehr praktisch zu bedenken, bevor das Schlusswort den Horizont noch einmal weiter öffnen möchte.
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