Fetisch. Eva van Mayen
Mich hält nichts mehr in der Firma. Auch wenn ich gewollt hätte, an Arbeit ist nicht mehr zu denken. Ich nehme dieses unfassbare Foto meiner Frau, lege es auf den Beifahrersitz und mache mich auf den Weg in die Innenstadt.
Wieder blicke ich auf das Foto und sehe Anke als gestiefelte Schlampe in geilstem schwarz glänzenden Lack in diesem bizarren Keller provokativ vor dem Spinnennetz stehen. Das was da so heiß fotografiert wurde, ist nicht meine Frau. Wie ablehnend hat sie sich immer verhalten, wenn ich vorsichtig versucht habe, ihr meine Vorlieben etwas näher zu bringen. Und jetzt wäre sie eine absolute Nummer eins in meinem versteckt geglaubten umfangreichen Bilderordner.
Ich kann nicht verstehen, dass sie diese Sammlung von mitunter äußerst bizarr gekleideten hoch gestiefelten oft auch dominanten Frauen, dazu gebracht haben kann, nun selbst so überzeugend in solch eine Rolle zu schlüpfen. Alles andere hätte ich erwartet nur diese Reaktion nicht. Diese Geburtstagsüberraschung ist ihr wirklich gelungen!
Aber sie, die bisher immer was ihr Aussehen betrifft auf ein sehr gepflegtes Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit Wert legt, wird es doch nicht wagen, in solch einem nuttigen Outfit in dem Café zu erscheinen?
Und jetzt geht mir auch noch eine weitere Frage nicht mehr aus dem Sinn: Was sind das nur für unbekannte Stiefel, die sie auf ihrer Karte noch erwähnte? Alleine solch eine Ankündigung lässt meine Fantasie Purzelbäume schlagen.
In der Stadt angekommen, finde ich sofort ein Parkhaus mit freien Plätzen und muss feststellen, dass ich gut eine halbe Stunde zu früh dran bin. Irgendwie fühle ich mich im Augenblick zurückversetzt in die Zeit, als ich fünf Jahre alt war und an Weihnachten auf das Christkind wartete. Der einzige Unterschied ist wohl, dass neben der Ungeduld auf die noch zu erwartenden Überraschungen dieses Mal noch eine sich stetig steigernde Geilheit in mir hinzukommt.
Um die Zeit zu überbrücken schlendere ich alles andere als entspannt durch die kleineren Einkaufsstraßen und kann es kaum fassen, als ich plötzlich fünfzig Meter vor mir Anke entdecke. Eigentlich sind es wieder einmal Stiefel, die mich plötzlich hell wach werden lasen und all meine Sinne fokussieren. Natürlich tragen gerade zur Zeit viele Frauen schöne Stiefel, doch Overknees sind eine absolute Ausnahme. Aber diese schwarzen, eng anliegenden, die Oberschenkel fast bis zur Mitte bedeckenden Prachtexemplare aus Leder sind der absolute Wahnsinn.
Auch aus der Entfernung erkenne ich klar, dass die stiftförmigen Absätze relativ hoch sein müssen und bewundere Ankes beeindruckende Körperhaltung. Die Stiefel kommen deshalb so hervorragend zur Geltung, weil sie eine hauteng sitzende hüftbetonte Jeans trägt, die sich um ihren Prachthintern spannt und diesen wahnsinnig toll zur Geltung bringt. Wie froh bin ich, dass sie heute nur eine kurze bis knapp zur Hüfte reichende Lederjacke trägt! All das was ich begeistert wahrnehme, gehört eindeutig zu meiner Frau, und von ihr geht gerade eine in der Form noch nicht wahrgenommene einzigartige Stärke und Kraft aus. Sie verkörpert hier auf der Straße mein Bild einer wahren Stiefellady!
Und genau diese ihre Sicherheit macht mir jetzt zu schaffen. Wie gerne würde ich sofort auf sie zu rennen, sie auch von vorne sehen, sie in den Arm nehmen und mitten auf der Straße meinen Gefühlen freien Lauf lassen. Was mich zurück hält, ist so etwas wie eine neue Macht, die sie in diesem Augenblick ausstrahlt, und auch ihre klare Anweisung, dass sie mich um Punkt 14 Uhr an einem reservierten Tisch in unserem Lieblingskaffee erwartet. Zum ersten Mal entwickelt sich in mir das Gefühl, dass da eine ganz andere begehrenswerte Frau vor mir her geht, der ich mich heute an meinem Geburtstag unterzuordnen habe. - Was für ein Geschenk!
Ein kurzer Blick auf meine Uhr sagt mir, dass ich noch einige Minuten Zeit habe und der Beschluss fällt mir leicht, ihr möglichst so, dass sie mich nicht entdecken kann, noch ein wenig zu folgen. Spannen war eigentlich noch nie mein Ding. Jetzt auf einmal muss ich auch diese vermutlich unterdrückte Seite in mir wahrnehmen und mir eingestehen, wie sehr mich dies alles erregt.
Aber ich bin nicht der einzige, den sie durch ihr beeindruckendes Erscheinungsbild und Auftreten in ihren Bann zieht. Ich kann nicht glauben, wie viele ihr einen heimlichen Blick zuwerfen, sich nach ihr umdrehen oder sie sogar regelrecht anstarren. Ja, kurz hinter ihr laufen schon die ganze Zeit zwei Kerle, die ihr lüstern auf den Hintern starren. Aber das scheint Anke, die sonst eher zurückhaltend in der Öffentlichkeit auftritt, heute überhaupt nicht zu stören. Ganz im Gegenteil, die Art wie sie in diesen irren Stiefeln geht und so fast zwangsläufig ihren geilen Arsch gekonnt in Szene setzt, scheint ihr richtig Spaß zu machen.
All das ist nicht erklärbar. Und so frage ich mich, welche Zauberpille sie wohl eingeworfen haben muss, um sich von Null auf Hundert derart zu verändern. Oder habe ich vielleicht in der letzten Zeit etwas vor lauter Firmenstress verpasst?
Anke bleibt vor dem Schaufenster eines Wäsche-Ladens stehen, betrachtet eingehend die ausgefallenen Strumpfwaren und Dessous in der Auslage und beschließt schließlich, das Geschäft zu betreten. Irgendwie bin ich froh, dass die beiden komischen Typen ihr nicht bis in den Laden folgen sondern mit einigen laut ausgesprochenen Kommentaren zu den ‚krassen Stiefeln, dem geilen Arsch und dass man die Alte durchficken müsste’ ihren Weg fortsetzen.
Schon ein vorsichtiger Blick durch das Fenster sagt mir, dass der Einkauf etwas dauern kann. Da der vorgegebene Zeitpunkt bald erreicht ist, halte ich es für sinnvoll, nun den von hier aus nahen Treffpunkt unbemerkt aufzusuchen. Erleichterung stellt sich bei mir ein, als ich in dem Café zu dem reservierten Tisch geführt werde, der etwas abseits in einer kleinen Nische steht. Die Aussicht in Kürze meine Anke hier eher für mich haben zu können, steigert meine freudige Erwartung auf all das was wohl bald geschehen wird.
Natürlich ist sie nicht pünktlich. Das führt dazu, dass das Chaos in meinem Hirn sich weiter steigert. Heute Morgen beim Frühstückstisch war eigentlich bis auf die Tatsache, dass sie kein Geburtstagsgeschenk für mich bereit liegen hatte, alles so wie immer.
Und dann taucht Anke plötzlich wie eine Göttin vor der Nische auf. Sie bleibt einfach zwei Meter vor mir stehen, stützt mit ihren Händen ihre Hüften ab, spreizt ihre Schenkel ein wenig und schaut mit einem ganz besonderen Lächeln auf mich herunter. Auch wenn ich meine Frau seit Minuten regelrecht herbeigesehnt habe und mir schon vorher durch Zufall einen Eindruck von ihrem außerordentlich scharfen Outfit machen konnte, kann ich gar nicht anders, als sie nur anzustarren. Ihre makellosen, bestimmt zum ersten Mal heute getragenen, unglaublich hohen und sicher aus feinstem Nappaleder gearbeiteten Stiefel sind von vorne noch überwältigender, als ich es erwarten durfte. Sie passen perfekt!
Noch nie trug Anke Schuhe mit für ihre Verhältnisse so hohen, spitzen, schmalen Absätzen. Diese sind bestimmt zehn Zentimeter und verstärken die Ausstrahlung, die von diesen Langschäftern ausgehen, unglaublich. Aber Anke sieht so, wie sie nun dezent geschminkt vor mir steht, keineswegs so nuttig aus wie auf dem Foto, vielmehr geht von ihr eine elegante Dominanz aus, der ich innerhalb von Sekunden völlig ergeben bin. Als ich, um mich selbst ein wenig wieder in den Griff zu bekommen, tiefer einatme, bin ich überzeugt, einen unverkennbaren Ledergeruch, der von diesen fantastischen Overkneestiefeln ausgehen muss, wahrzunehmen. Auch dies verstärkt den Trancezustand indem ich mich im Augenblick befinde.
"Willst Du mir nicht endlich aus der Jacke helfen?"
Das hat sie noch nie von mir verlangt. Aber ich kann gar nicht anders, als mich sofort bei ihr zu entschuldigen, aufzuspringen und das Versäumte mit einer mir eigentlich unbekannten Ehrfurcht und Ergebenheit auszuführen. Um diesen Fehler auch sogleich wieder gut zu machen, geleite ich Anke dann zu ihrem mir direkt gegenüberliegenden Sitzplatz und rücke ihren Stuhl gefühlvoll, wie ich es eigentlich sonst nur in kitschigen Filmen gesehen habe, zurecht.
Auf dem Weg zurück zu meinem Platz, glaube ich gerade noch so etwas wie ein siegessicheres Grinsen bei ihr erkennen zu können. Aber jetzt verändert sich die Stimmung plötzlich schlagartig und wir beide scheinen wohl in ein kleines Loch zu geraten und sind schließlich froh, dass die Bedienung kommt und unsere Bestellung aufnimmt.
Und ich weiß, dass ich wohl etwas sagen sollte.
"Anke, du glaubst gar nicht was für eine große Freude du mir heute an meinem Geburtstag bereitest. Du bist besonders auch in diesen Wahnsinnstiefeln die tollste Frau der Stadt!"