Verantwortungsvoll führen in einer komplexen Welt. Mark Lambertz
sondern erzeugte lediglich flankierende Maßnahmen. Das Konzept des «Shared Value» schließlich schlägt vor, das Unternehmen gemeinsam mit den von den Geschäftsaktivitäten unmittelbar Betroffenen weiter zu entwickeln. Der Erfolg dieser Bemühungen lässt sich noch nicht endgültig abschätzen. Mit dem Konzept des «Public Value» – der dem Gemeinwohl verpflichteten Wertschöpfung – kehrte die Erfolgsmessung von Unternehmen wieder an ihre Wurzeln zurück. Die ganzheitlichen Ansätze der 1970er-Jahre werden zeitgemäß aufgearbeitet, und die gesellschaftliche Funktion der Unternehmensführung rückt in den Mittelpunkt. Und auch der Customer Value erlebt im digitalen Zeitalter eine eindrucksvolle Wiederkehr, wie im 4. Kapitel zu zeigen sein wird.
Jedes dieser Konzepte hat sein eigenes Messinstrumentarium entwickelt. Wenn also von Erfolgsmessung gesprochen wird, so muss die jeweilige Perspektive spezifiziert werden. Kommt der Shareholder Value-Ansatz zum Zug, dann sind ganz andere Messgrößen im Spiel, als wenn die Perspektive der Corporate Social Responsibility eingenommen wird. Dies wird in den Kapiteln 3 und 4 ausführlich begründet und illustriert. Entscheidend ist dabei, dass keine Messgröße Anspruch auf absolute Priorität beanspruchen kann, wie dies beispielsweise mit dem Shareholder Value in den 1990er-Jahren der Fall war. In jeder Situation ist aufzuzeigen und zu begründen, welche Erfolgsmessung im Interesse der nachhaltigen Entwicklung des Unternehmens ist. Der Public Value – Ansatz versucht diesen Prozess zu strukturieren und so eine ganzheitliche Sicht sicherzustellen. [41]
Mit dem Public Value-Konzept kehrt die unternehmerische Erfolgsmessung wieder an ihre Wurzeln zurück, zur Wertschöpfung für die Gesellschaft.
Das Public-Value-Konzept wird im Mittelpunkt der Ausführungen des 3. Kapitels zum sinnstiftenden Wertbeitrag des Unternehmens stehen. Mit der praktischen Umsetzung dieses Konzeptes in Form der Public Value Scorecard werden die Anliegen der verschiedenen Ansätze der Erfolgsmessung aufgenommen. Bisher fehlte eine übergreifende und integrierende Sichtweise der Wertschöpfung für die Gesellschaft und damit letztlich für den einzelnen Menschen. Das Konzept des «Public Value» stellt dieses Denkmuster bereit und gibt damit dem schwer fassbaren Begriff des Gemeinwohls ein Gesicht.
«Immer dann, wenn Menschen ihre Werte und Bedürfnisse im gesellschaftlichen Umfeld verwirklicht sehen, wird das Gemeinwohl gestärkt. Unternehmen leisten dazu ihren Beitrag, indem sie in den Augen der Bevölkerung im Kerngeschäft erstklassige Arbeit leisten, zur Lebensqualität beitragen, den Zusammenhalt der Gesellschaft stärken und sich anständig verhalten. Gemeinwohl wird so fassbar, aber steuern lässt es sich nicht, weder durch staatliche Eingriffe noch durch privatwirtschaftliche Initiativen – dies im Einklang mit der liberalen Weltsicht. Es ist der Preis der Freiheit, darauf zu setzen, dass Unternehmen im eigenen Interesse ihre Geschäftsmodelle gemeinwohlverträglich ausrichten. Nur so können sie dauerhaft am Markt bestehen, die besten Talente halten und letztlich auch ihre Anteilseigner überzeugen» (GOMEZ, MEYNHARDT, 2018). Ähnlich argumentiert auch Colin MAYER in seinem Buch «Prosperity» (MAYER, 2018).
Für das Denken und Handeln der reflektierenden Praktiker bedeuten diese Erkenntnisse Folgendes:
— Sei vertraut mit den Konzepten des Customer Value, des Shareholder Value, des Stakeholder Value und des Shared Value – denn sie sind je einzeln unerlässlich für eine gute Unternehmensführung!
— Verliere die integrierende Sichtweise des Public Value nie aus den Augen, die den menschlichen Grundbedürfnissen verpflichtet ist!
— Verstehe das Gemeinwohl als eine regulative Idee, nicht als unternehmerische Messgröße.
— Nutze die Freiheit, im Interesse des Unternehmens deine Geschäftsmodelle gemeinwohlverträglich auszurichten!
Mit dem 5. Denkmuster zur ganzheitlichen Erfolgsmessung schließt sich der Kreis der Anforderungen, die reflektierende Praktiker in Zeiten grundlegenden Wandels an sich selber stellen müssen. Im folgenden 2. Kapitel sollen nun diese Denkmuster in eine «Landkarte für reflektierende Praktiker» umgesetzt werden. [42]
2.
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