Traum und Evolution. Ortrud Grön

Traum und Evolution - Ortrud Grön


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längeren Traumtexte empfing ich in halbwachen Zuständen in der Nacht zwischen zwei und drei Uhr durch ein inneres Hören. Das verlangte stets viel Kraft und Überwindung, nicht wieder einschlafen zu wollen. Das, was ich hörte, schrieb ich sogleich mit.

      Es gibt viele Methoden, Träumen in ihrer Bedeutung nachzugehen. In einem Traum hörte ich dazu:

      Die vielen Methoden zum Verständnis von Träumen basieren auf der Kraft ihrer Bilder. Es braucht dazu die Kraft, die dieser Sprache innewohnende Wahrheit zu erfahren.

      Dazu gehören auch alle anderen Bilder eines Traumes wie Personen, Fahrzeuge, Gebäude, Gegenstände u.a.

      In dieser Zusammenfassung aber beschränke ich mich auf die Metaphorik von biologischen Prozessen in der Pflanzen- und Tierwelt und besonders auf die vier Grundkräfte, die unseren Lebensprozess bewegen.

      Unter Gleichnissprache verstehe ich, die wesentliche Eigenart eines Bildes von der materiellen Ebene auf die geistige Ebene zu transformieren. Alle alten Kulturen haben nur in Bildern der sie umgebenden Natur den Sinn von Leben geschildert – auch allen Religionen liegt dieses Denken in Naturbildern zugrunde.

      2. Gedanken zur Entstehung der Natur

      Aufgrund unserer Erfahrungen frage ich mich, wieso sich so viele Menschen die wunderbare Ordnung der Natur ohne Schöpfer vorstellen. Vor uns liegt eine verschwenderische Lebensfülle. Jeden Tag entdecken Wissenschaftler neue Zusammenhänge, neue Gesetzmäßigkeiten, in die wir eingebettet sind. Alle diese Gesetze gab es lange Zeit, bevor der Mensch überhaupt entstanden ist. Der Mensch, der selbst ein Teil der Schöpfung ist, hat diese Gesetze folglich nicht »erfunden« sondern »entdeckt«. Trotzdem zweifeln so viele, ob es einen dem Menschen weit überlegenen Geist geben könnte, der diese Naturgesetze erschaffen hat.

      Wenn sich die Natur aus sich selbst heraus entwickelt hätte, wie viele es für möglich halten, wäre die Natur nicht der materielle Ausdruck des göttlichen Geistes, sondern die Natur müsste der schöpferische Geist ihrer selbst sein. Die Konsequenz daraus wäre, dass die Natur sich den Menschen ausgedacht hätte – wozu aber? Sie ist sich selbst genug – der Mensch aber ist ein Schüler der Natur, der ständig dazu lernen muss, wenn er sie nutzen und nicht zerstören will.

      Diese Bedeutung nehmen die Träume auf. Indem sie alle Details der Natur als Metapher nutzen, um uns Wege in unsere schöpferische Kraft zu öffnen. In der Evolution bleibt der Sprung zum Menschen, der sich seine Natur bewusstmachen muss, anstatt instinktiv wie die Natur zu leben, biologisch ein Rätsel. Deshalb denke ich, muss in uns eine höhere geistige Kraft wirksam sein, die unsere Bewusstheit für das Bewusstwerden von Leben herausfordert. Je tiefer wir in die Geheimnisse der Natur und ihre Vielfalt eindringen, umso differenzierter nehmen wir unser eigenes Leben darin wahr. Jede Pflanze und jedes Tier kann nur das eigene Wesen entfalten, die Ameise kann kein Schmetterling, die Maus kein Löwe, das Huhn kein Adler werden, so bleibt eine Distel immer eine Distel, ein Rosenstrauch ein Rosenstrauch und die Buche wird nie eine Zypresse. Aber der Mensch kann im Laufe seiner Entwicklung sehr viele dieser Gestalten durchlaufen. Pflanzen und Tiere jeglicher Art begleiten ihn auf dem Lebensweg und begegnen ihm in Träumen als Spiegel seiner geistigen und emotionalen Entwicklung.

      Unerklärlich am Weltbild ohne Schöpfer ist auch die Vielfalt der Gefühle. Sie erzeugen Harmonie oder Disharmonie. Alle diese Gefühle antworten auf unser Denken und Verhalten. Durch sie fühlen wir, was sich positiv oder negativ auf unser Leben auswirkt.

      In der Natur empfängt jedes Lebewesen Instinkte, um seine Eigenart zu entwickeln und zu schützen. Der Mensch aber durchläuft eine Vielzahl von Gefühlsaufforderungen, die ihn zu neuen Bewusstwerdungen drängen. Der Sprung in der Evolution von der Natur zur Denk- und Sprachfähigkeit des Menschen bleibt somit ein Geheimnis. Und so frage ich: Könnte nicht die Natur der materielle Ausdruck eines Weltgeistes sein, der die schöpferische Idee verfolgt, sich Wesen zu erschaffen, die seinen Geist suchen, um frei und schöpferisch zu werden in der Liebe zum Leben?

      Ich träumte einmal diese wunderbare Mitteilung:

      In jedem Menschen gibt es ein göttliches Du.

      Ich habe erfahren, wie das göttliche DU uns zur Fülle von Leben leitet. Leben ist so genau durchdacht. Ein Traumtext sprach es in dieser Weise aus:

      Das Leben gibt uns den Durst nach einem klaren Wasser der Gefühle.

      Den Wunsch nach Freiheit.

      Den Drang nach Kreativität.

      Das ist die Liebe zum Leben.

      Die Liebe bringt Licht und Wärme, widersprüchliche Gefühle und Zweifel auf uns zu.

      Durch diese werden wir herausgefordert, selbst die richtige Entscheidung zu treffen.

      Dabei helfen uns die Träume.

      Wenn wir die richtige Entscheidung getroffen haben, kommen alle Widersprüche zur Ruhe, dann fühlen wir uns wohl und sind befriedigt.

      Trotzdem entziehen sich viele Menschen der Frage, woher die Ordnung des Seins kommt. Sind sie gleichgültig? Oder haben sie vielleicht das Gefühl, Gott kann es nicht geben, wenn so viel Grausamkeit auf der Welt gelebt wird? Weil Menschen aus Hass und in dem Bedürfnis, Macht zu gewinnen, Leben zerstören, um auf diese Weise ihren Selbstwert zu finden? Dazu hörte ich in einem Traum:

      Alle Grausamkeit in der Welt ist ein Nichtwissen.

      Darum müssen wir immer wieder leiden, weil wir sonst nicht genug denken.

      Zur Führung durch den göttlichen Geist träumte ich:

      Die Sprache des Tages zwischen Gott und Mensch ist die Vielfalt der Gefühle, die Sprache der Nacht ist der Traum.

      Zur Liebe, die beide Wege erfordern, hörte ich diese Worte:

      Es ist der direkte Dialog mit Gott, der in jedem Menschen eine Wohnung für sich erschafft. ER muss es leisten, aber der Mensch muss es auch leisten.

      Die Liebe, die das braucht, um alle Menschen zu begleiten, ist überwältigend. Der Kosmos ist offenbar voll des göttlichen Geistes, der sich all seinen Geschöpfen zuwendet. Als ich zweifelte, ob ich so denken sollte, träumte ich

      Gott darf nicht nur gefühlt, sondern muss auch gedacht werden dürfen.

      Der Traumtext gab mir den Mut, andere Menschen anzuregen, sich eigene Gedanken zum Göttlichen zu machen. Während heute einige Naturwissenschaftler sich immer mehr dem Gedanken annähern, dass ihr Wissen vom Leben an Grenzen stößt und dass es einen Geist geben muss, um das Universum zu erschaffen, weiter zu entfalten und zu erhalten, erliegt unser Zeitgeist mehr und mehr dem materiellen Fühlen und Denken. Der Zeitgeist macht auch vor der Natur nicht halt. Die Gesetze der Natur werden durch materielle Ziele laufend verletzt. Die beunruhigende Frage, wohin uns die fehlende Achtung vor der Natur führen wird, stellte sich für mich umso eindringlicher, je mehr ich in Träumen erkennen konnte, dass Pflanzen und Tiere nicht nur materiell existieren, sondern zugleich Gleichnisse unserer geistigen Entwicklung sind.

      Darum denke ich, es ist endlich Zeit, dass die Kirche ihre Gleichnisauslegungen aus Dogmen befreien sollte und die Naturbilder wie das Wasser, den Fischfang, den Weinberg und anderes neu erarbeitet (vgl. Grön 2014).

      Novalis sagte:

      Weisheit ist Harmonie

      und

      Der Traum belehrt uns auf eine merkwürdige Weise von der Leichtigkeit unserer Seele.

      Einer meiner Träume sagte mir das mit diesen Worten:

      Es sind die Heiteren, die die Welt aufmerksam machen auf die Kraft des Geistes.

      Ein besonders schönes Naturgleichnis dazu ist der Schmetterling, der nach einem mühevollen Raupenleben – sich immer wieder häutend – nunmehr in den schönsten Farben von Blume zu Blume fliegt (Blüten sind im Gleichnis aufblühende Wünsche), um den Nektar, den süßen Blütentau zu gewinnen.

      Wenn die unterschiedlichen Religionen in der Welt ihre vielen Naturgleichnisse als Wegweiser zu den Gesetzen von Leben


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