Die geteilte Seele. Iris Zachenhofer
an den Abenden, wenn die anderen gemeinsam essen gehen oder etwas unternehmen, komplett zurückziehen. Denn meist versteht sich der Typ Sophie nur mit wenigen richtig gut und hat deshalb keine Lust auf große Runden. Es belastet ihn schon genug, bei solchen Gelegenheiten den ganzen Tag mit Kollegen verbringen zu müssen.
»Bei den Jahrestagungen der Neurochirurgen wäre es mir jedes Jahr das Liebste, ich könnte unsichtbar sein«, erzählte mir Sophie einmal. »Dann könnte ich mir in Ruhe die Vorträge anhören, ohne ständig Small Talk führen zu müssen. Dann könnte ich auch in Ruhe durchs Ausstellungsgelände gehen, ohne dass mich ständig Pharma-Vertreter anquatschen.«
Nach einem Kongress in München meinte sie: »Der beste Abend war der mit dem Abschiedsdinner. Da sind die ganzen neurochirurgischen Trotteln fein ausgegangen und ich konnte mich in aller Ruhe in ein gemütliches Wirtshaus setzen, ohne ständig eines dieser blöden Gesichter sehen zu müssen.«
Jemand hatte einmal von Sophie behauptet, sie würde Friseuren und Taxifahrern Trinkgeld fürs Schweigen geben. Ich konnte mir gut vorstellen, dass das stimmte.
Die guten Eigenschaften der inneren Sophie: Sie ist stark, unabhängig, direkt, realistisch, selbstständig, authentisch, hartnäckig und lässt sich nicht täuschen.
Die schlechten Eigenschaften der inneren Sophie: Sie ist distanziert, kühl, emotionslos, grob, unsensibel, wenig einfühlsam, abweisend und unnahbar.
Mit einer dominanten Sophie …
… haben wir den dringenden Wunsch, einmalige Einzelwesen und unverwechselbare Individuen zu sein. Wir versuchen, so unabhängig wie möglich zu sein und ja niemanden zu brauchen. Wir distanzieren uns gerne von unseren Mitmenschen, halten Abstand, vermeiden vertraute Nähe, haben Angst, uns zu öffnen, uns hinzugeben und sind misstrauisch und überaus rational. Nähe, Sympathie oder Zuneigung erleben wir leicht als Bedrohung.
Wir entwickeln das Bedürfnis, unverletzbar zu sein und unsere Gefühle kontrollieren zu müssen. Zu diesem Zweck legen wir uns eine Fassade zu, hinter die niemand mehr blicken kann. Von außen wirken wir distanziert, kühl und sachlich, aber allzu leicht auch schroff und seltsam. Kein Wunder, dass wir mit dieser Prägung leicht Singles bleiben.
Mit einer besonders schwach ausgeprägten Sophie in uns …
… haben wir Probleme damit, uns als unabhängig von anderen wahrzunehmen. Wir fühlen uns schnell einsam und sind am besten immer von vielen Menschen umgeben. Unsicherheit gegenüber unseren eigenen Gedanken und Überzeugungen führt dazu, dass wir uns stark an den Meinungen anderer orientieren.
In der Arbeit fragen wir häufig, wie genau eine bestimmte Tätigkeit gemacht werden sollte und ob wir auch alles richtig machen. Dies kann in anderen den Eindruck entstehen lassen, wir wären unsicher, unselbstständig oder sogar inkompetent.
In einer Beziehung zeigt sich ein ähnliches Muster. Wir haben es am liebsten, wenn unser Partner uns genau sagt, was wir machen sollen. Getrieben von unserer eigenen Unsicherheit und Unselbstständigkeit suchen wir die permanente Bestätigung des Partners und wären am liebsten zu jeder Zeit mit ihm zusammen.
Diese Faktoren können oft erdrückend für den Partner sein, da er das Gefühl haben kann, die Verantwortungs- und Entscheidungsgewalt auf seinen Schultern tragen zu müssen.
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