HUMBLE INQUIRY. Edgar H. Schein

HUMBLE INQUIRY - Edgar H. Schein


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Prozessberatung Führungskräfte und Berater ausbilden.

      Weiterführende Hinweise erschließt Ed Scheins Autobiographie, in der sich Spannendes zur Entstehung seines ganzen Gedankengebäudes von Prozessberatung und der Unternehmenskultur findet (erscheint in Kürze). Einblicke in seine Biographie finden sich auch im Buch Führung und Veränderungsmanagement (2009) und in einigen Aufsätzen, die er für die Zeitschrift Profile geschrieben hat (z. B. Schein 2006a; 2006b).

      Wir wünschen diesem Buch viel Erfolg

      Gerhard Fatzer, Ronco sopra Ascona im März 2015

      Danksagung

      Dieses Buch hat sich über mehrere Jahre hinweg entwickelt. Das Konzept des Humble Inquiry war Teil meines Buches Prozess und Philosophie des Helfens, doch es war Jeevan Sivasubramaniam, der sofort erkannte, dass daraus ein eigenes Buch werden sollte. Ich zögerte eine Weile, danke ihm jetzt doch herzlich für seine hartnäckigen Bemühungen, um mich von diesem Projekt zu überzeugen. Ich habe viele Versionen an meinen Kollegen vom MIT und meinen Beraterfreunden getestet und bin ihnen allen sehr dankbar für die Ermutigung und das Feedback. Am meisten geholfen haben mir von ihnen Daniel Asnes, Karen Ayas, Lotte Bailyn, David Coughlan, Tina Doerffer, Jody Gittell, Tom Huber, Mary Jane Kornacki, Bob McKersie, Philip Mix, Joichi Ogawa, Jack Silversin, Emily Sper, John van Maanen, Ilene Wasserman und die Mitarbeiter des Verlags, die mir detaillierte Kommentare und Vorschläge gebracht haben.

      Die Konzepte und Ideen stammen aus meiner Erfahrung, daher muss ich den vielen Freunden, Klienten und Fremden danken, die mir einerseits die gute Seite des Humble Inquiry gezeigt haben, andererseits die schlechte Seite, indem sie mir Dinge zur falschen Zeit sagten oder als ich noch nicht bereit war, sie zu hören. Ich schätze das Gute und das Schlechte und habe aus beidem gelernt.

      Ich will meinen Kindern für ihre Ermutigung und ihre Unterstützung danken, als ich mit der Arbeit und dem Schreiben weitergemacht habe, sogar dann, als die Umstände es erlaubt hätten, dass ich es sein lasse und nur an Blumen rieche. Abschließend möchte ich meiner Freundin Claude Madden danken, die in den letzten Jahren mit meinen Höhen und Tiefen gelebt hat, als ich versuchte, dieses Buch in die heutige Form zu bringen. Sie war eine beständige Quelle der Ermutigung und der Unterstützung.

      Palo Alto, CA, Juni 2013

      Einleitung: Positive Beziehungen und effektive Organisationen schaffen

      Dass ich dieses Buch geschrieben habe, hat persönliche und berufliche Gründe. Auf persönlicher Ebene habe ich es nie gemocht, wenn mir Dinge unaufgefordert mitgeteilt werden, insbesondere Dinge, die ich bereits weiß.

      Letztens habe ich ungewöhnliche Pilze bewundert, die nach einem starken Regen gewachsen waren, als eine Dame, die mit ihrem Hund spazieren ging, stehen blieb und mir mit lauter Stimme mitteilte, »Manche von denen sind giftig, wissen Sie.« Ich antwortete: »Ich weiß«, und sie fügte hinzu: »Manche von denen können Sie umbringen, wissen Sie.«

      Mir fiel nicht nur auf, dass ihr Mitteilungsdrang es schwierig machte, auf positive Weise zu reagieren, sondern auch, dass sie mich damit beleidigte. Ich bemerkte, dass ihr Ton und ihr Mitteilungsdrang den Aufbau einer positiven Beziehung verhinderten und die weitere Kommunikation unangenehm machten. Ihre Intention mag gewesen sein, mir zu helfen, und doch fand ich dies nicht hilfreich und wünschte mir, sie hätte mir eine Frage gestellt, entweder gleich zu Beginn oder nachdem ich »Ich weiß« gesagt hatte, anstatt zu versuchen, mir noch etwas mitzuteilen.

      Warum ist es so wichtig zu lernen, wie man bessere Fragen stellt, die dabei helfen, positive Beziehungen zu schaffen? Weil wir in unserer zunehmend komplexen, verflochtenen und kulturell facettenreichen Welt nicht darauf hoffen können, Menschen aus unterschiedlichen beruflichen und nationalen Kulturen zu verstehen und mit ihnen zu arbeiten, wenn wir nicht wissen, wie man Fragen stellt und Beziehungen aufbaut, die auf gegenseitigem Respekt und der Erkenntnis basieren, dass andere Menschen Dinge wissen, die wir wissen müssen, um eine Arbeit zu erledigen.

      Doch nicht alle Fragen sind gleichwertig. Ich glaube, dass wir eine bestimmte Art des Fragens erlernen müssen, die ich in meinem Buch Helping (2011)1 das erste Mal »Humble Inquiry« genannt habe und die wie folgt definiert werden kann:

      Humble Inquiry ist die hohe Kunst jemanden zu fragen, Fragen zu stellen, deren Antwort man noch nicht kennt, eine Beziehung aufzubauen, die auf Neugier und Interesse am anderen Menschen basiert.

      Meine berufliche Motivation, mich eingehender mit Humble Inquiry zu beschäftigen, wurzelt in den Erkenntnissen, die ich in den letzten 50 Jahren der Unternehmensberatung von unterschiedlichen Organisationen gewonnen habe. Insbesondere bei Industrieunternehmen mit hohem Gefahrenpotenzial, wo Sicherheitsprobleme oberste Priorität haben, habe ich gelernt, dass gute Beziehungen und verlässliche Kommunikation über hierarchische Grenzen hinweg entscheidend sind. Bei Flugzeugabstürzen und Unfällen in der Chemieindustrie, bei den seltenen, aber schwerwiegenden Unfällen mit Atomreaktoren, bei den NASA-Katastrophen der Challenger und der Columbia-Raumfähren und bei der Ölpest im Golf von Mexiko im Jahre 2010 gibt es eine gemeinsame Erkenntnis, nämlich, dass niedrigere Angestellte Informationen hatten, die die Folgen des Unglücks verhindert oder verringert hätten, doch diese wurden entweder nicht an höhere Ebenen weitergegeben oder sie wurden ignoriert und nicht berücksichtigt. Wenn ich mit Bereichsleitern spreche, versichern sie mir immer, dass sie offen sind, dass sie etwas von ihren Untergebenen hören wollen und dass sie deren Informationen ernst nehmen. Wenn ich jedoch mit den Untergebenen in diesen Organisationen spreche, berichten sie mir, dass sie sich nicht sicher fühlen, wenn sie ihren Chefs schlechte Nachrichten überbringen oder dass sie es versucht haben, doch dass man nicht auf sie reagiert oder sie zur Kenntnis genommen hat, woraus sie geschlossen haben, dass ihr Input nicht erwünscht sei und aufgegeben haben. Schockierend häufig haben sie sich lieber mit riskanten Alternativen zufriedengegeben, als ihre Chefs mit potenziell schlechten Nachrichten zu verärgern.

      Wenn ich mir ansehe, was in Krankenhäusern, in Operationssälen und im Allgemeinen im Gesundheitssystem vor sich geht, denke ich, dass es dort dieselben Kommunikationsprobleme gibt und dass es oft die Patienten sind, die den Preis dafür zahlen. Das Pflegepersonal und die Operationsgehilfen fühlen sich nicht sicher dabei, einem Arzt negative Informationen zu überbringen oder einen Arzt darauf hinzuweisen, dass er dabei ist, einen Fehler zu begehen. Ärzte werden argumentieren, dass sich die Pflegekräfte äußern würden, wenn sie »Profis« wären, aber in vielen Krankenhäusern erzählen die Krankenpfleger, dass eine Atmosphäre herrscht, in der die Ärzte sie anschreien, was natürlich nicht dazu beiträgt, dass sie sich trauen, die Stimme zu erheben. Ärzte führen mit Patienten einseitige Gespräche, im Zuge derer sie gerade genug Fragen stellen, um eine Diagnose stellen zu können, wobei sie manchmal zu Fehldiagnosen neigen, weil sie nicht ausreichend fragen, bevor sie anfangen, den Patienten zu sagen, was sie tun sollen.

      Mir ist aufgefallen, dass in all diesen Situationen etwas fehlt, nämlich eine Atmosphäre, in der niedrigere Angestellte sich sicher dabei fühlen, Themen auf die Agenda zu bringen, die angesprochen werden müssen, Informationen, die die Wahrscheinlichkeit von Unfällen verringern und – in Gesundheitsberufen – Fehler, die Patienten schaden können. Wie erzeugt man eine Atmosphäre, in der sich die Menschen trauen, sich zu äußern, sicherheitsbezogene Informationen auszusprechen und sogar Vorgesetzte darauf hinzuweisen, wenn diese dabei sind, einen Fehler zu begehen?

      Die Antwort auf diese Frage widerspricht so manch wichtigem Aspekt der US-amerikanischen Kultur: Wir müssen besser im Fragenstellen werden und weniger erklären in einer Kultur, die den Mitteilungsdrang überbewertet (inquiry versus advocacy). Es hat mich immer schon gestört, dass sogar gewöhnliche Gespräche eher über das definiert werden, was wir erzählen, als über das, was wir fragen. Fragen werden als selbstverständlich betrachtet, anstatt eine tragende Rolle im menschlichen Drama einzunehmen. Doch all meine Erfahrungen in der Lehre und der Unternehmensberatung haben mir gezeigt, dass das, was Beziehungen aufbaut, was Probleme löst, was die Dinge weiterbringt, das Stellen der richtigen Fragen ist. Insbesondere Menschen in Führungspositionen müssen die hohe Kunst der Humble Inquiry als ersten Schritt hin zu


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