Weg von dir. Marian Hoefnagel

Weg von dir - Marian Hoefnagel


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fragt eine nette Frau.

      Die Jungen nicken.

      Die Frau sieht auf eine Liste.

      „Ihr seid direkt nach der Pause dran“, sagt sie.

      „Wie spät ist das ungefähr?“, fragt Oliver.

      „Ich vermute, so um halb neun“, sagt die Frau.

      „Dann haben wir noch genug Zeit“, sagt Oliver lachend. Er stupst Kevin an.

      „Jetzt können wir den Text von meinem Opa doch noch nehmen“, sagt er.

      Aber Kevin schüttelt den Kopf.

      „Nein“, sagt er. „Dafür bin ich viel zu nervös.“

       Talent-Wettbewerb

      Beim Bürgerhaus ist viel los.

      Der große Saal ist voller Leute.

      Oliver sieht viele Bekannte.

      Die Jungen und Mädchen aus seiner Klasse sind natürlich da. Und sein Klassenlehrer.

      Er sieht noch mehr Leute, die er kennt.

      Leute aus dem Dorf.

      Und Leute aus dem Ferienpark, wo Ben wohnt.

      Die Leute aus dem Ferienpark sehen fröhlich aus.

      Sie tragen bunte Blusen und Tücher um ihren Kopf.

      Die Frauen tragen lange Röcke.

      Die Männer tragen weite, schwarze Hosen.

      „Sind das die Asyl-Suchenden?“, flüstert Kevin.

      Oliver nickt. „Ja, das sind Opas Nachbarn.“

      „Kennst du die?“, flüstert Kevin wieder.

      „Nicht wirklich“, antwortet Oliver.

      „Ich sehe sie manchmal im Ferienpark.

      Wir grüßen uns. Mehr nicht.“

      „Und dein Opa?“, fragt Kevin.

      „Der kennt sie natürlich“, sagt Oliver.

      „Wie findet er sie?“, will Kevin wissen.

      Oliver zuckt mit den Schultern.

      „Er findet sie nett, glaube ich“, sagt er.

      „Dann ist er der einzige im Dorf“, grinst Kevin.

      Oliver sieht zu den Leuten rüber.

      Ein Mädchen in einem roten Rock und mit einem blauen Tuch lächelt ihn an.

      Er lächelt zurück.

      „Wieso ist mein Opa der einzige,

      der die Asyl-Suchenden nett findet?“, fragt er Kevin.

      „Der Rest vom Dorf mag sie nicht“, erklärt Kevin.

      Er deutet auf den Mann, der auf die Bühne kommt.

      „Hör es dir selbst an“, sagt er.

       Die Rede vom Bürgermeister

      Der Mann auf der Bühne beginnt zu sprechen.

      „Meine Damen und Herren“, sagt er ins Mikrofon.

      „Schön, dass Sie alle da sind.“

      Er stoppt kurz und blickt in den Saal.

      „Ich freue mich vor allem über unsere Gäste im Dorf“, sagt er dann.

      „Unsere Gäste aus dem fernen Baskistan.

      Sie hatten keine Zukunft in ihrem eigenen Land.

      Und darum sind sie nach Deutschland gekommen.

      Sie sind in unserem Dorf zu Gast,

      bis sie eine Aufenthalts-Genehmigung bekommen.

      Mit dieser Aufenthalts-Genehmigung

      können sie sich Arbeit suchen.

      Und eine richtige Wohnung.

      Sie können schließlich nicht ihr ganzes Leben im Ferienpark verbringen.“

      „Wer ist der Mann?“, flüstert Oliver Kevin zu.

      „Mann, das ist der Bürgermeister!“, flüstert Kevin zurück. „Das sieht man doch!“

      Oliver schüttelt lachend den Kopf.

      „Nein“, grinst er leise.

      „Was weiß ich, wie der Bürgermeister aussieht.“

      „Meine Damen und Herren“,

      spricht der Bürgermeister weiter.

      „In den letzten Wochen habe ich

      viele böse Briefe bekommen.

      Und auch E-Mails und Anrufe.

      Viele Menschen im Dorf machen sich Sorgen.

      Sie finden, dass der Ferienpark für Leute ist, die Ferien machen.

      Und nicht für Asyl-Suchende.

      Und damit haben sie recht.

      Aber wir können unsere Gäste aus Baskistan nicht draußen schlafen lassen.

      Sie müssen ein Dach über dem Kopf haben.

      Und die Häuser im Ferienpark stehen doch oft leer.

      Daher erschien mir das eine gute Lösung.

      Ich verspreche Ihnen, dass es eine kurzfristige Lösung ist. Unsere Gäste verlassen uns wieder, sobald sie eine Aufenthalts-Genehmigung haben.

      Und dann ist der Ferienpark wieder einfach nur ein Ferienpark.“

      Die Leute im Saal hören erstaunt zu.

      Sie sind gekommen, um den Talent-Wettbewerb zu sehen.

      Sie wollen jetzt keine Rede vom Bürgermeister über Asyl-Suchende hören.

      „Ich habe unsere Gäste gebeten,

      heute Abend hier zu sein“, sagt der Bürgermeister.

      „Sie nehmen am Talent-Wettbewerb teil.

      So können wir uns ein bisschen kennenlernen.

      Sie können sehen, welche Talente wir haben.

      Und wir können sehen, was sie alles können.

      Meine Damen und Herren, hier sind … die Baskis!“

       Die Baskis

      Die Leute aus dem Ferienpark klettern

      auf die Bühne und stellen sich in einer Reihe auf.

      Sie schauen lächelnd in den Saal.

      Das Mädchen mit dem roten Rock

      und dem blauen Tuch ist auch dabei.

      Sie geht einen Schritt vor und sagt:

      „Meine Frauen und Herren.“

      Die Leute im Saal lächeln.

      Frauen und Herren, das sagt man so nicht.

      Aber das weiß das Mädchen natürlich nicht.

      „Wir machen ein tolles Ding“, redet das Mädchen weiter.

      „Aus unserem Land, Baskistan.“

      Sie macht einen Schritt zurück

      und steht wieder in der Reihe.

      Dann fängt Musik an. Fröhliche, schnelle Musik.

      „Woher kommt die Musik?“, flüstert Kevin.

      „Daher“, zeigt Oliver.

      „In der ersten Reihe sitzen Musiker.“

      Die


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