Unterrichten an Berufsfachschulen. Claudio Caduff
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Diese Publikation erscheint im Rahmen der Lehre und Entwicklung von Mitarbeitenden der Abteilung Sekundarstufe II/Berufsbildung der PH Zürich und setzt Schwerpunkte für die unterrichtliche Praxis auf der Sekundarstufe II.
Claudio Caduff, Walter Mahler, Daniela Plüss
Unterrichten an Berufsfachschulen
Berufsmaturität
Beiträge von Elisabeth Zillig, Hanspeter Vogt und Beat Deola
ISBN Print: 978-3-0355-0191-9
ISBN E-Book: 978-3-0355-0203-9
Lektorat: Christoph Gassmann, Zürich
Fotos: Reto Schlatter, Zürich
Gestaltung: pooldesign.ch
2., überarbeitete, aktualisierte und erweiterte Auflage
Alle Rechte vorbehalten
© 2014 hep verlag ag, Bern
Vorwort zur zweiten Auflage
Als eine erst seit den 1990er-Jahren bestehende Einrichtung hat sich die Berufsmaturität schnell – man könnte sagen ungestüm – einen Platz in der schweizerischen Bildungslandschaft erobert. Zwischen dem auf der traditionellen beruflichen Grundbildung beruhenden eidgenössischen Fähigkeitszeugnis, der Fachmatur und der gymnasialen Maturität hat sie inzwischen auch in quantitativer Hinsicht eine bedeutsame Stellung. Die Berufsmaturität spielt für die Attraktivität der Berufsbildung eine wichtige Rolle, denn sie eröffnet Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die schulleistungsstark und nicht (oder nicht mehr) «schulmüde» sind, dank zusätzlicher Allgemeinbildung die Pforten zu den Hochschulen.
Auch wenn die Berufsmaturität nicht exklusiver Zubringer zur Fachhochschule ist, so ist sie dennoch für diejenigen, die eine berufliche Grundbildung durchlaufen und ihre Bildung an einer Fachhochschule fortsetzen wollen, das Nadelöhr zur tertiären Bildung. Eine solche als Fachhochschulreife zu benennende Ausrichtung beruht jedoch im Wesentlichen auf der Qualität des Angebotes, das von den Schulen und den Lehrpersonen als zentralen Akteuren zu gewährleisten ist. Kompetente Lernerinnen und Lerner, die im Beruf und in ihrer weiteren Bildungskarriere erfolgreich sein wollen, sind auf motivierte, engagierte und fähige Lehrkräfte angewiesen. Genau an diesen Personenkreis – und diejenigen, die in Ausbildung sind – richtet sich diese Veröffentlichung – die meines Wissens erste und nach wie vor einzige dieser Art.
Lehrpersonen in der Berufsmaturität sollten über das schweizerische Berufsbildungssystem und über die Berufsmaturität in ihrer Entstehung und heutigen Position Bescheid wissen. Darüber hinaus sollten sie sich über die berufspädagogischen Besonderheiten des Unterrichtens an Berufsfachschulen im Klaren sein. Die vorliegende Publikation antwortet präzise auf diese Vorgaben. Sowohl die Grundstruktur des neuen Rahmenlehrplans für die Berufsmaturität und das ihm zugrunde liegende Kompetenzenmodell werden thematisiert als auch die bei knappen zeitlichen Ressourcen erforderliche Lernziel- und Lernprozessorientierung. Dafür werden Beispiele und Strukturierungshilfen geboten, die – so weit für die Berufsbildung vorhanden – auch an der aktuellen Forschung anschliessen. Die Bedeutung von Aufgaben wird ebenso behandelt wie der Umgang mit Fehlern, darüber hinaus das Prüfen und Bewerten.
Ein besonderes Augenmerk richten die Autorin und die beiden Autoren auf die Frage des interdisziplinären Arbeitens, das in der Berufsmaturität eine bedeutende Rolle spielt und insgesamt rund 10 Prozent der BM-Lernstunden beansprucht. Nicht nur die Lernenden, sondern insbesondere auch die Lehrpersonen, die solche Arbeiten betreuen, sind hierbei herausgefordert, indem sie die Themenfindung und die Begleitung des Prozesses mitgestalten. Nur dank dem überzeugenden Einsatz der Lernenden und Lehrenden können das interdisziplinäre Arbeiten in den Fächern aller Unterrichtsbereiche (IDAF) und die interdisziplinäre Projektarbeit (IDPA), die gegen Ende der Schulzeit verfasst wird, die ihr zugedachte Rolle tatsächlich spielen, und auch dafür liefert diese Publikation hilfreiche Tipps.
Ein abschliessendes Kapitel befasst sich mit den möglichen Unsicherheiten und Ungewissheiten, die den beruflichen Alltag der Lehrerinnen und Lehrer prägen.
Sowohl vom umfassenden kritisch-reflektierenden Zugriff als auch von der originellen Herangehensweise an die Herausforderungen des Unterrichtens in Bildungsgängen der Berufsmaturität her überzeugt diese Publikation, die als Unterstützung professioneller Arbeit konzipiert ist.
Institut für Erziehungswissenschaft (IfE) der Universität Zürich
Lehrstuhl für Berufsbildung
Prof. Dr. Philipp Gonon
Im Juli 2014
Einleitung
«Berufspädagogik unterscheidet sich von der allgemeinen Pädagogik durch ihre konstitutive Verknüpfung mit Arbeitswelt und beruflicher Praxis.»1
In unserem dualen Berufsbildungssystem verbringen die Lernenden höchstens zwei Tage in der Schule, in der verbleibenden Zeit arbeiten sie im Betrieb. An einer Berufsfachschule zu unterrichten, stellt an die Lehrpersonen deshalb hohe Ansprüche – es braucht spezifische pädagogische Konzepte und eine angepasste Didaktik. Unter anderem gilt es, an die Erfahrungswelt der Berufslernenden anzuknüpfen, Lernen als Ausgangspunkt für berufliche Problemlösungen und lebenslanges Lernen zu gestalten – und bei alldem stets den individuellen Voraussetzungen der Lernenden gerecht zu werden. In Bildungsgängen der Berufsmaturität (BM) liegt eine besondere Herausforderung darin, mit dem Dilemma «Viel Stoff, wenig Zeit» – mit dem jede Lehrperson konfrontiert ist – unter erschwerten Bedingungen zurechtzukommen. Denn es soll in vergleichsweise kurzer Unterrichtszeit und dennoch ohne Substanzverlust eine erweiterte Allgemeinbildung vermittelt bzw. erworben werden – so lautet ja das erklärte Ziel der Berufsmaturität.
Die geltenden Rahmenlehrpläne (RLP) für Berufsbildungsverantwortliche tragen den besonderen Unterrichtsbedingungen in der Berufsbildung Rechnung. Das lässt sich gut an den zehn Kompetenzen (im RLP in «Standards» gefasst) zeigen, die Gymnasiallehrpersonen – über die üblichen fachlichen und didaktischen Qualifikationen hinaus – erwerben müssen, wenn sie in einem BM-Bildungsgang unterrichten wollen.
Seit dem Jahr 2006 haben angehende Gymnasiallehrpersonen in Zürich – damals am Zürcher Hochschulinstitut für Schulpädagogik und Fachdidaktik (ZHSF), heute am Institut für Erziehungswissenschaften (IfE) der Universität – die Möglichkeit, während der Ausbildung im Rahmen eines Wahlpflichtfaches die erforderlichen Qualifikationen zu erwerben.2 Inzwischen bietet die Pädagogische Hochschule Zürich dieselbe Ausbildung im Rahmen einer «BM-Nachqualifikation» auch für Personen an, die bereits über ein gymnasiales Lehrdiplom verfügen. Gymnasiallehrpersonen, die diese zusätzliche Lehrbefähigung erworben haben, können auch in BM-Bildungsgängen unterrichten.
Aus der Ausbildungspraxis dieser Studiengänge ist das vorliegende Buch entstanden. Es ist das Produkt unserer Erfahrung – nicht nur als Hochschuldozierende, sondern auch als Unterrichtende an Berufsfachschulen und in Berufsmaturitäts-Bildungsgängen und als Mitglieder von Gremien der Berufs- und der gymnasialen Bildung.
Eines der wesentlichen Ziele der Publikation ist es zu zeigen, wie eine erweiterte Allgemeinbildung mit einem knappen Zeitbudget methodisch-didaktisch optimal vermittelt werden kann. Die Arbeitswelt der Berufslernenden ist ein massgebender Ort des Lernens, auf dieser Ressource können wir im Unterricht aufbauen. Dabei lassen sich Potenziale wie Hausaufgaben, Lernplattformen wie Moodle oder Projektarbeiten gezielt einsetzen und nutzen.
Der Inhalt des Buches deckt insbesondere die drei folgenden Standards aus den Rahmenlehrplänen für Berufsbildungsverantwortliche (für BM-Lehrpersonen) ab:3
•Lehrpersonen für Fächer in der Berufsmaturität knüpfen an die Erfahrungswelt der Lernenden an und bringen deren berufliche und persönliche Erfahrungen (situatives und informelles Lernen) in einen theoretischen