Kirchlicher Dienst in säkularer Gesellschaft. Группа авторов

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bestehen, die einen vergleichbaren Einigungsdruck auslösen wie bei der Vermittlung durch einen unabhängigen Vorsitzenden.26

      Daran fehlt es. Zwar kann für die Regelung der Arbeitsverhältnisse in kirchlichen Einrichtungen eine gewisse Kirchennähe verlangt werden, die auch in einer qualifizierten Kirchenmitgliedschaft zum Ausdruck kommen kann; für Unabhängigkeit und Neutralität spricht zumindest, dass die Vorsitzenden nicht dem kirchlichen Dienst angehören dürfen (§ 15 Zentral-KODA Ordnung). Auch die Wahl der Vorsitzenden geht zunächst in diese Richtung. Sie sind vom Plenum der Zentralen Kommission mit nach Wahlgängen gestuften Mehrheitsanforderungen zu wählen. In einem etwa erforderlichen vierten Wahlgang ist dann aber eine getrennte Wahl der beiden Vorsitzenden durch die Dienstgeberseite und die Dienstnehmerseite vorgeschrieben (§ 16 Zentral-KODA Ordnung). Auch darüber könnte man noch hinwegsehen, wäre die Entscheidungsfindung im Vermittlungsausschuss so geregelt, dass für alle Beteiligten die Nichterreichung eines Kompromisses ein kaum wägbares Risiko darstellte, sodass letztlich mit aller Macht auf eine gemeinsame Lösung hingearbeitet würde.27

      Leider begründet die Zentral-KODA Ordnung einen in die entgegengesetzte Richtung deutenden, relativ einfachen Ausweg in ein Verfahrensende ohne Neuregelung: Die beiden Vorsitzenden haben zwar dem paritätisch besetzten Vermittlungsausschuss einen gemeinsamen Vermittlungsvorschlag zur Abstimmung zu unterbreiten; ein Vermittlungsvorschlag von anderen Mitgliedern des Vermittlungsausschusses ist nicht vorgesehen. Bei der Abstimmung über ihren Vermittlungsvorschlag, die bereits mit einfacher Mehrheit zu einem Ergebnis führt, haben die Vorsitzenden auch nur eine Stimme. Können sich die beiden Vorsitzenden aber bereits nicht auf einen gemeinsamen Vermittlungsvorschlag einigen, ist das Vermittlungsverfahren aufgrund der ausdrücklichen Regelung in § 18 Abs. 2 S. 5 Zentral-KODA Ordnung schon an dieser Stelle insgesamt und abschließend beendet. Es kann von vornherein nicht mehr zu einem Verfahren zur ersetzenden Entscheidung kommen, der zweiten Stufe des Vermittlungsverfahrens (§ 19 Zentral-KODA Ordnung) und damit auch nicht zu einer Neuregelung.

      Es wird so kein Druck dahin ausgelöst, dass sich die Vorsitzenden irgendwie zu einem gemeinsamen Vorschlag durchringen. Er bestünde, wenn nach der Feststellung, dass man nicht zu einem gemeinsamen Vorschlag findet, das Vorschlags- und später auch das gemeinsame Stimmrecht nur einem der Vorsitzenden zugewiesen würde. Für die Entscheidung, welcher der Vorsitzenden diese Rechte haben soll, bietet sich neben dem Losverfahren auch eine Regelung an, wonach dieses Recht von Vermittlungsverfahren zu Vermittlungsverfahren von(m) einer(n) auf die(en) andere(n) Vorsitzende(n) wechselt.28 Die hierin liegenden Unwägbarkeiten, aber auch die Gefahr, dass es nicht zu einer kontinuierlichen Entwicklung der im Vermittlungsausschuss gefundenen Regelungen kommt, würde unter vernunftgesteuerten Mitgliedern des Vermittlungsausschusses den Willen zum Kompromiss deutlich fördern.

      Man kann sich bei dieser Regelung vielleicht noch damit beruhigen, dass Vorsitzende, denen zumindest der Anschein wichtig ist, ihrer Aufgabe gerecht werden zu wollen, es kaum je zu einem Scheitern nach § 18 Abs. 2 S. 5 Zentral-KODA Ordnung kommen lassen werden. Ihre Kompromissbereitschaft wird hier außerordentlich weit gehen, weil es ja nur um einen Vermittlungsvorschlag geht. Die Letztentscheidung über eine künftige Regelung liegt auf der ersten Vermittlungsstufe wieder bei der Zentralkommission. Endgültig problematisch wird es aber dadurch, dass es für das sich bei Scheitern der Vermittlung auf der ersten Stufe nach § 19 Zentral-KODA Ordnung anschließende Verfahren zur ersetzenden Entscheidung keine der beschriebenen Möglichkeiten gibt, eine einheitliche Abstimmung seitens der Vorsitzenden zu erzwingen. Es fehlt hierzu eine eigenständige Regelung für den unverändert bleibenden Vermittlungsausschuss. Deshalb wird § 18 Abs. 2 S. 5 Zentral-KODA Ordnung entsprechend anzuwenden sein. Damit fehlt auch für das ersetzende Verfahren hinreichender Druck auf die Vorsitzenden, sich auf eine gemeinsame Abstimmung über eine Neuregelung zu verständigen.

      Eine vergleichbare Situation ist natürlich grundsätzlich auch dann möglich, wenn einem Vermittlungsausschuss nur eine unabhängige Person vorsitzt und diese sich nicht zu einem Vorschlag imstande sieht. Dies ist aber zum einen sehr unwahrscheinlich, zum anderen in die Verantwortung eines jedenfalls formal unabhängigen Dritten gelegt. Die Regelungen der Zentral-KODA Ordnung eröffnet eine Regelungsblockade der Dienstgeberseite29 zusammen mit „ihrer“ oder „ihrem“ Vorsitzenden, den die Ordnung selbst so qualifiziert.30

      Auch wenn man hiernach die Regelung des Verfahrens vor dem Schlichtungsausschuss der Zentral-KODA an den Vorgaben des Bundesarbeitsgerichts gemessen für unzureichend hält, ist sie deshalb nicht als solche rechtlich bedenklich. Sie ist im Rahmen der Kirchenautonomie als Binnenrecht rechtlich möglich. Sie reicht aber nicht aus, um den derart praktizierten Dritten Weg als strukturell gleichwertig gegenüber dem Tarifvertragssystem zu bewerten. Es ist dann aber sehr zweifelhaft, ob das Bundesarbeitsgericht unter diesen Umständen, würde es erneut angerufen, einen Streikaufruf gegenüber einer Einrichtung der verfassten Kirche als rechtswidrig bewerten würde.

      b) AK Ordnung

      Die einschlägigen Bestimmungen der Ordnung der arbeitsrechtlichen Kommission des Deutschen Caritasverbandes e. V. in der ab dem 1. Januar 2016 gültigen Fassung (AK Ordnung) weichen von denen der Zentral-KODA Ordnung teilweise ab.

      Hinsichtlich der Möglichkeit, den Vermittlungsausschuss anzurufen, unterscheiden sich die AK Ordnung und die Bestimmungen der Zentral-KODA Ordnung nicht substantiell. Die – solidarisch handelnde – Dienstnehmerbank bedarf keiner Unterstützung, will sie nach dem Scheitern eines Regelungsvorschlags den Vermittlungsausschuss anrufen. Es gibt auch zwei Vorsitzende, welche dieselben Mindestbedingungen erfüllen müssen. Auch ist – erneut problematisch – jede(r) Vorsitzende einer Seite zugeordnet. Schließlich besteht bei der Wahl der Vorsitzenden ebenfalls – leider – kein Unterschied. Beide Vorsitzenden sind zwar zunächst vom gesamten Gremium, der Arbeitsrechtlichen Kommission, zu wählen. Aber auch hier wählen, wenn drei Wahlgänge mit absinkenden Mehrheitsanforderungen erfolglos geblieben sind, die Dienstgeber- und die Mitarbeitervertreter „ihre(n)“ Vorsitzende(n) mit einfacher Mehrheit allein.31

      Bei der Durchführung des Vermittlungsverfahrens auf der ersten Stufe haben dann auch hier die beiden Vorsitzenden nur eine gemeinsame Stimme. Sie müssen sich auf einen Vermittlungsvorschlag einigen. Die AK Ordnung gibt aber den Vorsitzenden nicht die Möglichkeit zu einem das Vermittlungsverfahren ohne Weiteres beendenden Offenbarungseid („Wir konnten uns leider nicht einigen!“). Nimmt man die AK Ordnung ernst, bleibt das Vermittlungsverfahren anhängig, bis ein Vermittlungsvorschlag gemacht worden ist und darüber abgestimmt wurde. Eine ausdrückliche Beantwortung der Frage, ob damit tatsächlich eine vieltägige Vermittlung geboten sein kann, sei einem Mitvorsitzenden während seiner Amtszeit erlassen. Man wird diese Gefahr durch Großzügigkeit bei der Suche nach einem Kompromiss auch in schwierigen Regelungsfragen vermeiden, weil es noch nicht um eine Regelung, sondern nur um einen Vorschlag geht, über den dann die Arbeitsrechtliche Kommission verantwortlich zu entscheiden hat.

      Das Vermittlungsverfahren kann dann zwar gleichwohl auch schon auf der ersten Stufe letztlich ergebnislos scheitern, wenn kein Vorschlag die erforderliche einfache Mehrheit unter den Ausschussmitgliedern erhält (§ 18 Abs. 4 AK Ordnung).32 Dies wird aber auch deshalb sehr unwahrscheinlich, weil nach der AK Ordnung – anders als nach der Zentral-KODA Ordnung – neben den Vorsitzenden des Vermittlungsausschusses auch die sonstigen Ausschussmitglieder Vermittlungsvorschläge machen und zur Annäherung der Positionen beitragen können. Hierzu gehören auch die Dienstgeber- und Mitarbeitervertreter, die nicht aus den Kommissionen kommen und in deren Geflechte eingebunden sind. Durch die erweiterten Vorschlagsbefugnisse wird im Übrigen zu Recht deutlich, dass bei der Caritas eine erfolgreiche Vermittlung nicht nur Sache der Vorsitzenden ist. Es ist der Ausschuss selbst mit allen seinen Mitgliedern, dem die Vermittlungsaufgabe obliegt.

      Hat der Vermittlungsausschuss einen Vermittlungsvorschlag beschlossen, ist dieser der Arbeitsrechtlichen Kommission zur Abstimmung vorzulegen. Erhält er dort nicht die erforderliche Mehrheit und kommt zu dem Regelungsgegenstand auch kein Beschluss mit anderem Inhalt zustande, bleibt es nur dann bei der bisherigen Rechtslage, wenn nicht eine Neuregelung unter Einschaltung des erweiterten Vermittlungsausschusses gelingt. Voraussetzung für dessen Anrufung ist, dass sich die Hälfte der Mitglieder der paritätisch besetzten


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