Historisch Arbeiten. Georg Eckert

Historisch Arbeiten - Georg Eckert


Скачать книгу
über die triviale Titelstichwortsuche hinaus besser nutzen, müssen Sie selbst ausprobieren. Dabei helfen Ihnen Einführungskurse, die es an den meisten Universitätsbibliotheken gibt, Online-Hilfen etwa bei den Verbundkatalogen und eigene Bücher.17

      Quellen stellen die Basis jedweder historischen Arbeit dar. Entsprechend bedeutsam ist die Suche nach geeigneten Quellen – ob Sie nun für eine konkrete Fragestellung einschlägige Quellen suchen oder Quellenbestände auf der Suche nach lohnenden Fragestellungen systematisch durchforsten. Die Wege zu den Quellen sind so vielfältig wie die Quellen selbst.

      Quellen können in verschiedenen Formen vorliegen – im Original oder vervielfältigt, gegenständlich, gedruckt, digital. Für die Quellenrecherche ist zunächst die Trennung zwischen edierten und unedierten Quellen bedeutsam. Unedierte Quellen liegen gewissermaßen in Rohform vor, im Originalzustand oder was im Laufe der Zeit davon übrigblieb. Das können Originalschriftquellen sein, Bilder oder materielle Quellen (Orden, Kleidung, Denkmäler oder Ruinen und vieles andere mehr), auch immaterielle Quellen (wie Sitten, Gebräuche, mündlich tradierte Erzählungen). Manche Quellen werden in Museen und Archiven aufbewahrt, andere auch auf dem Dachboden Ihrer Großeltern oder (im Falle von Bauwerken und Monumenten) in aller Öffentlichkeit, andere stecken wortwörtlich in den Menschen: Sagen, Volkslieder, Manieren und mehr.

      Edierte Quellen – zumeist Schrift- oder Bildquellen, aber auch materielle Zeugnisse – stellen eine nach wissenschaftlichen Kriterien aufbereitete Form von Quellen dar, ob gedruckt oder digital. Erst die Edition macht die Originale einem breiteren Nutzerkreis zugänglich. Außerdem vermittelt sie wichtige zusätzliche Informationen über Zustand, Überlieferungswege (Fundkontext bei archäologischen Zeugnissen, handschriftliche Überlieferung bei Texten) und dergleichen. Bei vielen schriftlichen Quellen beginnt die Edition mit Entzifferungsarbeit, etwa bei antiken Papyri oder mittelalterlichen Handschriften. Doch selbst neuzeitliche Schriftquellen wie eine Feldpostkarte müssen zunächst im Wortsinne genau gelesen und entschlüsselt werden. Quelleneditionen sind Produkte historisch-kritischer Forschung und daher nicht identisch mit der Originalquelle. Gute Editionen zeichnen den Weg vom Original zur Edition nach.

      Je nach Quellentypus und Quellengattung unterscheidet sich die Gestaltung der Editionen. Bei Bildquellen besteht sie zumeist aus einer gedruckten oder digitalen Reproduktion, kombiniert mit ergänzendem Textkommentar, dessen Umfang sehr unterschiedlich ausfallen kann. Bei gegenständlichen Quellen ist eine genaue Beschreibung des Objektes sowie der Fund- und Überlieferungsumstände angefügt (insbesondere bei Quellen, die durch archäologische Grabungen zutage gefördert wurden).

      Schriftquellen werden wissenschaftlich durch sogenannte kritische Editionen erschlossen, in denen in der Regel ein kritischer Apparat erläutert, wie die Original-Quelle in gedruckte Form gebracht wurde – angefangen mit der Definition, was denn das „Original“ sei. Bei einer mittelalterlichen Urkunde aus dem Archiv scheint die Frage noch leicht beantwortbar (wenngleich deren Echtheit und die mögliche Existenz weiterer handschriftlicher Exemplare auch hier zu prüfen sind). Doch welches ist das „Original“ eines geläufigen Quellentextes wie Caesars Bericht über den Gallischen Krieg? Die Antwort lautet in diesem Fall schlicht: keines! Das Original-Manuskript, das Caesar seinen Schreibern diktierte, ist unwiederbringlich verloren. Wir besitzen lediglich Abschriften aus späterer Zeit, die durch einen jahrhundertelangen Abschreibeprozess auf uns gekommen sind; in diesem Beispiel datieren die ältesten Handschriften, deren gemeinsame spätantike Vorlage nicht mehr erhalten ist, aus dem 9. Jahrhundert. Der Text von Caesars Commentarii, den Sie möglicherweise im Lateinunterricht in Buchform vorliegen hatten, resultiert aus Versuchen, den wenigstens teilweise entstellten – sei es durch Abschreibfehler, sei es durch aktive „Korrekturen“ – „Originaltext“ auf Basis viel jüngerer Handschriften zu rekonstruieren. Über diese Versuche legen in wissenschaftlichen Editionen die kritischen Apparate Rechenschaft ab, indem sie verschiedene Lesarten wiedergeben und bewerten: bei Caesars Commentarii wie bei sämtlichen anderen antiken literarischen Texten.

      Doch nicht nur antike Quellen oder mittelalterliche Urkunden bedürfen einer solchen Edition, um über einen engen Kreis von Spezialisten hinaus für Historisch Arbeiten benutzbar zu werden. Selbst moderne, gedruckte Quellen haben eine mitunter komplexe Entstehungsgeschichte: so beispielsweise Ernst Jüngers Beststeller „In Stahlgewittern“ – die mehrfach überarbeiten Kriegstagebücher des Autors aus dem Ersten Weltkrieg, bei denen sich die Auflagen erheblich voneinander unterscheiden. Kritische Ausgaben versetzen Sie also in die Lage, selbst ad fontes zu gehen, ohne das jeweilige Original selbst in der Hand zu haben.

      Kurzum

      Benutzen Sie – wo immer möglich – eine solide, wissenschaftliche Quellenedition!

      Wer die Maxime „ad fontes!“ ernst nimmt, findet auch den Weg ins Archiv. Archive sind die Schatzkammern der Quellenarbeit. Quellen aus Archiven sind zwar nicht „besser“ oder „schlechter“ als Quellen aus Editionen, die ihrerseits wiederum meist aus Archivbeständen erarbeitet werden – aber weitaus weniger genutzt: Hier besteht die Chance zu echten Pioniertaten. In Archiven können Sie Quellen entdecken, an denen bislang kaum jemand oder vielleicht noch niemand gearbeitet hat. Nutzen Sie die Gelegenheiten, die Ihnen Archive in der Umgebung bieten – fast immer sogar unentgeltlich!

      Woher weiß man, welches Archiv für die eigenen Studien relevant ist? Erste Hinweise geben Quelleneditionen oder Fachliteratur: Sie weisen die Herkunft ihrer Quellen nach. Am Fundort können Sie oft ähnliche oder weitere Quellen finden. Einen zentralen Katalog für die Bestände aller Archive gibt es freilich nicht, auch keine Datenbank, die alle Archivalien erfasste – aber doch Portale, die diesem Zwecke für einzelne Länder oder Themen zumindest nahekommen: darunter der Kalliope-Verbund für Nachlässe und Autographen (http://kalliope-verbund.info) oder das Archivportal-D (https://www.archivportal-d.de). Größere Archive, insbesondere das Bundesarchiv (http://www.bundesarchiv.de) und die Archive der Bundesländer, ermöglichen oft online eine erste Bestandsübersicht; kleinere Archive können diese Aufgabe selten leisten, haben aber oft faszinierende Bestände.

      imagesStaatsarchive: Bundesarchiv, Archive der Bundesländer, Stiftung Preußischer Kulturbesitz.

      imagesKommunale Archive (bei kleinen Gemeinden ohne eigenen Archivar oftmals im zuständigen Kreisarchiv integriert).

      imagesKirchliche Archive: meist in den jeweiligen Landeskirchen oder Bistümern organisiert (bisweilen auch in staatlicher Obhut).

      Скачать книгу