SPUK. Howard Phillips Lovecraft
zu sehen - sie stammten von einem barfüßigen Mann und, ebenso unverkennbar, von den Pfoten einer Katze. Doch das waren noch nicht die schrecklichsten Indizien für irgendeine unheilvolle Beschäftigung - sie begannen in der Nordostecke des eigenartig gewinkelten Raums, an einem Punkt, wo ein Mann unmöglich stehen konnte und wo selbst für eine Katze kaum genug Platz war; und doch hatten sie sich hier materialisiert, und von diesem Punkt waren sie vorangeschritten, auf den schwarzen Schreibtisch zu - wo sich etwas weit Schlimmeres befand, das ich allerdings erst bemerkte, als ich, den Spuren folgend, fast über dem Schreibtisch stand.
Der Schreibtisch hatte ganz frische Flecken. Eine kleine zähflüssige Lache befand sich auf ihm, als sei sie aus dem Holz gekocht - kaum mehr als drei Zoll Durchmesser, neben einem Abdruck im Staub, als ob dort die Katze oder eine Puppe oder irgendein Bündel gelegen hätte. Ich starrte darauf, versuchte im Licht meiner Taschenlampe herauszufinden, was es wohl sein mochte, richtete den Lichtstrahl an die Decke, um möglicherweise eine Öffnung zu entdecken, durch die vielleicht Regen gedrungen war, bis mir einfiel, dass es seit meinem ersten und einzigen Besuch in diesem seltsamen Geheimzimmer keinen Regen gegeben hatte. Dann tauchte ich meinen Zeigefinger in die Lache und hielt ihn ins Licht. Die Farbe war rot - die Farbe von Blut -, und ohne dass man es mir gesagt hätte, wusste ich im selben Augenblick, dass es sich um dieses handelte. Wie es dorthin gekommen war, wagte ich mir nicht auszumalen.
Inzwischen schossen mir die grausigsten Schlussfolgerungen durch den Kopf, doch ohne logischen Zusammenhang. Ich entfernte mich vom Schreibtisch, wo ich nur so lange verweilt hatte, um einige der dort hegenden ledergebundenen Bücher und das Manuskript zu ergreifen; und diese in den Händen verließ ich das Zimmer und gelangte wieder in die wirklichkeitsnähere Umgebung der Zimmer, die nicht aus scheinbar unmöglichen Winkeln erbaut schienen und wo nichts auf Dimensionen schließen Heß, die in der irdischen Welt unbekannt waren. Beinahe schuldbewusst eilte ich wieder in meine Räume nach unten, die Bücher vorsichtig an meine Brust drückend.
Sobald ich die Bücher aufgeschlagen hatte, hatte ich eigenartigerweise die unheimliche Überzeugung, ihren Inhalt bereits zu kennen. Doch ich hatte sie nie zuvor gesehen und war, soweit ich wusste, auch niemals Titeln wie Malleus Malficarum und der Daemonialitas von Sinistrari begegnet. Sie handelten von Hexenkraft und Zauberei, von allen möglichen Zaubersprüchen und Sagen, von der Vernichtung von Hexen und Hexenmeistern durch Feuer, von ihren Reisemethoden - »Zu ihren Hauptbeschäftigungen gehört es, sich körperlich von Ort zu Ort zu bewegen... und, verfuhrt von den Vortäuschungen und Trugbildern von Teufeln, tatsächlich nächtens auf gewissen Tieren zu reiten, wie sie glauben und gestehen... oder einfach aus Öffnungen, die nur für sie und für niemand anders gebaut wurden, die Luft zu betreten und darauf zu spazieren. Satan persönlich trübt die Sinne seiner Gefangenen durch Träume und führt sie irrige Wege... Sie nehmen die Salbe, die sie nach Anweisung des Teufels aus den Gliedmaßen von Kindern, besonders derer, die sie selbst getötet, hergestellt, und bestreichen einen Sessel oder Besenstiel damit; worauf sie unverzüglich in die Luft getragen werden, entweder bei Tag oder bei Nacht, sichtbar oder unsichtbar, wenn sie es wünschen...« Aber ich las nicht mehr davon, sondern wandte mich zu Sinistrari.
Fast augenblicklich fielen meine Augen auf den folgenden beunruhigenden Abschnitt: »Promittunt Diabolo statis temporibus sacri- ficia, et oblationes; singulis quindecim diebus, vel singulo mense saltern, necem alicujus infantis, aut mortale veneficium, et singulis hebdomadis alia mala in damnum humani generis, ut grandines, tempestates, incendia, mortem animalium...« Hier wurde ausgeführt, wie Zauberer und Hexen in bestimmten Abständen den Mord eines Kindes oder eine andere hexerische Mordtat vollbringen, und allein die Lektüre erfüllte mich mit unbeschreiblichem Entsetzen, weshalb ich auf die anderen Bücher, die ich mit heruntergebracht hatte, nur noch einen kurzen Blick warf: Vitae sophistrarum von Eunapius, Ananias De Natura Daemonum, Stampas Fuga Satanae, Bougets Discours des Sorciers und ein unbetiteltes Werk von Olaus Magnus, das in weiches schwarzes Leder gebunden war - Menschenhaut, wie ich erst später erkannte.
Allein der Besitz dieser Bücher bedeutete ein mehr als gewöhnliches Interesse an der Lehre der Hexerei und Zauberei; er war in der Tat eine so eindeutige Erklärung für die abergläubischen Meinungen über meinen Urgroßvater, die in und um Wilbraham kursierten, dass ich sofort begriff, weshalb sie sich so lange gehalten hatten. Doch es musste noch etwas anderes gegeben haben, denn nur sehr wenige Leute konnten etwas von diesen Büchern gewusst haben. Was sonst noch? Die Knochen hinter der Mauer unter dem Geheimraum sprachen erdrückend für irgendeine schreckliche Verbindung zwischen dem Peabody-Haus und den unaufgeklärten Verbrechen früherer Zeiten. Doch das Haus war ganz gewiss nicht öffentlich. Im Leben meines Urgroßvaters musste es etwas Sichtbares gegeben haben, das in ihren Köpfen die Verbindung herstellte - außer seiner Zurückgezogenheit und seinem angeblichen Geiz, von denen ich wusste. Unter diesen Dingen aus dem Geheimraum gab es wahrscheinlich keinen Schlüssel für das Rätsel, doch in den Jahrgängen der Gazette von Wilbraham, die in der öffentlichen Bibliothek einzusehen waren, konnte es durchaus irgendeinen Hinweis geben.
Also stand ich eine halbe Stunde später zwischen den Regalen jenes Instituts und durchsuchte die früheren Ausgaben der Gazette. Es war eine zeitraubende Mühe, da ich jede Nummer, die in den späteren Lebensjahren meines Urgroßvaters erschienen war, Stück für Stück durchsuchen musste, und sie hatte keine Aussicht auf sicheren Erfolg, obwohl die Zeitungen seiner Zeit weniger durch gesetzliche Beschränkungen behindert und eingeschränkt wurden als in meinen Tagen. Ich suchte über eine Stunde, ohne Asaph Peabody auch nur ein einziges Mal erwähnt zu finden, obgleich ich einhielt, um die Berichte über die schändlichen Vergehen zu lesen, die man an den Leuten - hauptsächlich Kindern - auf dem Land in der Nähe des Peabody-Hauses verübt hatte, und diese Berichte waren unweigerlich von redaktionellen Fragen nach der »Bestie« begleitet, die »wie man sagt, ein großes schwarzes Wesen unbestimmter Art ist, dessen Größe man unterschiedlich angegeben hat - manchmal so klein wie eine Katze und manchmal so groß wie ein Löwe« - zweifellos ein Umstand, der einzig und allein auf die Phantasie der berichtenden Zeugen zurückging, bei denen es sich in erster Linie um Kinder unter zehn handelte, die gekratzt oder gebissen worden waren und entkommen konnten, in dieser Hinsicht zum Glück mehr vom Geschick begünstigt als jüngere Kinder, die in dem Jahr, über das ich gerade las - 1905 - in bestimmten Abständen spurlos verschwunden waren. Aber hier war nirgends von meinem Urgroßvater die Rede; er wurde in der Tat erst in seinem Todesjahr erwähnt.
Da, und erst da, druckte der Herausgeber der Gazette, was die allgemeine Ansicht über Asaph Peabody gewesen sein musste. »Asaph Peabody ist von uns gegangen. Man wird sich noch lange an ihn erinnern. Manche von uns haben ihm Kräfte zugeschrieben, die eher zu einer längst vergangenen Ara als zu unserer Gegenwart gehören. Unter den in Salem Angeklagten befand sich auch ein Peabody, und in der Tat war Jedediah Peabody aus Salem gekommen, als er sein Haus bei Wilbraham erbaute. Die Äußerungen des Aberglaubens folgen keiner Vernunft. Vielleicht ist es bloß Zufall, dass Asaph Peabodys schwarze Katze seit seinem Tod nicht mehr gesehen wurde, und es ist zweifellos nur ein hässliches Gerücht, dass der Peabody-Sarg vor der Bestattung nicht mehr geöffnet wurde, weil in den Körpergeweben oder dem Beisetzungsritual irgendeine Veränderung stattgefunden hatte, die eine solche Öffnung unklug gemacht hätte. Damit würde man wieder Altweibererzählungen Glauben schenken - ein Hexenmeister muss mit dem Gesicht nach unten beerdigt werden, und man darf ihn danach nie wieder stören, es sei denn durch Feuer...«
Das war eine eigenartige, dunkle Art zu schreiben. Es sagte mir aber viel, vielleicht beunruhigend mehr, als ich erwartet hatte. Man hatte die Katze meines Urgroßvaters als seine Vertraute betrachtet - denn jede Hexe oder jeder Zauberer hat seinen persönlichen Teufel in der Form, die dieser annehmen will. Was war natürlicher, als die Katze meines Urgroßvaters für seine Vertraute zu halten, da sie ihm in seinem Leben offenbar ein ebenso dauernder Begleiter gewesen war wie mir in meinen Träumen von dem alten Mann? Die störendste Anspielung des redaktionellen Nachrufs war der Hinweis auf die Bestattung, wusste ich doch, was der Herausgeber nicht gewusst haben konnte - dass Asaph Peabody in der Tat mit dem Gesicht nach unten beigesetzt worden war. Ich wusste mehr - dass er gestört worden war, was nicht hätte geschehen dürfen. Und ich vermutete noch mehr - dass außer mir noch jemand im alten Haus der Peabodys umherging, dass er in meinen Träumen umherging und über das Land und in der Luft ging!
Diese Nacht kamen die Träume abermals, begleitet