Genesis I. Alfred Broi
sie dir an, kleiner Wurm. Das ist deine Welt. Wenigstens für einen Augenblick gehört sie ganz dir!“
Jorik streckte seine Arme aus und drückte das Baby in die Höhe, soweit er nur konnte, dem Himmel entgegen, hielt den Kopf dabei so, dass das Kind aufs Meer schauen und die Sonne sehen konnte.
Und das Baby lag ganz still, bewegte sich nur sehr wenig, schien den Anblick, der sich ihm bot, in vollen Zügen zu genießen.
Und Jorik war so glücklich, dass ihm das Schicksal die Möglichkeit gegeben hatte, diesem kleinen Geschöpf dies alles zeigen zu können, das ihm die Tränen in die Augen schossen.
So stand er da, solange er konnte, bis ihm seine Arme so schwer wie Blei wurden und er das Baby wieder herabsinken lassen musste.
Er schob seinen rechten Arm erneut komplett unter das Kind und schaute es mit weinenden Augen an.
Aber er hatte nicht das Gefühl, als hätte sich am Ausdruck in den Augen des Babys irgendetwas geändert und er zweifelte schon, ob es überhaupt noch fähig war, etwas zu registrieren.
Doch er sollte sich böse täuschen.
Denn was dann geschah, brachte alles in ihm in einem einzigen Aufschrei zur Explosion.
Das Baby, das kleine Wesen auf seinem Arm, das in jeder Sekunde, da es noch lebte, qualvoll mit dem Tode rang, umklammerte plötzlich mit seinem winzigen Händchen, seinen linken Zeigefinger, so kraftvoll, als wolle es ihm zeigen, dass es sehr wohl verstanden hatte, was er eben getan hatte.
Und dann begannen die Augen des Babys zu leuchten, so unglaublich hell, und ein strahlendes, wundervolles Lächeln erschien auf seinem Mund.
Jorik überkam ein gewaltiger Schauer wärmenden Glücks.
Dieses kleine Lebewesen hatte ihm in den wenigen Minuten, da sie zusammen waren, mehr gegeben als irgendjemand sonst in all den furchtbaren Jahren des Krieges.
Und er wünschte sich nichts sehnlicher, als das dieser Moment niemals zu Ende gehen mochte.
Doch das Schicksal holte ihn in Sekundenschnelle gnadenlos wieder ein.
Er bemerkte es, als der Griff des Babys schwächer wurde, das Lächeln von seinen Lippen verschwand und es zu husten begann.
Blut schoss aus seinem Mund, viel zu viel Blut.
„Nein!“ Das war alles, was er sagen konnte. „Nein, bitte...bitte nicht!“
Doch das Leben ließ den Körper des Babys nur noch einmal aufbäumen, dann wich es von ihm, in einem letzten schmerzvollen Atemzug, endgültig, unwiderruflich.
Jorik schossen die Tränen nur so über die Wangen, als er jammerte und stöhnte, während er das Kind fest in seine Arme schloss und an seinen Körper drückte.
„Es tut mir leid“ Er schrie diese Worte beinahe. „Es tut mir so leid!“
Dann verlor er jede Kraft in seinen Beinen und er krachte wuchtig auf seine Knie.
Doch Jorik spürte keinen Schmerz, denn tief in ihm ballte sich sein ganzer Schmerz, seine ganze Ohnmacht, sein ganzer Hass zusammen und jagte nach außen.
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Shamos erreichte die obere Treppenstufe in dem Moment, da Jorik zum ersten Mal aufschrie und als sein Körper herumwirbelte, konnte er noch sehen, wie sein Freund auf die Knie fiel.
Doch irgendetwas in ihm, sagte ihm, dass er ihn jetzt nicht stören durfte, dass er ihn allein lassen musste.
Da hörte er hinter sich ein Geräusch und er sah Marivar neben sich treten.
Die junge Frau hatte sich erstaunlich schnell wieder gefangen, sodass Marivar sie in die Obhut der Schwester geben konnte.
Und da ihr nicht entgangen war, das Jorik an die Oberfläche gelaufen war, wurde sie förmlich ebenfalls hier herauf getrieben.
Denn in seinen Augen hatte sie deutlich sehen können, was er vorhatte.
Und so sahen beide die von Tränen geschüttelte Gestalt ihres Freundes vor sich und konnten Sekunden später auch seine Worte hören, die sie niemals mehr vergessen sollten und die ihnen binnen weniger Momente die Tränen in die Augen trieben.
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„Sieh her, oh Gott. Sieh uns an. Sieh dieses Baby!“ Oh er schrie diese Worte laut heraus, konnte gar nicht anders. Alles, was sich so lange in ihm aufgestaut hatte, musste hier und jetzt hinaus, bevor er unwiderruflich daran ersticken würde. „Ist es das, was du gewollt hast? Was haben wir verbrochen? Wo liegt unsere Schuld? Warum diese Prüfung, all die furchtbaren Jahre eines gnadenlosen Krieges in dem es keinen Sieger mehr geben wird? Siehst du es nicht? Du bist zu weit gegangen. Dieser Planet wird sterben und mit ihm alles, was auf ihm lebt. Oh, ich wünschte wir könnten diesen verfluchten Ort für immer verlassen und irgendwo im Universum neu beginnen!
Hörst du? Du bist zu weit gegangen. Weißt du wirklich noch, was du tust?
Gib uns eine Antwort. Gib uns ein Zeichen, oh Gott. Gib uns eine Chance. - Oder vernichte uns alle in einem Augenblick!“
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Acht Jahre zuvor...
I
1
„Was ist das?“ fragte Mavis, während er fasziniert auf den Bildschirm schaute. Sein muskulöser, 1,92 Meter großer Körper mit dem Stoppelhaarschnitt, den stechenden blauen Augen und den markanten Gesichtszügen wirkte seltsam deplatziert vor dem kleinen Computerdisplay. Die Uniform aus makellosem feinen Tuch und sauberstem Weiß, die seinen drahtigen Körper wie eine perfekte Hülle umgab, tat ihr übriges.
An seiner Brust prangten mehrere Orden, die er sich in einigen – wie er fand – eher harmlosen Zwischenfällen während des Guerillakrieges in den mandorischen Sandwüsten im Südosten durch Rettungseinsätze verdient hatte.
Und genau das war seine Welt: Das Militär, zu dem er gleich nach Abschluss der zentralen Lehren überwechselte und innerhalb kürzester Zeit seine große Ausbildung absolvierte, die ihn zu einem der besten Absolventen der Militärakademie seit Bestehen machte.
Ja, er hatte schon von Klein auf immer gewusst, dass er zum Militär gehen würde, selbst als er im Jünglingsalter noch die elementaren Lehren büffeln musste.
Die anschließende Lehre der zentralen Wissenschaften stellte ihn auf eine harte Geduldsprobe, dauerte ihm das alles doch viel zu lang und beinhalteten sie doch Dinge, die er gar nicht wissen wollte.
Dennoch war er stets ein gelehriger Schüler, denn er wusste nur zu genau, dass ihm nur ein guter Abschluss den Sprung auf die Militärakademie ermöglichen würde.
Als dies erst einmal geschafft war, konnte ihn in Kos Kampalot, dem legendären Ausbildungszentrum der poremischen Truppen kaum jemand aufhalten.
Er absolvierte alle Stufen seiner Ausbildung, die Panifa, mit Auszeichnung und nach nur vier Planetenzyklen sollte er einer der wenigen Poremier sein, der den 7. und damit höchsten Panifa verliehen bekam.
Das war jetzt vier Zyklen her und in dieser Zeit hatte man ihn bereits vom 2. Nori, dem Befehlshaber der hinteren Boden-Eingreiftruppen zum Noni, dem Oberbefehlshaber aller Bodeneingreiftruppen gemacht.
So war er mit seinen 30 Planetenzyklen Anführer von über hunderttausend Kriegern und Kämpfern und gehörte schon jetzt zum inneren Kreis der Pandemi, dem exekutiven Gremium seines Volkes, zu dem neben den Befehlshabern der anderen Truppengattungen und einer Vielzahl von Politikern natürlich auch der Nuri, der Oberbefehlshaber