Showdown Jerusalem. Hans J Muth

Showdown Jerusalem - Hans J Muth


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selbst, bis einer der Polizisten die Tür geöffnet hatte. Als die Männer in der Wohnung waren und die Tür sich hinter ihnen schloss, eilte Merlot die Stufen bis zur Haustür nach unten, überquerte die Straße und saß schließlich schwer atmend in seinem Fiat.

      Als er nach oben zum Fenster der Wohnung Zanollas sah, bemerkte er, wie einer der Polizisten nach unten sah, als suche er etwas.

      Merlot startete seinen Wagen und brauste davon, seiner Absteige in der Via Cassiodoro entgegen.

      *

      Als Commissario Marcello Sparacio, Sergente Enzo Sciutto und Ispettore Folco Merano an der Piazza des Castello ankamen, standen sie vor dem verschlossenen Eingang zur Wohnung Zanolla.

      „Der Hausmeister muss her“, brummte Sparacio. Seine Laune war auf dem Tiefpunkt angekommen. Immer wieder musste er daran denken, wie Sofia heute Abend reagieren würde. Reagieren auf den geplanten Urlaub, der wieder einmal nicht stattfinden konnte, obwohl er hoch und heilig versprochen hatte, dass es dieses Mal klappen würde.

      Er drückte auf einen Knopf, neben dem in Großbuchstaben das Wort Hausverwalter stand. Keine Reaktion. Sparacio versuchte es mehrmals hintereinander, es blieb ruhig.

      „Verdammter Mist!“ Es klang erneut brummig. Dann legte er die flache Hand auf eine unbestimmte Anzahl Klingelknöpfe und drückte sie gemeinsam.

      Die Tür öffnete sich und kurz darauf standen sie vor der Wohnungstür. Sie war verschlossen.

      „Öffnen Sie!“, sagte er zu Sciutto, der umständlich in seinen Taschen kramte und schließlich ein Öffnungsbesteck ans Tageslicht förderte und die Tür nach innen aufdrückte.

      „Die Tür war nicht verschlossen“, flüsterte Sciutto. „Nicht verriegelt, meine ich. Nur ins Schloss gezogen.“

      „Öffnen Sie ein Fenster!“ Sparacio gab Sciutto einen Wink. „Dieser Gestank.“

      „Zigaretten, kalte Zigarettenasche“, ließ sich nun auch Folco Merano vernehmen. „Französische. Gitanes oder Gauloises, kaum eine andere stinkt erbärmlicher. Da lobe ich mir Virginia-Tabake oder …“

      „Hatte Zanolla Zigaretten bei sich?“, unterbrach Sparacio den Exkurs seines Kollegen.“ Ich habe bei seinen persönlichen Sachen jedenfalls keine gesehen.“

      „Nein, Zigaretten waren keine dabei, Chef. Der Ascher ist auch leer.“ Sciutto schüttelte zur Bestätigung den Kopf und wollte nach dem Aschenbecher greifen.

      „Nicht anfassen!“, rief Sparacio und konnte gerade noch verhindern, dass Sciutto seine Prints auf dem gläsernen Teil hinterließ. „Es sieht so aus, als habe Zanolla Gäste gehabt in den vergangenen Tagen.“

      „Gäste nennen Sie das?“ Sciutto schaute empört auf die Scherben am Boden neben dem kleinen Couchtisch. „Vandalen waren das. Ein Gelage. Sehen Sie doch nur die vielen Flaschen in der Plastiktüte!“

      „Ich glaube eher, die Gläser, oder was von ihnen noch übrig ist, können uns mehr sagen. Glauben Sie, Sciutto, dass Gläser so zerbröseln, wenn sie zu Boden fallen?“

      „Sie glauben, da hat jemand nachgeholfen? Warum sollte er das tun?“

      „Sehen Sie irgendwo einen vollen Aschenbecher? Die ganze Bude riecht nach abgestandener Zigarettenasche. Und der Aschenbecher ist leer. Ist das nicht seltsam? Ich denke, es war jemand vor uns hier“, sinnierte Sparacio. „Der Mord ist nun über zwei Stunden her. Ich vermute, hier hat jemand etwas ganz Bestimmtes gesucht.“

      Sparacio sah sich in dem Raum um, der offensichtlich noch nie gesäubert worden war. Der blaugrüne Stoff der durchgesessenen Sessel war mit Flecken übersät, der kleine Couchtisch mit der Glasplatte hatte lange keinen Reinigungslappen gesehen. Die gardinenlosen Fenster zeugten von liebloser Wohneigenschaft.

      Alles in allem hatte Sparacio das Gefühl, dass diese Wohnung nur selten bewohnt wurde. Dennoch, in den letzten Tagen hatten sich hier Menschen aufgehalten.

      Zanolla, ja sicher, dachte Sparacio. Aber er war nicht alleine hier. Wer war seine Begleitung, sein Besuch? Jemand, der seine Spuren verwischen wollte? Sein Mörder? Hatte Zanolla vor kurzem mit seinem Mörder hier zusammengesessen?

      „Chef, der Computer. Die Rückseite ist noch warm.“ Sparacio wurde von Sciutto aus seinen Gedanken gerissen und sah seinen Mitarbeiter fragend an.

      „Das Netzteil an der Rückseite, Chef. Es ist noch warm. Jemand hat den Computer vor nicht allzu langer Zeit benutzt.“

      „Schalten sie ihn ein!“ Zanolla hatte offensichtlich etwas, das auch andere begehrten. Sparacio überlegte. War das der Grund, warum man ihn umgebracht hatte? Was wollte Zanolla im Vatikan? Seine Fotokamera! Es waren keine Fotos darauf.

      Sparacio erinnerte sich. Die Chipkarte! In der Kamera fehlte die Chipkarte. In Sparacio baute sich ein Verdacht auf.

      „Chef, der PC!“ Sciutto machte Sparacio Platz, der sofort begann, den Computer auf seinen Inhalt zu durchsuchen. Es dauerte nicht lange, bis er den Ordner mit der Bezeichnung Wichtig lokalisierte. Er öffnete ihn und als er die fünf Dateien nacheinander öffnete, glaubte er, einiges besser zu verstehen.

      „Sciutto! Merano! Wir nehmen das Gerät mit. Alles andere bleibt so wie wir es vorgefunden haben. Die Spurensicherung, sie soll sich sofort um das hier kümmern.“ Sparacio machte eine weit ausholende Armbewegung.

      Alte Schriften, dachte Sparacio. Liegt das Geheimnis in den alten Schriften in diesem Ordner mit der Bezeichnung ‚Wichtig‘? Warum um Himmels Willen hat der Besucher die Dateien nicht gelöscht? Kopiert hat er sie doch mit Sicherheit.

      Sparacio nickte wissend. Er hatte keine Zeit mehr dazu. Das konnte nur bedeuten, dass der Unbekannte kurz vor ihrem Eintreffen noch in der Wohnung war.

      Sciutto und Merano schauten erschrocken auf ihren Vorgesetzten, der lauthals zu fluchen begann.

      „Zehn Minuten früher! Io stupido, porca puttana! Zehn Minuten früher und wir hätten das Schwein erwischt!“

      *

      Merlot warf einen kurzen Blick nach oben, zum Fenster der Wohnung Zanollas und trat das Gaspedal durch. Er hätte sich ohrfeigen können. Wie ein Amateur hatte er sich benommen. Die Dateien hatte er auf seinen Stick gesichert. Doch die Originaldateien, sie befanden sich noch auf der Festplatte des Computers.

      Die zertretenen Gläser. Jeder halbwegs logisch denkende Polizeibeamte würde seine Schlüsse daraus ziehen.

      Die leeren Bierflaschen …. Man würde sie finden. Es gehörte zur Routine der Ermittler. Ab sie würden keine Abdrücke darauf finden ...

      Selbst wenn etwas auf seine Anwesenheit in der Wohnung Zanollas deuten sollte, was konnte man ihm letztendlich nachweisen? Dass er in der Wohnung Zanollas war, mit ihm gemeinsam gesoffen hatte? Es war nichts Strafbares daran. Sie waren Freunde, er und Zanolla, schon über Jahre. Das würde man herausfinden. Und was die zertretenen Gläser betraf: Was tat man nicht alles im volltrunkenen Zustand. Und außerdem: Er hatte die Festplatte oder den Ordner mit den Dateien nicht gelöscht. Also hatte er nichts gewusst von alledem, das müsste man doch annehmen.

      Merlot konnte der Zukunft beruhigt entgegensehen. Es gab keine Beweise gegen ihn, nicht einmal Anhaltspunkte. Vermutungen vielleicht. Doch was waren denn schon Vermutungen? Merlot lächelte. Vermutungen sind wie Träume. Sie platzen, wenn man sie nicht in Beweise umwandeln kann.

      Dann brachte er den Leihwagen zurück und schlenderte zu seinem billigen Hotel in der Via Cassiodoro. Es gab einiges zu tun für ihn.

      Er schloss die Tür des Hotelzimmers von innen ab, nahm aus dem Kleiderschrank aus einer flachen Tasche einen Laptop und schloss ihn an. Während das Gerät hochfuhr, galt sein Interesse der Mappe Zanollas, die er öffnete und durchsuchte. Zum Vorschein kamen ein Arbeitsvertrag mit einem gewissen Professor Rosenbaum, diverse Landkarten, die Gebirgszüge irgendwo in Ägypten zeigten, Wegebeschreibungen und diverse Abrechnungen.

      Sieh einer an! Merlot breitete einer der gefalteten Landkarten auf dem Tisch aus und betrachtete


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