Getting Pro. Andreas Mistele

Getting Pro - Andreas Mistele


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Hören.

      4 Über Kopfhörer hörst du immer nur einen Kanal pro Ohr. Wir hören also kein echtes Stereosignal, sondern zwei Monosignale.Somit hörst du nur Intensitätsunterschiede und keine Laufzeit-unterschiede. Dadurch verstärken, ja verzerren sich letztlich die Panoramabreite und die Effektierung enorm. Das führt dazu, dass ein Mix über Kopfhörer meist die Stereobreite nicht ausnutzt und mit zu wenigen Effektanteilen versehen ist.

      5 Bei diesem getrennten Hören kommen außerdem Auslöschungen auf Grund von Phasenproblemen zwischen links und rechts nicht zum Tragen! Du weißt also nicht genau, ob sich dein Mix auf Lautsprechern seltsam gephased anhört.

      Kopfhörer gibt es in offener, halboffener und geschlossener Ausführung. Welche Art du wählen sollst, entscheidest du am besten durch Vergleiche. Tendenziell klingen offene Kopfhörer eher luftig und sind angenehmer zu tragen als geschlossene. Das ist aber alles Geschmackssache.

      Für Mikrofonaufnahmen, bei welchen sich der Interpret nah am Mikrofon befindet, solltest du aber geschlossene Kopfhörer verwenden, die möglichst dicht und dennoch bequem zu tragen sind. Was die Bauweise betrifft, ist es optimal, wenn er auch mit nur einer Muschel über einem Ohr stabil und bequem zu tragen ist.

      4.5.2Monitore: Aufstellung und Einstellung

      Dein Abhörplatz ist idealerweise symmetrisch im Raum positioniert. Dabei ist es erst mal egal, ob der Raum akustisch optimiert ist oder nicht. In jedem Fall sind die auftretenden Raumeinflüsse wenigstens symmetrisch und auf allen Kanälen gleich stark vorhanden.

      Selbstverständlich ist auch die Entfernung der Monitore selbst zu Wänden und Ecken gleichmäßig zu wählen. Ansonsten entstehen unausgeglichene Reflexionswege und Intensitäten, welche die Stereoabbildung verfälschen: Die Signale, welche zuerst wahrgenommen werden, empfinden wir stets als lauter (Haas-Effekt). Dadurch kann sich die Stereomitte verschieben.

      Bei der Aufstellung der Monitore solltest du wandnahe Bereiche meiden. Da sich die Bassenergie hier am stärksten aufschaukelt, führt eine wandnahe Aufstellung ergo zu starken Bassüberhöhungen. In den Ecken verstärkt sich dieser Effekt zusätzlich. Zudem können Kammfiltereffekte entstehen, die den Klang aushöhlen.

      Wenn möglich, solltest du also einen Abstand von mindestens 0,6 m zu Wänden und Ecken einhalten. Ab dieser Entfernung werden die betroffenen Frequenzen zu tief, um wirkliche Probleme zu machen.

      Diesen akustischen Mangel kannst du aber auch nutzen, um bassschwache Systeme etwas zu pushen. Mit präziser Abbildung hat dies aber nichts mehr zu tun.

      Nicht nur die Wände reflektieren den Schall, auch Studiomöbel und das andere Equipment. Bei der Positionierung der Monitore solltest du in Sachen Kammfilter auch das Pult bzw. den Studiotisch beachten. Es gibt hier leider besonders ungünstige Aufstellpositionen, die frequenzabhängig zu starken Auslöschungen führen können. Hier probierst du am besten die zur Verfügung stehenden Positionen aus und nimmst dann die, an welcher das Signal am rundesten und am wenigsten beschnitten klingt.

      Hast du die richtige Stelle im Raum gefunden, gilt es schließlich, die Monitore korrekt zu dir auszurichten. Richtig aufgestellt, bilden die Monitore und du ein gleichseitiges Dreieck mit einer Seitenlänge von mindestens 1 m. Die Hochtöner sind dabei stets auf Ohrhöhe, bei angewinkelter Monitorposition (z. B. von oben nach unten schauend) sollten sie zumindest auf deine Ohren zielen. Dies ist enorm wichtig, da die hohen Frequenzen maßgeblich für die Stereoabbildung verantwortlich sind.

      Wenn Monitore liegend betrieben werden müssen, ist es in den meisten Fällen ratsam, die Hochtöner bei großem Hörabstand nach innen zeigen zu lassen, da das Stereobild ansonsten unnatürlich breit wird. Das gleichwinklige Dreieck wird in dem Fall von den Hochtönern und deiner Position gebildet. In jedem Fall gilt: Anleitung lesen, denn manche Monitore „mögen“ die liegende Nutzung überhaupt nicht!

      Ob die Monitore korrekt positioniert sind, kannst du mittels rosa Rauschens prüfen, das du mono auf beide Monitore gibst. Erhältst du dabei bei verschiedenen Lautstärken ein korrektes Phantomzentrum, passen die Ausrichtung und die eingestellte Lautstärke pro Kanal.

      Mit diesem Test kannst du auch gegebenenfalls die Funktionalität und Qualität deiner Monitormatrix testen. Nach meiner Erfahrung weichen besonders die günstigen Geräte im unteren Lautstärkebereich stark von der Monomitte ab! Dieses Problem kannst du eventuell mit einem Pad-Schalter an der Matrix eindämmen, der dazu zwingt, den Volumenpoti an der Matrix etwas heißer zu fahren.

      Die Verwendung von Effekten in der Abhörkette zum Ausgleich von Mängeln in der Raumakustik oder Unzulänglichkeiten der Boxen ist nicht zielführend. Mit dem Equalizer kann man schließlich nur die Lautstärke einzelner dargestellter Frequenzbereiche verändern. Sowohl die Resonanz und die Nachhallzeit des Raums als auch das Schwingverhalten der Monitore verändern sich aber nicht!

      Lediglich die breitbandigen Einstellmöglichkeiten an den Monitoren selbst haben eine Daseinsberechtigung. Diese stimmen ja auch nur den Grundklang eines Systems auf die Umgebung und den Hörgeschmack ab.

      Die rein räumliche Positionierung der Monitore ist erst die halbe Miete. Für eine gute Performance ist auch die Art des Lautsprecherständers bzw. deren Unterlage wichtig.

      Selbstverständlich wird auch im Studio immer wieder mit hohen Lautstärken abgehört. Damit dabei nicht die gesamte Studio-Einrichtung in Schwingung kommt, sollten die Monitore vom Untergrund entkoppelt werden. Hierfür eignen sich Schaumstoff- oder Gummimatten, auf welche sie gestellt werden. Der ideale Lautsprecheruntergrund sollte aber auch schon so wenig Eigenschwingung wie möglich zulassen. Ein stabiler Ständer aus Holz (evtl. hohl und mit Sand gefüllt) oder ein solides Rack kann wunderbar funktionieren.

      Achtung: Entgegen einiger Ansichten entkoppeln sogenannte Spikes Lautsprecher nicht. Im Gegenteil: Sie koppeln an! Sinnvoll sind sie trotzdem, aber eher im Wohnzimmer, um Standlautsprecher an den Boden zu koppeln. Dadurch kann deren Bass gestrafft und ein satteres Fundament erzeugt werden, da kontraproduktive Resonanzen des Lautsprechergehäuses an den Boden abgeleitet werden. Dies funktioniert aber nur bei massiven Bodenkonstruktionen wie etwa Beton. Bei leicht mitschwingenden Böden wie Holzkonstruktionen oder schwimmend verlegtem Parkett klappt dies nicht. Hier ist wiederum Entkopplung ein probates Mittel, um den Klang zu optimieren.

      4.5.3Abhörlautstärke und -techniken

      Aus mir unverständlichen Gründen hören die meisten unserer Kollegen viel zu laut ab. Dies ist aus drei Gründen sehr gefährlich:

      1 Medizinisch: Wer ständig zu laut Musik hört, schädigt mit der Zeit sein Gehör. Gehörschäden sind derzeit irreparabel, was einmal weg ist, bleibt weg!

      2 Biologisch: Die Performance beim Mischen ist schlechter, da das Gehör schneller ermüdet (Fatigue-Effekt).

      3 Psychoakustisch: Laut abgehört, klingt auch mittelmäßig produzierte Musik mächtig und detailreich. Dies liegt zum einen daran, dass hohe Lautstärken Frequenzen und Spuren deutlicher erscheinen lassen als sie eigentlich sind. Zum anderen kann laute Musik eine Art Euphorie beim Hörer erzeugen.Daher neigen zu laut abgehörte Mixe dazu, unzureichend abgemischt zu werden. Ein zu laut gemischter Titel wird daher leise gehört recht undefiniert klingen.

      Leider bringt auch zu leise abgehörte Musik Probleme mit sich. Da wir biologisch bedingt besonders empfindlich im Mittenbereich (Fletcher-Munson-Phänomen) hören, verfälscht zu leises Abhören den tatsächlichen Frequenzgang erheblich, da wir dann den Mittenbereich subjektiv lauter wahrnehmen als er in Relation tatsächlich ist. Zu leise abgehört, klingt ein Mix schließlich bei moderat angehobener Lautstärke zu bass- und höhenlastig.

      Daher gibt es auch die Loudness-Taste an HiFi-Anlagen. Diese Funktion mit der Badewannenkurve für Bass und Höhen erlaubt auch bei leisem Hören ein einigermaßen sattes Klangerlebnis.

      Es gibt eine weitere bassbezogene akustische Täuschung, die beim Abmischen in Betracht gezogen werden muss: den sogenannten Residuum-Effekt. Dieser beschreibt, dass wir auch Bässe und Grundtöne,


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