Grundlegendes zur Erweiterung der Heilkunst. Rudolf Steiner

Grundlegendes zur Erweiterung der Heilkunst - Rudolf Steiner


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näheres. Man bringt das zum Vollbewusstsein in sich, was rein geistig ist, wovon man im bewussten Erleben unmittelbar erfährt, dass es mit dem Erleben durch die Körperlichkeit nichts zu tun hat. Dadurch versetzt man sich in ein Leben, das ein solches als Menschengeist unter anderen geistigen Wesenheiten ist. In der Inspiration offenbaren sich die geistigen Wesenheiten der Welt; durch die Intuition lebt man mit diesen Wesenheiten.

      Man gelangt dadurch zur Anerkennung des vierten Gliedes der menschlichen Wesenheit, zum eigentlichen »Ich«. Wieder wird man gewahr, wie die Erdenstofflichkeit indem sie sich dem Weben und Wesen des »Ich« einfügt, sich noch weiter ihrem physischen Wesen entfremdet. Die Wesenheit, welche diese Stofflichkeit als »Ich-Organisation« annimmt, ist zunächst die Form des Erdenstoffes, in der sich dieser am meisten seiner irdisch-physischen Art entfremdet.

      Was man in dieser Art als »astralischen Leib« und »Ich« kennen lernt, ist nicht in gleicher Art an den physischen Leib in der Menschenorganisation gebunden wie der ätherische Leib. Inspiration und Intuition zeigen, wie im Schlafe sich »astralischer Leib« und »Ich« vom physischen und ätherischen Leib trennen, und wie nur im Wachzustand ein völliges Durchdringen der vier Glieder der Menschennatur zur menschlichen Einheitswesenheit vorhanden ist. Im Schlafe sind in der physischen und ätherischen Welt der physische und ätherische Menschenleib verblieben. Sie sind da aber nicht in der Lage, in der physischer und ätherischer Leib eines Pflanzenwesens sind. Sie tragen in sich die Nachwirkungen der astralischen und der Ich-Wesenheit. Und in dem Augenblicke, in dem sie diese Nachwirkungen nicht mehr in sich tragen würden, muss Erwachen eintreten. Ein menschlicher physischer Leib darf niemals bloßen physischen, ein menschlicher Ätherleib niemals bloßen ätherischen Wirkungen unterliegen. Sie würden dadurch zerfallen.

      Nun zeigen aber Inspiration und Intuition noch etwas anderes. Die physische Stofflichkeit erfährt eine Weiterbildung ihres Wesens, indem sie zum Weben und Leben im Ätherischen übergeht. Und L e b e n hängt davon ab, dass der organische Körper dem Wesen des Irdischen entrissen und vom außerirdischen Weltall herein aufgebaut wird. Allein diese nicht aber zum Bewusstsein und nicht zum Selbstbewusstsein.

      Es muss sich der Astralleib seine Organisation innerhalb der physischen und der ätherischen aufbauen; es muss ein Gleiches das Ich in Bezug auf die Ich-Organisation tun. Aber in diesem Aufbau ergibt sich keine bewusste Entfaltung des Seelenlebens. Es muss, damit ein solches zustande kommt, dem Aufbau ein Abbau gegenüberstehen. Der astralische Leib baut sich seine Organe auf; er baut sie wieder ab indem er die Gefühlstätigkeit im Bewusstsein der Seele entfalten lässt; das Ich baut sich seine »Ich-Organisation« auf; es baut sie wieder ab, indem die Willenstätigkeit im Selbstbewusstsein wirksam wird.

      Der Geist entfaltet sich innerhalb der Menschenwesenheit nicht auf der Grundlage aufbauender Stofftätigkeit, sondern auf derjenigen abbauender. Wo im Menschen Geist wirken soll, da muss der Stoff sich von seiner Tätigkeit zurückziehen.

      Schon die Entstehung des Denkens innerhalb des ätherischen Leibes beruht nicht auf einer Fortsetzung des ätherischen Wesens, sondern auf einem Abbau desselben. Das bewusste Denken geschieht nicht in Vorgängen des Gestaltens und Wachstums, sondern in solchen der Entgestaltung und des Welkens, Absterbens, die fortdauernd dem ätherischen Geschehen eingegliedert sind.

      In dem bewussten Denken lösen sich aus der leiblichen Gestaltung die Gedanken heraus und werden als seelische Gestaltungen menschliche Erlebnisse.

      Sieht man nun auf der Grundlage einer solchen Menschenerkenntnis auf das Menschenwesen hin, so wird man gewahr, wie man sowohl den Gesamtmenschen wie auch ein einzelnes Organ nur durchschauen kann, wenn man weiß, wie in ihm der physische, der ätherische, der astralische Leib und das Ich wirken. Es gibt Organe, in denen vornehmlich das Ich tätig ist; es gibt solche, in denen das Ich nur wenig wirkt, dagegen die physische Organisation überwiegt.

      Wie man den gesunden Menschen nur durchschauen kann, wenn man erkennt, wie sich die höheren Glieder der Menschenwesenheit des Erdenstoffes bemächtigen, um ihn in ihren Dienst zu zwingen, und wenn man auch erkennt, wie der Erdenstoff sich wandelt, indem er in den Bereich der Wirksamkeit der höheren Glieder der Menschennatur tritt; so kann man auch den kranken Menschen nur verstehen, wenn man einsieht, in welche Lage der Gesamt-Organismus oder ein Organ oder eine Organreihe kommen, wenn die Wirkungsweise der höheren Glieder in Unregelmäßigkeit verfällt Und an Heilmittel wird man nur denken können, wenn man ein Wissen darüber entwickelt, wie ein Erdenstoff oder Erdenvorgang zum Ätherischen, zum Astralischen, zum Ich sich verhält. Denn nur dann wird man durch Einfügung eines Erdenstoffes in den menschlichen Organismus, oder durch Behandlung mit einer Erdentätigkeit bewirken können, dass die höheren Glieder der Menschenwesenheit sich ungehindert entfalten können, oder auch, dass die Erdenstofflichkeit an dem Zugefügten die nötige Unterstützung findet, um auf den Weg zu kommen, auf dem sie Grundlage wird für irdisches Wirken des Geistigen.

      Der Mensch ist, was er ist, durch Leib, Ätherleib, Seele (astralischer Leib) und Ich (Geist). Er muss als Gesunder aus diesen Gliedern heraus angeschaut; er muss als Kranker in dem gestörten Gleichgewicht dieser Glieder wahrgenommen; es müssen zu seiner Gesundheit Heilmittel gefunden werden, die das gestörte Gleichgewicht wieder herstellen.

      Auf eine medizinische Anschauung, die auf solche Grundlagen baut, wird in dieser Schrift hingedeutet.

      II. Warum erkrankt der Mensch?

      Wer über die Tatsache nachdenkt, dass der Mensch krank sein kann, der kommt, wenn er rein naturwissenschaftlich denken will, in einen Widerspruch hinein, von dem er zunächst annehmen muss, dass er in dem Wesen des Daseins selbst liege. Was im Krankheitsvorgang geschieht, ist, obenhin betrachtet, ein Naturprozess. Was an seiner Stelle im gesunden Zustand vorgeht, ist aber auch ein Naturprozess.

      Naturprozesse kennt man zunächst nur durch die Beobachtung der außermenschlichen Welt und durch die Beobachtung des Menschen nur insofern, als man diese genau ebenso anstellt wie diejenige der äußeren Natur. Man denkt sich dabei den Menschen als ein Stück der Natur; ein solches, in dem die auch außer ihm zu beobachtenden Vorgänge sehr kompliziert sind, aber doch von derselben Art, wie diese äußeren Naturprozesse.

      Es entsteht da aber die von diesem Gesichtspunkte aus unbeantwortbare Frage: wie entstehen innerhalb des Menschen - vom Tiere soll hier nicht gesprochen werden - Naturprozesse, die den gesunden entgegengesetzt sind?

      Der gesunde menschliche Organismus scheint als ein Stück der Natur begreiflich zu sein; der kranke nicht. Er muss daher aus sich selbst begreiflich sein durch etwas, das er nicht von der Natur hat.

      Man stellt sich wohl vor, dass das Geistige im Menschen zur physischen Grundlage einen komplizierten Naturprozess wie eine Fortsetzung des außerhalb des Menschen befindlichen Natürlichen habe. Aber man sehe doch, ob jemals die im gesunden menschlichen Organismus begründete Fortsetzung eines Naturprozesses das geistige Erleben als solches hervorruft? Das Gegenteil ist der Fall.

      Das geistige Erleben wird ausgelöscht, wenn der Naturprozess sich in gerader Linie fortsetzt. Es geschieht dies im Schlafe; es geschieht in der Ohnmacht.

      Man sehe dagegen, wie das bewusste Geistesleben verschärft wird, wenn ein Organ erkrankt.

      Schmerz stellt sich ein oder wenigstens Unlust und Unbehagen. Das Gefühlsleben erhält einen Inhalt, den es sonst nicht hat. Und das Willensleben wird beeinträchtigt. Eine Gliedbewegung, die sich im gesunden Zustande selbstverständlich vollzieht, kann nicht ausgeführt werden, weil sich der Schmerz oder die Unlust hemmend entgegenstellen.

      Man beachte den Übergang von der schmerzbegleiteten Bewegung eines Gliedes zu dessen Lähmung. In der schmerzbegleiteten Bewegung liegt der Anfang der gelähmten. Das aktiv Geistige greift in den Organismus ein. Im gesunden Zustande offenbart sich dieses zunächst im Vorstellungs- oder Denkleben. Man aktiviert eine Vorstellung; und eine Gliedbewegung folgt. Man geht mit der Vorstellung nicht bewusst in die organischen Vorgänge ein, die zuletzt zur Gliedbewegung führen. Die Vorstellung taucht in das Unbewusste unter. Zwischen der Vorstellung und der Bewegung tritt im gesunden Zustande ein Fühlen ein, das nur seelisch wirkt. Es lehnt sich nicht deutlich an ein körperlich Organisches an. Im kranken Zustande ist das aber der Fall. Das Fühlen, das im gesunden


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