Grundlegendes zur Erweiterung der Heilkunst. Rudolf Steiner

Grundlegendes zur Erweiterung der Heilkunst - Rudolf Steiner


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mit diesem.

      Die Vorgänge des gesunden Fühlens und des kranken Erlebens erscheinen dadurch in ihrer Verwandtschaft. Es muss etwas da sein, das im gesunden Organismus mit diesem nicht so intensiv verbunden ist als im kranken. Der geistigen Anschauung enthüllt sich dieses als der astralische Leib. Er ist eine übersinnliche Organisation innerhalb der sinnlichen. Er greift entweder lose in ein Organ ein, dann führt er zum seelischen Erleben, das für sich besteht und nicht in Verbindung mit dem Körper empfunden wird. Oder er greift intensiv in ein Organ ein; dann führt er zum Erleben des Krankseins. Man muss sich eine der Formen des Krankseins in einem Ergreifen des Organismus durch den astralischen Leib vorstellen, die den geistigen Menschen tiefer in seinen Körper untertauchen lässt, als dies im gesunden Zustande der Fall ist.

      Aber auch das Denken hat seine physische Grundlage im Organismus. Es ist im gesunden Zustande nur noch mehr von diesem losgelöst als das Fühlen. Die geistige Anschauung findet außer dem astralischen Leib noch eine besondere Ich-Organisation, die sich seelisch frei im Denken darlebt. Taucht mit dieser Ich-Organisation der Mensch intensiv in sein Körperhaftes unter, so tritt ein Zustand ein, der die Beobachtung des eigenen Organismus derjenigen der Außenwelt ähnlich macht. - Beobachtet man ein Ding oder einen Vorgang der Außenwelt, so liegt die Tatsache vor, dass der Gedanke im Menschen und das Beobachtete nicht in lebendiger Wechselwirkung stehen, sondern unabhängig voneinander sind. Das tritt für ein menschliches Glied nur dann ein, wenn es gelähmt wird. Dann wird es Außenwelt. Die Ich- Organisation ist nicht mehr lose wie im gesunden Zustande mit dem Glied vereinigt, so dass sie sich in der Bewegung mit ihm verbinden und gleich wieder loslösen kann; sie taucht sich dauernd in das Glied ein und kann sich nicht mehr aus ihm zurückziehen.

      Wieder stellen sich die Vorgänge des gesunden Bewegens eines Gliedes und die Lähmung in ihrer Verwandtschaft nebeneinander. Ja, man sieht es deutlich: die gesunde Bewegung ist eine angefangene Lähmung, die sogleich in ihrem Anfange wieder aufgehoben wird.

      Man muss in dem Wesen des Krankseins eine intensive Verbindung des astralischen Leibes oder der Ich-Organisation mit dem physischen Organismus sehen. Aber diese Verbindung ist doch nur eine Verstärkung derjenigen, die in einer loseren Art im gesunden Zustande vorhanden ist. Auch das normale Eingreifen des astralischen Leibes und der Ich-Organisation in den menschlichen Körper sind eben nicht den gesunden Lebensvorgängen verwandt, sondern den kranken. Wirken Geist und Seele, so heben sie die gewöhnliche Einrichtung des Körpers auf; sie verwandeln sie in eine entgegengesetzte. Aber damit bringen sie den Organismus auf einen Weg, bei dem das Kranksein beginnen will. Er wird im gewöhnlichen Leben sofort nach dem Entstehen durch eine Selbstheilung reguliert.

      Eine gewisse Form des Krankseins tritt dann ein, wenn das Geistige oder Seelische zu weit nach dem Organismus vorstoßen, so dass die Selbstheilung entweder gar nicht, oder nur langsam eintreten kann.

      In der Geist- und Seelenfähigkeit hat man also die Ursachen des Krankseins zu suchen. Und das Heilen muss in einem Loslösen des Seelischen oder Geistigen von der physischen Organisation bestehen.

      Das ist die eine Art des Krankseins. Es gibt noch eine andere. Es können die Ich-Organisation und der astralische Leib abgehalten sein, es zu der losen Verbindung mit dem Körperlichen zu bringen, die im gewöhnlichen Dasein das selbständige Fühlen, Denken und Wollen bedingen. Dann tritt in den Organen oder Vorgängen, an die Geist und Seele nicht heran können, eine Fortsetzung der gesunden Vorgänge über dasjenige Maß hinaus ein, das dem Organismus angemessen ist. Und der geistigen Anschauung zeigt sich in diesem Falle, dass dann der physische Organismus doch nicht bloß die leblosen Prozesse der äußeren Natur vollbringt. Der physische Organismus ist von einem ätherischen Organismus durchsetzt.

      Der bloße physische Organismus könnte niemals einen Selbstheilungsvorgang hervorrufen. Ein solcher wird in dem ätherischen Organismus angefacht. Damit aber wird die Gesundheit als der Zustand erkannt, der im ätherischen Organismus seinen Ursprung hat. Heilen muss daher in einer Behandlung des ätherischen Organismus bestehen.

       Anmerkungen:

      (1) Durch ein Vergleichen dessen, was im ersten Kapitel gesagt ist, mit dem Inhalt des zweiten wird sich das Verständnis dessen besonders ergeben, was in Betracht kommt.

      III. Die Erscheinungen des Lebens

      Man kommt nicht zum Verständnis des gesunden und kranken menschlichen Organismus, wenn man sich vorstellt, dass sich die Wirkungsart irgendeines mit der Nahrung aufgenommenen Stoffes aus der äußeren Natur in das Innere des Organismus einfach fortsetzt. Nicht um eine solche Fortsetzung der Wirkung, die man an dem Stoffe außerhalb des menschlichen Organismus beobachtet, handelt es sich, sondern um deren Überwindung.

      Die Täuschung, als ob im Organismus die Stoffe der Außenwelt in ihrer Eigenart fortwirkten, entsteht dadurch, dass vor der gewöhnlichen chemischen Denkungsart das so erscheint. Diese gibt sich nach ihren Untersuchungen dem Glauben hin, der Wasserstoff z.B. sei im Organismus so vorhanden wie in der äußeren Natur, weil er sich in den als Nahrungsmittel eingenommenen Speisen und Getränken, und dann wieder in den Ausscheidungsprodukten: Luft, Schweiß, Urin, Faeces und in den Absonderungen, z.B. Galle, findet.

      Man empfindet heute keine Notwendigkeit zu fragen, was mit dem als Wasserstoff vor dem Eintritt in den Organismus und nach dem Austritt Erscheinenden, im Organismus vorgegangen ist.

      Man fragt nicht: was macht das als Wasserstoff Erscheinende im Organismus durch? Man wird sogleich gedrängt, wenn man diese Frage aufwirft, die Aufmerksamkeit auf den Unterschied zwischen dem schlafenden und dem wachenden Organismus zu lenken. Im schlafenden Organismus bildet dessen stoffliche Wesenheit keine Grundlage zur Entfaltung der bewussten und selbstbewussten Erlebnisse. Aber sie bildet doch eine Grundlage zur Entfaltung des Lebens. In dieser Beziehung unterscheidet sich der schlafende von dem toten Organismus. In diesem ist die stoffliche Grundlage nicht mehr eine solche des Lebens. So lange man diesen Unterschied nur in der verschiedenen Zusammensetzung der Stoffe beim toten und lebenden Organismus sieht, wird man mit dem Verständnis nicht weiterkommen.

      Es hat vor fast einem halben Jahrhundert der bedeutende Physiologe Du Bois-Reymond darauf hingewiesen, dass man aus den Stoffwirkungen nie das Bewusstsein erklären könne. Er hat gesagt, nie und nimmer werde man einsehen, warum es einer bestimmten Anzahl von Kohlenstoff-, Sauerstoff-, Stickstoff- und Wasserstoffatomen nicht sollte gleichgültig sein, wie sie liegen, wie sie lagen und liegen werden, und warum sie durch diese ihre Lageveränderung in dem Menschen die Empfindung hervorbringen: ich sehe rot; ich rieche Rosenduft. Weil das so ist, meinte Du Bois-Reymond, könne die naturwissenschaftliche Denkart den wachenden, von Empfindungen erfüllten Menschen nie erklären, sondern nur den schlafenden.

      Er gab sich mit dieser Ansicht einer Illusion hin. Er glaubte aus der Wirkungsart der Stoffe ergäben sich zwar nicht die Bewusstseins-Erscheinungen, wohl aber die des Lebens. In Wirklichkeit muss man aber ebenso wie Du Bois-Reymond für die Bewusstseins-Erscheinungen für die des Lebens sagen: Warum sollte es einer Anzahl von Kohlenstoff-, Sauerstoff-, Wasserstoff- und Stickstoffatomen beikommen, durch die Art, wie sie lagen, wie sie liegen, wie sie liegen werden, die Erscheinung des Lebens hervorzubringen. [20] Die Beobachtung zeigt doch, dass die Lebenserscheinungen eine ganz andere Orientierung haben als die im Leblosen verlaufenden. Für die letzteren wird man sagen können: sie zeigen sich von Kräften beherrscht, die vom Wesen des Stoffes ausstrahlen, vom - relativen - Mittelpunkt nach der Peripherie hin. Die Lebenserscheinungen zeigen den Stoff von Kräften beherrscht, die von außen nach innen wirken, gegen den - relativen - Mittelpunkt zu. Beim Übergange ins Leben muss sich der Stoff den ausstrahlenden Kräften entziehen und sich den einstrahlenden fügen.

      Nun hat ein jeglicher Erdenstoff und auch Erdenvorgang seine ausstrahlenden Kräfte von der Erde und in Gemeinschaft mit ihr. Er ist ein solcher Stoff, wie ihn die Chemie betrachtet, nur als ein Bestandteil des Erdenkörpers. Kommt er zum Leben, so muss er aufhören, ein bloßer Erdenteil zu sein. Er tritt aus der Gemeinschaft mit der Erde heraus. Er wird einbezogen in die Kräfte, die vom Außerirdischen nach der Erde von allen Seiten einstrahlen. Sieht man einen Stoff oder Vorgang als Leben sich entfalten, so muss man sich vorstellen, er entziehe sich den Kräften, die wie vom Mittelpunkt der Erde auf ihn wirken, und er komme


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