Kurtisanengespräche. Pietro Aretino

Kurtisanengespräche - Pietro Aretino


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und winden, wie die Weiber in den Geburtswehen sich winden oder wenn sie das Mutterweh haben. Und damit der Nagel recht fest stäke, gab er seinem Spinatfreund, der hinter ihm stand, einen Wink; der löste ihm die Hosen, daß sie ihm auf die Hacken fielen, und setzte Seiner Ehrwürden visibilium das Klistier an. Der General aber verschlang mit seinen Augen die beiden anderen Knaben, die sich die beiden Nonnen recht bequem übers Bett gelegt hatten und ihnen die Sauce im Mörser verrieben. Das war ein großer Kummer für die vierte Schwester, die ein bißchen triefäugig und etwas schwärzlich von Haut war, weshalb keiner etwas von ihr hatte wissen wollen. Sie wußte sich aber zu helfen. Sie füllte den gläsernen Tröster mit Wasser – man hatte dem hohen Herrn etwas zum Händewaschen warm gemacht –, setzte sich auf ein Kissen, das sie auf die Erde legte, und stemmte die Fußsohlen gegen die Wand. Dann setzte sie die Riesenschalmei an und stieß sie sich in den Leib – es war, wie wenn ein Degen in die Scheide fährt! Ich war von all der Wonne des Zuschauens ganz aufgelöst und streichelte mein Mäuschen mit der Hand, wie im Januar die Katzen auf den Dächern den Steiß aneinander reiben.

      Antonia: Hahaha! Und wie endete der Spaß?

      Nanna: Nachdem er nun 'ne halbe Stunde lang raus- und reingerutscht war, sagte der Prälat: »Wir wollen's jetzt alle zusammen machen. Komm her, mein Junge, und küsse mich, und auch du, meine Taube!« Die eine Hand hielt er nun an die Dose der Engelsnonne, mit der anderen liebkoste er die Hinterbacken des hübschen Jungen, und dabei küßte er bald ihn, bald sie und machte dazu ein so schmerzverzogenes Gesicht wie auf Belvedere die Marmorfigur von dem Mann, der inmitten seiner beiden Söhne von den Schlangen getötet wird. Schließlich fingen sie alle zusammen an zu schreien: die Nonnen und die Mönchlein auf dem Bett und der General nebst Unterlage und Rückendeckung und auch die Überzählige mit der venezianischen Glasrübe. Taktmäßig wie Kurrendesänger oder wie Schmiede, die auf das Eisen hämmern, schrien sie los: »Ach! Ach!« Und: »Küsse mich!« Und: »Dreh dich besser zu mir her!« »Die süße Zunge!« »Gib mir sie doch!« »Da hast du sie!« »Stoß feste!« »Wart, es kommt schon!« »Oh, da ist's!« »Drücke mich!« »Hilf mir doch!« – und das alles bald halblaut, bald in den höchsten Tönen und in allen Klängen der Tonleiter. Und das war ein Augenverdrehen, ein Stöhnen, ein Schieben und ein Strampeln, daß Bänke und Schränke und Bett und Tisch und Stühle hin und her schwankten wie Häuser bei einem Erdbeben.

      Antonia: Fein!

      Nanna: Und auf einmal, da gab's gleichzeitig acht Seufzer tief aus Leber, Lunge, Herz und Seele des Ehrwürdigsten Undsoweiter, der Nonnen und der Mönche. Und diese Seufzer machten einen so starken Wind, daß sie acht Fackeln würden ausgeblasen haben. Und mit diesem Seufzer sanken sie alle erschöpft zu Boden wie Betrunkene, die der Wein niederwirft. Ich war von all dem Zugucken ganz kreuzlahm; vorsichtig zog ich mich von der Spalte zurück, setzte mich aufs Bett und sah mein Glasding an.

      Antonia: Halt mal 'n bißchen! Das mit den acht Seufzern ist doch kaum glaublich!

      Nanna: Du klaubst zu sehr am Wort herum; höre doch nur weiter!

      Antonia: Na, dann bitte.

      Nanna: Als ich nun das Glasding ansah, fühlte ich mich ganz aufgeregt – und das war wohl auch kein Wunder, denn beim Anblick solcher Sachen, wie ich sie gesehen, hätte sich wohl selbst bei den Eremiten von Camaldoli was geregt. Und von dem Betrachten des Glasdings fiel ich in tentatione, et libera nos a malo. Ich konnte dem Stachel des Fleisches, der mich aufs Blut peinigte, nicht länger widerstehen. Leider hatte ich kein warmes Wasser wie die Nonne, der ich die richtige Anwendung des kristallenen Stengels abgesehen hatte; aber Not macht erfinderisch: Ich pinkelte ganz einfach in das Ding hinein.

      Antonia: Wie machtest du denn das?

      Nanna: Es war ein Löchelchen drin, um das warme Wasser hineingießen zu können. Na, um die Sache nicht allzulang zu machen: Fix hob ich mir die Röcke hoch, stemmte das dicke Ende der Stange gegen den Bettrand und setzte mir die Spitze an; dann ließ ich sachte, sachte den Stachel eindringen. Es juckte mächtig, denn das Ding hatte einen dicken Kopf; ich fühlte daher zugleich Schmerz und süße Wonne. Aber die Wonne überwog, und nach und nach belebte sich der gläserne Stachel. Und ganz von Schweiß überströmt, faßte ich mir einen Löwenmut und stieß ihn mir so tief hinein, daß er aufs Haar gänzlich in meinen Tiefen verschwunden wäre. Und wie er so hineindrang, da glaubte ich Todes zu sterben, aber dieser Tod war süßer als das ewige Leben. Nachdem ich nun 'ne gute Weile den Schnabel dringelassen hatte, fühlte ich mich ganz überströmt; da riß ich ihn raus, und beim Rausreißen fühlte ich ein Brennen wie 'n Krätziger, wenn er die Nägel von den Schenkeln wegnimmt. Ich seh mir das Ding an, und ach herrje! Da war's ganz voll Blut. Da fing ich an zu schreien: »Oh, erbarme dich mein!«

      Antonia: Warum denn, Nanna?

      Nanna: Warum? Na, ich dachte, ich hätte mich auf den Tod verwundet! Ich greife mit der Hand an meine Mimi, und wie ich sie zurückziehe, ist sie ganz naß und rot wie 'n Handschuh von 'nem Bischof im Ornat. Da fang ich an zu schreien und fahr mir mit den Händen in die kurzen Haare, die am Vormittag der Priester, der mich einkleidete, mir gelassen hatte, und stimme den Klagegesang von Rhodos an.

      Antonia: Von Rom, Nanna! Denn wir sind doch in Rom.

      Nanna: Meinetwegen, von Rom, wenn du das lieber willst. Und ich hatte nicht bloß Angst, ich müßte sterben, als ich das Blut sah, sondern ich hatte auch noch Furcht vor der Äbtissin.

      Antonia: Warum denn?

      Nanna: Wenn sie was gemerkt hätte und hätte wissen wollen, woher das Blut kam, und wenn sie dann die Wahrheit herausgekriegt hätte, so konnte sie mich ja in Ketten und Banden wie 'nen rüdigen Nickel ins Gefängnis werfen lassen, und wenn sie mir auch keine andere Buße auferlegt hätte, als die Geschichte von dem Blut zu erzählen, wäre das nicht Grund genug gewesen zu weinen?

      Antonia: Nein. Warum denn?

      Nanna: Warum denn nicht?

      Antonia: Du brauchtest ja nur die andere Nonne anzuzeigen, du hättest sie mit dem Glasding spielen sehen. Dann wärst du selber sofort los und ledig gesprochen.

      Nanna: Ja, da hätte aber die Nonne sich ebenso voll Blut machen müssen wie ich. Soviel ist gewiß, Nanna fühlte sich sehr ungemütlich! Auf einmal hörte ich an meiner Tür klopfen; schnell trocknete ich mir recht schön die Augen ab, stand auf und antwortete: »Gratia plena«. Dann öffnete ich, und siehe da, man rief mich zum Abendessen. Aber ich hatte ja am Morgen nicht wie 'ne frischgeweihte Nonne, sondern wie 'n Soldatenmädel feste gepräpelt, außerdem war mir vor Angst wegen des Blutes der Appetit vergangen, und so sagte ich, ich wollte den Abend lieber nüchtern bleiben. Dann schob ich wieder den Riegel vor die Tür und setzte mich ganz nachdenklich hin, immer mit der Hand auf meiner Kleinen. Da merkte ich, Gott sei Dank, daß sie nicht mehr tropfte; das machte mir wieder ein bißchen Mut, und, um mir die Zeit zu vertreiben, ging ich wieder an die Wandritze, denn ich sah aus der Nebenzelle einen hellen Schein hindurchfallen. Die Mönche hatten nämlich inzwischen Licht angezündet. Ich sah also hindurch, und da waren sie alle nackt; und gewiß, wenn der General und die Nonnen und die Klosterbrüder alt gewesen wären, so würde ich sie mit Adam und Eva vergleichen oder mit anderen aus dem Seelchengewimmel der Vorhölle. Aber überlassen wir lieber solche Vergleiche den Sibyllen! Der Prälat ließ nun seinen Spinatfreund, ich meine jenen hübschen schlanken Milchbart, auf einen viereckigen Tisch steigen – es war der Eßtisch der vier Christinnen des Antichrist –, und das Bürschchen nahm statt 'ner Trompete einen Stock und setzte ihn an den Mund wie ein Trompeter sein Instrument und ließ eine Fanfare erschallen. Nach dem Taratantara aber rief er aus: »Der Großsultan von Babylon tut allen wackeren Kämpen kund und zu wissen, daß sie allsogleich mit eingelegter Lanze hier auf der Stechbahn zu erscheinen haben. Und wer die meisten Lanzen bricht, der erhält als Preis einen ganz glatten Runden ohne Härchen, woran er die ganze Nacht seine Freude haben kann. Amen!«

      Antonia: Ein schöner Heroldsruf! Den hatte ihm gewiß sein Herr und Meister gedichtet. Nu weiter, weiter, Nannchen!

      Nanna: Da stellten sie sich nun in Reih und Glied zum Turnier auf. Der Hintere jener schieläugigen Schwarzen, die vorhin soviel Vergnügen von ihrem gläsernen Stengel gehabt, wurde als Stechziel bestimmt, und dann losten sie die Reihenfolge aus. Der Vorritt fiel dem Trompeter


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