Das Tournier Der Ritter . Морган Райс
der hier geblieben ist? Hast du Angst?“
Er lächelte, doch hinter seiner Maske konnte sie seine Feigheit spüren.
„Ritterlichkeit ist für Narren“, antwortete er. „Zweckdienliche Narren, die den Weg bereiten für den Rest von uns, damit wir haben können, was immer wir wollen. Man muss ihnen nur ihre Ritterlichkeit unter die Nase reiben und schon kann man mit ihnen spielen wie mit Marionetten. Ich selbst lasse mich nicht so leicht manipulieren.“
Sie sah ihn angewidert an.
„Mein Gemahl und unsere Silver würden einen Mann wie dich auslachen“, sagte sie. „Im Ring würdest du keine zwei Minuten mit deiner Scharade bestehen.“
Gwendolyn blickte zum Eingang hinüber den er blockierte.
„Du hast die Wahl“, sagte sie. „Du kannst mir aus dem Weg treten, oder Krohn kann das Frühstück haben, nach dem er sich so sehnt. Ich denke, dass du genau die richtige Größe hast.“
Er warf einen Blick auf Krohn, und sie konnte seine Lippe zittern sehen. Er trat beiseite.
Doch sie ging noch nicht. Stattdessen trat sie auf ihn zu und sah ihn böse an. Sie wollte sicher gehen, dass er sie verstanden hatte.
„Du magst das Kommando über dein kleines Schloss hier haben“, zischte sie. „Doch vergiss nicht, dass du mit einer Königin sprichst. Einer freien Königin. So lange ich lebe werde ich weder dir noch irgendjemandem folgen. Davon habe ich genug. Und das macht mich gefährlich – viel gefährlicher als du selbst es bist.“
Der Prinz starrte sie an, und zu ihrer Überraschung lächelte er.
„Ich mag dich, Königin Gwendolyn“, sagte er. „Viel mehr, als ich es gedacht hätte.“
Mit pochendem Herzen sah sie zu, wie er sich von ihr abwandte, zurück in die Dunkelheit glitt und verschwand. Als seine Schritte langsam verhallten, fragte sie sich, welche Gefahren an diesem Hofe lauerten.
KAPITEL DREI
Kendrick ritt durch die trockene Wüstenlandschaft, Brandt und Atme an seiner Seite, dicht gefolgt von den sechs Silver. Sie waren alles, was von der Bruderschaft des Rings übrig war und ritten wie in alten Zeiten miteinander.
Während sie immer tiefer und tiefer in die Große Wüste vordrangen, wog das Heimweh und die Trauer schwer auf seinen Schultern; er dachte an die großen Tage des Rings zurück, in denen er umgeben von den Silver, seinen Waffenbrüdern, mit tausenden von Männern in die Schlacht geritten war. Er hatte an der Seite der feinsten Ritter gekämpft, die das Königreich zu bieten gehabt hatte, alles großartige Krieger, und wo auch immer er hingekommen war, erschallten die Trompete und die Dorfbewohner hatten ihm ein großes Willkommen bereitet. Seine Männer und er waren überall willkommen gewesen und die Nächte waren lang gewesen, wenn sie ihre Geschichten erzählt hatten von Schlachten, von Mut und Tapferkeit, von Kämpfen mit Monstern, die aus dem Canyon oder der Wildnis gekommen waren. Würden diese glorreichen Tage jemals wiederkehren?
Kendricks Vorstellung davon, was einen Krieger ausmachte, hatte sich über die Jahre verändert und besonders dieser Tage spürte er, dass nicht nur Geschick und Ehre einen Krieger ausmachten, sondern auch Durchhaltevermögen. Die Fähigkeit, einfach weiterzumachen.
Das Leben warf einem so viele Hindernisse, Katastrophen, Tragödien, Verluste – und so viele Veränderungen in den Weg; er hatte mehr Freunde verloren, als er zählen konnte, und der König, für den er sein Leben gegeben hätte, war tot. Seine Heimat gab es nicht mehr. Und doch hielt er durch, und machte weiter, selbst wenn er nicht sicher wusste, wofür, doch er suchte nach dem Grund.
Und diese Fähigkeit durchzuhalten war es, die einen Krieger ausmachte, die einen Mann dazu brachte, all diese Prüfungen zu bestehen, bei denen so viele andere aufgaben. Das war es, was die echten Krieger von allen anderen unterschied.
„SANDWAND VORAUS!“, rief eine Stimme.
Es war eine fremde Stimme an die sich Kendrick noch gewöhnen musste. Als er sich umsah, erkannte er Koldo, den ältesten Sohn des Königs, dessen schwarze Haut ihn von der Gruppe abhob. In der kurzen Zeit, in der Kendrick in kannte, hatte Koldo bereits seinen Respekt verdient, allein durch die Art, wie er seine Männer führte und wie sie zu ihm aufblickten. Er war ein Ritter, neben dem zu Reiten Kendrick mit Stolz erfüllte.
Koldo deutete in Richtung Horizont und Kendrick folgte mit dem Blick seinem ausgestrecktem Arm – doch er hatte sie gehört, bevor er sie gesehen hatte. Es war ein schrilles Pfeifen, wie ein Sturm, und Kendrick erinnerte sich daran, wie er halb bewusstlos hindurchgeschleppt worden war. Er erinnerte sich an den wütenden Sandsturm, der niemals endete und eine massive Wand schuf, die sich gen Himmel erhob. Sie hatte undurchdringlich ausgesehen, wie eine echte Wand, und sie half, das Königreich des Jochs vor dem Rest des Empire versteckt zu halten.
Als das Pfeifen lauter wurde, wuchs in Kendrick die Angst, wieder hindurchzugehen.
„LEGT DIE SCHALS AN“, befahl eine Stimme.
Kendrick sah Ludvig, den älteren der Zwillinge des Königs, der begann, ein langes, weißes Stück Stoff um seinen Kopf zu wickeln. Die anderen Krieger folgten seinem Beispiel.
Ein Krieger, der sich ihm als Naten vorgestellt hatte, und den Kendrick von Anfang an nicht gemocht hatte, ritt neben ihn. Ihm passte es nicht, Kendrick unterstellt zu sein und er verhielt sich wenig respektvoll.
Naten grinste Kendrick an als er und seine Männer näher ritten.
„Du denkst du führst die Mission weil der König dir diese Position gegeben hat. Doch du weißt nicht einmal genug, um deine Männer vor dem Sandwall zu schützen.“
Kendrick sah den Mann böse an und bemerkte einen unprovozierten Hass in seinen Augen. Zuerst hatte Kendrick angenommen, dass er sich von ihm – einem Außenseiter – bedroht gefühlt hatte – doch nun begriff er, dass dieser Mann einfach nur ein Ventil für seinen Hass brauchte.
„Gib ihm die Schals!“, schrie Koldo Naten ungeduldig zu.
Nachdem sie der Sandwand noch näher gekommen waren, warf Naten Kendrick schließlich grob einen Sack mit Schals zu.
„Verteil die an deine Männer“, sage er, „oder die Sandwand wird sie verletzen. Es ist dir überlassen – mir ist es egal.“
Naten ritt davon, zurück zu seinen Männern, und Kendrick verteilte schnell die Schals. Kendrick und die anderen folgten dem Beispiel der anderen und wickelten die Schals immer wieder um ihre Köpfe, bis sie sich sicher fühlten. Kendrick konnte gerade noch atmen und der Stoff behinderte seinen Blick – alles war verschwommen im Licht.
Als sie näher heranritten und der Klang des wirbelnden Sands immer ohrenbetäubender wurde, wappnete sich Kendrick. Fünfzig Meter von der Sandwand entfernt toste bereits der Sandsturm und trommelte an ihren Rüstungen. Einen Augenblick später spürte er ihn.
Kendrick stürzte sich in die Sandwand, und es war, als tauchte er in ein tosendes Meer aus Sand ein. Der Krach war so laut, dass er kaum das Pochen seines eigenen Herzens hören konnte. Der Sand umhüllte seinen Körper und versuchte, ihn zu zerreißen. Er konnte nicht einmal Brandt und Atme sehen, von denen er wusste, dass sie direkt neben ihm ritten.
„Reitet weiter!“, schrie Kendrick seinen Männern zu, und fragte sich dabei, ob sie ihn überhaupt hören konnten. Die Pferde wieherten und verlangsamten ihren Schritt – und Kendrick sah, dass der Sand ihnen in die Nüstern und die Augen wehte. Er gab seinem Pferd die Sporen und hoffte, dass es nicht stehenbleiben würde.
Kendrick ritt immer weiter und fürchtete schon, dass es niemals enden würde – als er endlich aus der Sandwand hervor kam. Gefolgt von seinen Männern ritt er auf der anderen Seite in die Große Wüste hinaus, wo der weite Himmel und die leere Weite sie begrüßten. Der Wind beruhigte sich, je weiter sie von der Sandwand fortritten, und Kendrick bemerkte, dass die Männer des Jochs ihn und seine Männer überrascht ansahen.
„Hast wohl nicht gedacht, dass wir durchkommen würden“, fragte Kendrick Naten, der ihn anstarrte.
Naten zuckte mit den Schultern.
„Mir ist das egal“,