Die Nacht der Verwegenen . Морган Райс
schwammen vorbei und stießen immer wieder gegen seine Beine; während er sich langsam durch die verebbende Flut des Immerfalls kämpfte. Soweit er blicken konnte breitete sich ein Meer von Körpern vor ihm aus. Pandesische Soldaten wurden vom überfluteten Canyon fortgeschwemmt und in die Wüste getragen, wo das Wasser langsam in den Boden sickerte. In der Luft lag die feierliche Stimmung des Sieges.
Duncan sah hinunter in die Felsschlucht, die vom Wasser überflutet wurde und immer noch überlief und im Minutentakt Körper ausspie. Er drehte sich zum Horizont in Richtung des Immerfalls, dort wo die reißende Strömung zu einem kleinen Rinnsal versiegte. Langsam spürte er die Erregung vom Gefühl des Sieges in ihm aufkommen. Überall um ihn herum begann sich die Luft mit den Siegesschreien seiner überraschten Männer zu füllen, die alle ungläubig durchs Wasser stapften und langsam erkannten, dass sie tatsächlich gewonnen hatten. Entgegen aller Wahrscheinlichkeiten, hatten sie überlebt und eine viel größere Legion besiegt. Leifall hatte es nach allem doch geschafft. Duncan durchfuhr eine Welle der Dankbarkeit für seine loyalen Soldaten, für Leifall, Anvin und vor allem für seinen Sohn. Noch nicht mal im Angesicht der finsteren Siegeschancen hatte sich einer von ihnen der Angst gebeugt.
Ein weit entferntes Donnern ertönte und Duncan suchte den Horizont ab. Er war überglücklich, als er Leifall und die Männer von Leptus darunter Anvin und Aidan erkannte. Fynn rannte an ihrer Seite und sie alle kehrten von Immerfall zurück, um wieder mit ihnen vereint zu sein. Sie wurden von Leifalls kleiner Armee – hunderten von Männern – begleitet und ihre Triumphschreie waren sogar hier zu vernehmen.
Duncan schaute zurück Richtung Norden und sah, dass sich der entfernte Horizont schwarz füllte. Dort, vielleicht einen Tagesritt entfernt, versammelte sich der Rest der pandesischen Armee, um ihre Niederlage zu rächen. Das nächste Mal – das wusste Duncan – würden sie nicht mit zehntausend Männern, sondern mit hunderttausenden angreifen.
Duncan wusste, dass ihnen nicht viel Zeit blieb. Er hatte einmal Glück gehabt, aber es war unmöglich, dass er einer Attacke von hunderttausenden von Soldaten standhalten konnte, nicht einmal mit der besten List dieser Welt. Und die Listen waren ihm bereits ausgegangen. Er brauchte eine neue Strategie und er brauchte sie schnell.
Als sich seine Männer um ihn herum versammelten, suchte Duncan all die harten und ehrlichen Gesichter seiner Männer ab und er wusste, dass diese glorreichen Krieger auf seine Führung warteten. Er wusste, dass egal welche Entscheidung er auch traf, diese nicht nur ihn, sondern auch all diese großartigen Männer betreffen würde – tatsächlich sogar das gesamte Schicksal Escalons. Er schuldete es ihnen allen eine weise Entscheidung zu treffen.
Duncan zermarterte sich das Hirn und beschwor eine Antwort in seinem Kopf herauf und wälzte alle Konsequenzen jedes strategischen Schrittes hin und her. Alle Schritte bargen ein großes Risiko. Sie alle beinhalteten entsetzliche Auswirkungen und alle waren noch riskanter als das, was er bereits in der Schlucht bestritten hatte.
„Befehlshaber?“ ertönte eine Stimme.
Duncan drehte sich um und sah in das ernste Gesicht von Kavos, der ihn respektvoll ansah. Hinter ihm standen weitere hunderte Männer, die auch ihren Blick auf Duncan gerichtet hatten. Sie alle warteten auf Anweisungen. Sie alle waren ihm bis zum Äußersten gefolgt und hatten überlebt. Sie vertrauten ihm.
Duncan nickte und atmete tief ein.
„Begegnen wir den Pandesiern auf dem offenen Feld“, begann er mit seinen Ausführungen, „werden wir verlieren. Sie sind immer noch hundert zu eins in der Überzahl. Außerdem sind sie erholter, besser bewaffnet und ausgestattet als wir. Bis zum Sonnenuntergang wären wir alle bereits tot.“
Duncan seufzte und seine Männer klebten an seinen Lippen.
„Dennoch können wir auch nicht wegrennen“, fuhr er weiter fort, „noch sollten wir dies tun. Durch die zusätzlich angreifenden Trolle und die kreisenden Drachen, haben wir auch keine Zeit uns zu verstecken und einen Guerillakrieg zu führen. Außerdem ist Verstecken nicht unsere Art. Wir brauchen eine mutige und entscheidende Strategie die Eindringlinge zu bekämpfen und unser Land ein für alle Mal aus ihren Klauen zu befreien.“
Duncan wurde für lange Zeit still und sinnierte über die fast schon unmögliche Aufgabe, die vor ihm lag nach. Nur das Aufbrausen des Windes in der Wüste war zu hören.
„Was schlägst du vor, Duncan?“ fragte Kavos ihn schließlich.
Er sah zu Kavos zurück und schloss immer wieder den Griff um seine Hellebarde und schaute ihn ernst an, während seine Worte in seinem Kopf widerhallten. Er schuldete diesen grandiosen Kriegern einen Plan. Eine Möglichkeit nicht nur zu Überleben – sondern auch zu gewinnen.
Duncan stellte sich die Landschaft Escalons vor. Alle Kämpfe, die er kannte, wurden abhängig von den Bedingungen des Geländes gewonnen und sein Wissen um das Terrain seines Heimatlandes war vielleicht der letzte Vorteil, den er in diesem Krieg hatte. Er dachte über all die Orte in Escalon nach, wo ihnen vielleicht die Natur einen natürlichen Vorteil verschaffen könnte. Es müsste tatsächlich ein sehr spezieller Ort sein, ein Ort an dem ein paar tausend Männer gegen hunderttausende kämpfen konnten. Es gab nur wenige Orte in Escalon – wenige Orte überhaupt auf der Welt – die diese Bedingungen erfüllten.
Und doch als er die Sagen und Legenden, die ihm von seinem Vater und dessen Vater immer wieder eingetrichtert worden waren durchging und er sich all die großen Schlachten aller Zeiten in Erinnerung rief und sich immer wieder an die heldenhaftesten Kämpfe, die Epischsten, die Schlachten, wo wenige gegen viele kämpften in Erinnerung rief kam er wieder und wieder zu dem Schluss, dass es nur den einen Ort geben konnte: Die Teufelsschlucht.
Der Ort der Helden. Der Ort, an dem wenige Männer ganze Armeen besiegt hatten und wo alle großen Krieger Escalons getestet worden waren. Die Schlucht war der engste Durchgang in ganz Escalon und war vielleicht der einzige Ort in diesem Land, wo das Gelände den Kampf entschied. Eine Wand aus steilen Klippen und Bergen traf auf das Meer und ließ nichts außer einem engen Korridor zum Durchqueren zurück und formte so die Schlucht, die schon mehr als nur ein paar Leben gekostet hatte. Sie zwang Männer dazu sich in einer einzige Reihe hindurchzuzwängen. Sie war ein Flaschenhals wo wenige Soldaten, wenn sie gut platziert und heldenhaft genug waren eine ganze Armee abwehren konnten. Zumindest war es so in den Legenden gewesen.
„Die Teufelsschlucht“, antwortete Duncan schließlich.
Alle Augen weiteten sich. Dann nickten sie ihm langsam respektvoll zu. Die Schlucht war eine ernste Entscheidung; es war der Ort des letzten Rückzugs. Es war der Ort an den man ging wenn es keinen anderen Ort mehr gab, ein Ort zum Sterben oder Leben, der Ort an dem das Land verloren oder gerettet wurde. Es war eine Statt der Legenden. Ein Ort der Helden.
„Die Schlucht“, sagte Kavos und nickte lange Zeit während er sich immer wieder durch seinen Bart strich. „Stark. Dennoch bleibt ein Problem.“
Duncan sah ihn an.
„Die Teufelsschlucht ist dafür gemacht Eindringlinge draußen zu halten – nicht drinnen“, antwortete er. „Die Pandesier sind bereits drinnen. Wir könnten die Schlucht vielleicht verbarrikadieren und versuchen die Pandesier darin festzuhalten. Aber wir wollen sie ja draußen haben.“
„Noch nie wurde in der Zeit unserer Vorfahren“, fügte Bramthos hinzu, „eine einfallende Armee, wenn sie die Teufelsschlucht bereits einmal durchquert hatte, dazu gezwungen die Schlucht erneut zu durchqueren und auf diese Weise unser Land zu verlassen. Es ist zu spät. Sie haben sie bereits durchquert.“
Duncan nickte, er hatte bereits dieselben Gedanken gehabt.
„Ich habe das in Betracht gezogen“, antwortete er. „Aber es gibt immer eine Möglichkeit. Vielleicht können wir sie doch wieder hinüber auf die andere Seite zurücklocken. Und dann, wenn sie sich erstmal einmal südlich davon befinden, können wir die Schlucht versiegeln und unseren Kampf kämpfen.“
Die Männer schauten ihn völlig verwundert an.
„Und wie denkst du sollen wir das tun?“ fragte Kavos.
Duncan zog sein Schwert, fand einen trockenen Sandflecken und begann zu zeichnen. Alle Männer drängten sich näher während seine Klinge über den Sand kratzte.
„Einige