Der Wohlstand der Nationen. Adam Smith

Der Wohlstand der Nationen - Adam Smith


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eines chinesischen oder hindostanischen Großen ist demgemäß, nach allen Berichten, weit zahlreicher und glänzender als das der reichsten nichtfürstlichen Personen in Europa. Derselbe Überfluss an verfügbaren Nahrungsmitteln setzt sie in den Stand, eine größere Menge von ihnen für alle jene eigenartigen und seltenen Erzeugnisse zu geben, die die Natur nur in sehr geringen Mengen liefert, wie die edlen Metalle und Edelsteine, um die unter den Reichen so viel Wettbewerb besteht. Wären daher auch die Bergwerke, die den indischen Markt versorgten, ebenso ergiebig gewesen als die, die den europäischen Markt ergänzten, so würden jene Waren doch in Indien eine größere Menge Nahrungsmittel austauschen als in Europa. Nun scheinen aber die Bergwerke, welche den indischen Markt mit edlen Metallen versorgten, viel weniger ergiebig, dagegen die, welche ihn mit Edelsteinen versahen, viel ergiebiger gewesen zu sein als die europäischen, und die edlen Metalle gelten deshalb in Indien eine etwas größere Menge von Edelsteinen und eine noch weit größere Menge von Nahrungsmitteln als in Europa. Der Geldpreis der Diamanten, dieses überflüssigsten aller Dinge, wird in dem einen Lande etwas geringer, und der der Nahrungsmittel, des ersten aller Bedürfnisse, viel geringer sein als in dem anderen. Aber der Sachpreis der Arbeit, die wirkliche Menge von Lebensbedürfnissen, die die Arbeiter erhalten, ist, wie bereits bemerkt, sowohl in China wie in Hindostan, den beiden großen Märkten des Orients, niedriger als in den meisten Teilen Europas. Der Lohn des Arbeiters wird dort eine geringere Menge von Nahrungsmitteln kaufen, und da der Geldpreis der Nahrungsmittel in Indien weit geringer ist als in Europa, so ist der Geldpreis der Arbeit dort in doppelter Hinsicht niedriger, einerseits wegen der geringen Menge von Nahrungsmitteln, die dafür zu haben ist, und andererseits wegen ihres geringen Preises. Doch wird in Ländern von gleicher gewerblicher Entwicklung der Geldpreis der meisten Fabrikate sich nach dem Geldpreise der Arbeit richten, und wenn auch China und Hindostan in dieser Beziehung nicht ganz an Europa heranreichen, so stehen sie doch nicht erheblich zurück. Der Geldpreis der meisten Industrieerzeugnisse wird daher natürlich in diesen großen Reichen viel niedriger sein als irgendwo in Europa. In den meisten Gegenden Europas vermehren auch die Kosten der Landfracht sowohl den Sach- wie den Nominalpreis der Industrieerzeugnisse beträchtlich. Es kostet hier mehr Arbeit, und darum auch mehr Geld, zuerst das Material und dann die fertige Ware auf den Markt zu bringen. In China und Hindostan wird durch die weitverzweigte Binnenschifffahrt der größte Teil dieser Arbeit und folglich dieses Geldes erspart, und sowohl der Sach- wie der Nominalwert der meisten Industrieerzeugnisse stellt sich dadurch noch niedriger. Aus allen diesen Gründen war es jederzeit äußerst vorteilhaft, die edlen Metalle von Europa nach Indien zu verführen, und ist es noch heute. Es gibt schwerlich eine Ware, die dort einen besseren Preis ergibt oder nach Verhältnis der Menge von Arbeit und Waren, die sie in Europa kostet, eine größere Menge von Arbeit und Waren in Indien zu kaufen vermag. Es ist auch vorteilhafter, Silber als Gold dahin zu führen, weil das Verhältnis zwischen Feinsilber und Feingold in China und auf den meisten anderen orientalischen Märkten nur wie zehn oder höchstens wie zwölf zu eins steht, während es in Europa wie vierzehn oder fünfzehn zu eins ist. In China und auf den meisten anderen orientalischen Märkten kauft man für zehn oder höchstens zwölf Unzen Silber eine Unze Gold; in Europa braucht man vierzehn bis fünfzehn Unzen dazu. Deshalb macht das Silber in den meisten europäischen Schiffen, die nach Indien segeln, gewöhnlich den wertvollsten Bestandteil der Ladung aus; ebenso wie bei den Acapulcoschiffen, die nach Manila segeln. So scheint das Silber des neuen Kontinents eine der hauptsächlichsten Waren zu sein, die den Handel zwischen den beiden äußersten Enden des alten Festlandes vermitteln, und großenteils durch seine Dazwischenkunft werden jene so weit voneinander entfernten Teile mit einander verknüpft.

      Um einen so weit ausgedehnten Markt zu versorgen, muss die jährlich aus den Bergwerken gewonnene Silbermenge nicht nur groß genug sein, um jenen beständigen Zugang an gemünztem Gelde und an Gerät, der in allen blühenden Ländern erforderlich ist, zu unterhalten, sondern auch die beständige Abnutzung des Silbers zu ersetzen, die überall vorkommt, wo dies Metall im Gebrauch ist.

      Der beständige Abgang der edlen Metalle durch die Abnutzung der Münzen und Geräte ist sehr bedeutend, und würde allein schon bei Waren, die so allgemein angewendet werden, eine sehr große jährliche Zufuhr erfordern. Der Abgang dieser Metalle in einigen Gewerben ist zwar vielleicht im Ganzen nicht größer als jener allmähliche Abgang; aber merklicher, weil viel schneller. In den Manufakturen von Birmingham allein soll die Menge des jährlich zum Vergolden und Plattieren verwendeten Goldes und Silbers, das niemals wieder in der Gestalt dieser Metalle erscheinen kann, sich auf mehr als fünfzig tausend Pfund belaufen. Danach kann man sich einen Begriff machen, wie groß der jährliche Verbrauch in allen Teilen der Welt sein muss, sei es für ähnliche Waren wie die von Birmingham, sei es für Tressen, Stickereien, Gold- und Silberstoffe, Vergoldungen an Büchern und Möbeln usw. Eine bedeutende Menge dieser Metalle muss jährlich auch beim See- und Landtransport verloren gehen. Die in den meisten asiatischen Ländern herrschende Sitte, Schätze zu vergraben, von denen die Kenntnis oft mit der Person, die sie vergraben hat, stirbt, muss einen noch weit größeren Verlust verursachen.

      Die Menge des nach Cádiz und Lissabon eingeführten Goldes und Silbers – einschließlich des eingeschmuggelten – beläuft sich nach den besten Schätzungen auf etwa sechs Millionen £ im Jahr.

      Nach Meggens15 betrug die jährliche Einfuhr der edlen Metalle nach Spanien in einem Durchschnitt von sechs Jahren, nämlich von 1748 bis 1753, und die nach Portugal in einem Durchschnitt von sieben Jahren, nämlich von 1747 bis 1753, an Silber 1,101,107 Pfund und an Gold 49,940 Pfund. Das Silber, zu 62 sh. das Troy-Pfund, beträgt £ 3,413,431. 10 sh. Sterling. Das Gold, zu 441/a Guineen das Troy-Pfund, beträgt £ 2,333,446. 14 sh. Sterling. Beide zusammen betragen £ 5,746,878. 4 sh. Die Angaben über das, was unter Register eingeführt worden ist, erklärt er für ganz zuverlässig. Über die Herkunftsorte und die Mengen beider Metalle, die die einzelnen Plätze den Registern zufolge lieferten, erhalten wir umständliche Auskunft, und von der Menge der als eingeschmuggelt angenommenen edlen Metalle möglichst sorgfältige Schätzungen.

      Die große Erfahrung dieses verständigen Kaufmanns gibt seinen Ansichten ein bedeutendes Gewicht.

      Nach dem beredten und zuweilen wohl unterrichteten Verfasser der »Philosophischen und politischen Geschichte der Niederlassung der Europäer in beiden Indien« betrug die jährliche Einfuhr des registrierten Goldes und Silbers nach Spanien im Durchschnitt von elf Jahren, nämlich von 1754 bis 1764, 13,984,185 3/5 Piaster von zehn Realen. Mit Hinzurechnung dessen, was eingeschmuggelt sein mag, nimmt er jedoch den Betrag der gesamten jährlichen Einfuhr zu 17,000,000 Piaster an, was, den Piaster zu 4 sh. 6 d. gerechnet, eine Summe von £ 3,825,000 ergibt. Er führt ebenfalls die Herkunftsorte und die Mengen jedes Metalls an, welche den Registern zufolge die einzelnen Plätze lieferten. Die jährlich von Brasilien nach Lissabon eingeführte Menge Goldes, nach dem Betrage der an den König von Portugal entrichteten Auflage geschätzt, die anscheinend ein Fünftel des reinen Metalls ausmacht, schlägt er auf 18,000,000 Cruzados oder 45,000,000 französische Livres also etwa £ 2,000,000. Für eingeschmuggelte Ware noch ein Achtel oder £ 250,000 hinzugerechnet, würde nach diesem Gewährsmann das Ganze sich auf £ 2,250,000 belaufen. Nach dieser Rechnung beträgt mithin die jährliche Gesamteinfuhr edler Metalle nach Spanien und Portugal etwa £ 6,075,000. Einige andere sehr gut beglaubigte, obwohl nur handschriftliche, Schätzungen stimmen, wie man mir sagt, damit überein, indem sie den Betrag der gesamten jährlichen Einfuhr im Durchschnitt auf etwa £ 6,000,000 angeben.

      Die jährliche Einfuhr der edlen Metalle nach Cádiz und Lissabon kommt freilich dem gesamten Jahresprodukt der amerikanischen Bergwerke nicht gleich. Einiges geht jährlich auf den Acapulco-Schiffen nach Manila, einiges wird in dem Schleichhandel der spanischen Kolonien mit den Kolonien andrer europäischer Völker verwendet, und einiges bleibt ohne Zweifel im Erzeugungslande. Außerdem sind die amerikanischen Bergwerke keineswegs die einzigen Gold- und Silberminen in der Welt. allein sie sind bei Weitem am ergiebigsten. Der Ertrag aller anderen bekannten Minen ist anerkanntermaßen im Vergleich mit den amerikanischen unbedeutend; auch wird der bei Weitem größte Teil des Ertrags ebenso unbestritten nach Cádiz und Lissabon gebracht. Nun beträgt der Verbrauch Birminghams allein nach dem Maßstabe von 50,000 Pfund im Jahr den hundertundzwanzigsten Teil jener jährlichen Einfuhr von sechs Millionen. Der gesamte jährliche Verbrauch von Gold und Silber in allen Ländern der Welt, wo man diese


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<p>15</p>

Nachschrift zu dem Universal Merchant p. 15, 16. Diese Nachschrift wurde erst 1756, drei Jahre nach der Herausgabe des Buches, das niemals eine zweite Auflage erlebte, gedruckt. Diese Nachschrift findet sich daher nur in wenigen Exemplaren; sie berichtigt einige Irrtümer des Buches.